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Der Bus nach Dachau

Bewertung und Kritik zu

DER BUS NACH DACHAU 
von De Warme Winkel und Ensemble
Regie: Vincent Rietveld und Ward Weemhoff 
Premiere: 5. November 2022 
Schauspielhaus Bochum 

Eingeladen zum 60. Berliner Theatertreffen (2023)  

Zum Inhalt: Ein nie verfilmtes Drehbuch aus den 1990er Jahren ist Startpunkt für einen überraschenden Theaterabend über das Konzentrationslager Dachau. Die Bühne ist ein Filmset im Jahr 1993, in dem ein Regisseur und seine Schauspieler*innen Szenen probieren: Der Film soll die Geschichte einer Busreise erzählen, die ehemalige niederländische KZ-Häftlinge unternehmen, um die Gedenkstätte Dachau zu besuchen. Sie alle waren als Widerstandskämpfer zwischen 1940 und 1945 dort inhaftiert. Auch ihre Flashbacks sollen filmisch eingefangen werden. Doch wie das Lager darstellen? Was darf, was kann man zeigen? Und: Wie kann ein Erinnern an den Krieg und die Shoah im 21. Jahrhundert gelingen? Mit welchen Mitteln, mit welchen Geschichten, mit welchen Formen erreicht ein Theaterabend die junge Generation?

Mit: Lieve Fikkers, Marius Huth, Risto Kübar, Mercy Dorcas Otieno, Vincent Rietveld, Ward Weemhoff, Lukas von der Lühe

Konzept, Regie: Vincent Rietveld und Ward Weemhoff (De Warme Winkel)

2.7 von 5 Sterne
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Nicht zu Ende gedacht
1 Jahr her.
Kritik

''Weil die niederländische Gruppe die Kritik der Deutschen schon kommen sieht, nimmt sie sie vorweg: "Was ist das denn überhaupt für eine Idee? Nach Deutschland kommen und ein Stück über den Krieg machen? Ich geh doch auch nicht nach Holland und mach ein Stück über Käse!" Und: "In Deutschland sind wir doch schon 35 Jahre weiter mit unserer Erinnerungskultur! Das hat Adorno doch damals schon..." Bis zu: "Erinnerungsvergewaltigung!"

Das ist böse-ironisch, aber eben auch nicht zu Ende gedacht. Denn die großen filmischen Shoah-Verarbeitungen kommen ja gerade nicht aus Deutschland: die Serie "Holocaust" aus den 1970ern mit Meryl Streep ist wie "Schindlers Liste" eine amerikanische Produktion, Claude Lanzmanns "Shoah" eine französische. Vom Italiener Roberto Benigni stammt "Das Leben ist schön". Und die angeführten Beispiele zeigen auch: Es ist möglich, Bilder für die Erinnerung an den Holocaust zu finden.

So verständlich es ist, dass bei diesem Thema viele Fragen offen bleiben – die Inszenierung wirkt wie steckengeblieben in der zweiten Probenwoche: skizzenhaft, kurzschlussartig, ungenau, schwer zu entschlüsseln. Eigentlich kein Kandidat für eine bemerkenswerte Regieleistung.'' schreibt Barbara Behrendt auf rbbKultur

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2 von 2 Person(en) gefiel diese Kritik
Freie Szene-Stückentwicklung bleibt an der Oberfläche
1 Jahr her.
Kritik

Nach einem längeren Intro, bei der einige Zuschauer*innen auf Klappstühlen eine Frontal-Lecture über die Hintergründe des Abends vermittelt bekommen, bedient sich das Ensemble aus dem üblichen Werkzeugkasten von Freie Szene-Arbeiten.

Auf karg ausgestatteter Bühne und mit viel Video-Einsatz kreist das deutsch-niederländische Team um Ansätze, wie man heute vom Grauen des Holocaust erzählen kann.

In den 90 Minuten wird manches ausprobiert und angetestet. Die Bochumer Ensemble-Mitglieder Marius Huth, Lukas von der Lühe und Mercy Dorcas Otieno geben Karikaturen, die sich darüber beschweren, dass ihnen die Spieler*innen aus dem Nachbarland „ihren Holocaust wegnehmen“. Tastend kratzt der Abend an der Oberfläche und taucht nicht tiefer in das verminte Gelände ein.

Überraschend wurde „Der Bus nach Dachau“ als Freie Szene/Stadttheater-Koproduktion zum Theatertreffen 2023 eingeladen. Der Trend zu diskursiven Stückentwicklung ist jedoch weniger stark als in vergangenen Jahren, aus der aktuellen 10er-Auswahl fällt nur dieser Abend in dieses Genre.

Weiterlesen: https://daskulturblog.com/2023/03/20/der-bus-nach-dachau-schauspielhaus-bochum-kritik/

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2 von 2 Person(en) gefiel diese Kritik
Schauspielhaus Bochum
1 Jahr her.
Kritik

''Auf der Bühne wird nun vieles ausprobiert, wie so ein Film realistisch sein könnte, oder was man dabei so alles falsch machen kann. Als Monolog bietet Weemhoffs Kollege Vincent Rietveld den Bericht eines Häftlings über den einzigen Ort im KZ, wo er sich noch allein und als Mensch fühlen könne. Die Rede ist von der Lager-Latrine und dem, was er da so macht im wahrsten Sinne des Wortes. Mit der Livekamera wird ins Innere des Containers gefilmt. Hier liegen Mitglieder des Ensembles in KZ-Kleidung auf Pritschen und spielen Szenen aus der Erinnerung der ehemaligen niederländischen Häftlinge nach. Es geht um dünne Suppe und ein Stück Brot. Das kennt man natürlich auch aus anderen Filmen, die in Konzentrationslagern spielen. Hier werden die Gesichter dann aber noch mit computergenerierten Animationen überblendet. Der Schrecken schaut einen aus großen Comic-Augen an. „Wie zum Teufel kann man das verfilmen, wenn wir nicht mehr wissen, wie es war?“

Mit Langhaarperücken und Ledermäntel spielen sie schreiend Gestapo-Leute. Vielleicht ist der Holocaust ein Märchen und muss so verfilmt werden. All so was geht den Beteiligten da durch den Kopf. Die Kritik aus Deutschland über Niederländer, die den Deutschen sagen wollen wie Erinnerung geht, und deren moralische Hochnäsigkeit, liefern sie gleich selbst mit. Am Ende löst sich alles in einer Filmprojektion bei einem Hippie-Tänzchen zum Ostklassiker Nachts der Gruppe Panta Rhei gesungen von Veronika Fischer auf. Der Container dreht sich dann mit der offenen Seite zum Publikum und ist leer. Also alles nur Illusion? Der Inhalt wird immer wieder neu mit Bildern der Erinnerung gefüllt werden. Die große Erkenntnis einer ansonsten etwas mageren Vorstellung. Die Performance hat außer dem Scheitern an der Nicht-Darstellbarkeit des Leids und der Kritik an Spielbergs Film nicht allzu viel zu bieten. Etwas wenig für ein „21st Century Erinnerungsstück“.'' schreibt Stefan Bock am 19. Mai 2023 auf KULTURA-EXTRA

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