Zum Inhalt: Candide lebt das schönste aller Leben in der besten aller möglichen Welten. In einem wunderschönen Schloss in Westfalen, wo er als unehelicher Sohn der Schwester des Barons wohnt, lehrt ihn sein Lehrer Pangloß die philosophischen Grundsätze eines metaphysischen Optimismus. Er erklärt dem jungen Candide täglich, dass alles in der Welt zum Besten bestellt ist, alle Geschehnisse aus einem guten, vorherbestimmten Grund passieren und er sich somit – um es mit Kant zu sagen – seines eigenen Verstandes nicht zu bedienen braucht. Das Beste an Candides Welt aber ist Kunigunde, die schöne Tochter des Barons. Diese liebt er in kindlicher Naivität aufrichtig und bedingungslos. Als sie ihn eines Tages aus jugendlichem Entdeckerdrang heraus küsst, wirft ihn der Baron mit einem Tritt aus dem Schloss und die beste aller Welten beginnt zu bröckeln.
Mit Annina Euling, Annika Schilling, Wilhelm Eilers, Christoph Gummert, Timo Kählert, Daniel Stock, Alessandro Grossi, Fabian Lichottka, Gerrit Maybaum, David-Joshua Meißner Musiker: Lukas Berg, Philip Breidenbach, Jann Marvin Beranek
Inszenierung u. Bühne: Simon Solberg Kostüme u. Bühnenmitarbeit: Franziska Harm Licht: Sirko Lamprecht Dramaturgie: Nadja Groß
''Choreografische Elemente und musicalartige Gesangseinlagen samt Live-Band im Hintergrund bereichern als kleine Highlights das Geschehen. So kontrastiert in einer längeren Szene Annina Eulings Figur den schönen Schein, während sie inmitten der Bühne von einer Bühnenschaukel schwingt, wenn ihre lieblich gesungenen Verse eigentlich von Krieg, Vergewaltigung, Flucht, Versehrtheit und Trauma handeln. Ein weiteres Highlight ist es, wenn Candide in ein Haus der käuflichen Liebe vordringt und sich hier an allen Ecken und Enden die Figuren lustvoll an Leuchtstangen verrenken. Auch das Elend des Militärs, herrschsüchtige Religion und der sich fortwährend weiterentfaltende Handel mit Gütern werden ebenfalls in einem Reigen komischer Szenen vorgeführt.
Die Erzähler des Geschehens wechseln. Vorgetragene Inhalte werden szenisch nicht unbedingt nachgespielt, obwohl die von den Inhalten betroffenen Figuren auf der Bühne anwesend sind. Hier scheint die Fantasie des Publikums herausgefordert. Gleich zu Anfang wird das Spiel auch als Vorführung bloßgestellt, wenn Eulings Figur den auf der Bühne liegenden Timo Kählert anstößt, um ihn daran zu erinnern, das erzählte Geschehen weiter vorzutragen. Die Aussprache verschiedener Figuren wird künstlich verzerrt und erscheint dröhnend verstärkt. Gegen Ende fallen die Lautsprecher jedoch scheinbar aus, und der vorgetragene Text wird insbesondere für die hinteren Reihen akustisch schwer verständlich (eine technische Störung?).
Leider ermüdet es etwas, das Candides Quest immer nach dem gleichen Muster verläuft. Die Sehnsucht nach Kunigunde erscheint wie eine fixe Idee. Die Figuren bleiben teilweise etwas entwicklungsarm und unmotiviert. Es bleibt ein bisschen unverständlich, warum Candides Weggefährte Cacambo, der sich bei den Inkas sehr wohl fühlt, trotzdem von Candide zu einer weiteren entbehrungsreichen und gefährlichen Reise überreden lässt. Immerhin läuft Daniel Stock als Candide bei einem hämischen Finale zu wahren Hochtouren auf, wenn er das Lachen des Publikums nachäfft und am Ende gemäß der Vorlage den Weg ins Handeln betont – „wir müssen unseren Garten bestellen“. Insgesamt gefällt die wilde Mischung aus steter Bewegung, starken Bildern, Körperlichkeit und ansprechender Musik jedoch, die das Flüchtlingsszenario um Candides Reise zu einem wahrhaft bemerkenswerten Bühnenerlebnis macht.'' schreibt Ansgar Skoda am 18. September 2018 auf KULTURA-EXTRA