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    Die Befristeten

    Bewertung und Kritik zu

    DIE BEFRISTETEN
    von Elias Canettis
    Regie: Johan Simons
    Premiere: 10. Juni 2020 
    Schauspielhaus Bochum 

    Zum Inhalt: Angst vor dem Tod? Kennen die Menschen nicht mehr. In der Zukunft in Elias Canettis Theaterstück Die Befristeten ist das Sterbedatum für alle Menschen festgelegt, und zwar von Geburt an. Sie tragen ihre Lebenserwartung sogar im Namen, heißen 88 oder 46 oder auch nur zehn. Die Menschen in dieser Gesellschaft sind scheinbar sorglos; denn sie werden nicht mehr vom Tod überrascht, sondern wissen, wie viel Zeit – welche Frist – ihnen zum Leben bleibt, und können diese effektiv nutzen. Es gibt keine tödlichen Unfälle mehr, keinen Mord im herkömmlichen Sinn, die ältesten Menschen gelten allgemein als am wertvollsten, und der Tod heißt romantisch „Augenblick“.

    Doch ein Mann namens Fünfzig hinterfragt diesen vermeintlich paradiesisch zivilisierten Zustand. Er misstraut der Fehlerlosigkeit des Systems und insbesondere der unangefochtenen Wächterinstanz, dem so genannten Kapselan. Zum Nachweis ihres vorschriftsmäßigen Todes tragen alle Menschen eine versiegelte Kapsel bei sich, in der Geburtstag und Sterbejahr dokumentiert sein sollen. Der Kapselan ist der Einzige, der nach dem Tod die Angaben prüft. Fünfzig erkennt eine Lücke im System und zettelt eine Revolte an. Doch werden die Menschen wirklich glücklicher sein, wenn sie aus der Vorbestimmtheit entlassen sind?

    Mit: Dominik Dos-Reis, Gina Haller, Stefan Hunstein, Marius Huth, Risto Kübar, Mercy Dorcas Otieno, Anne Rietmeijer, Jing Xiang, Elsie de Brauw

    3.0 von 5 Sterne
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    Muskelspiele und philosophisches Gedankenexperiment im leeren Theater
    3 years ago
    Kritik
    Intendant Johan Simons, der für nachdenkliche, leise Inszenierungen bekannt ist, wirft zur Wiedereröffnung nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 die komplette Theatermaschinerie auf Hochtouren an. Lichtkegel kreisen, die Bühne hebt und senkt sich, die Technik des wochenlang leerstehenden Hauses wird stolz präsentiert, wie beim Bodybuilding jeder Muskel angespannt. An die Eröffnung der Intendanz von Chris Dercon an der Volksbühne, die nach wenigen Monaten so unglücklich endete, erinnert diese Eingangs-Sequenz. Als Geistervorstellung-Live-Stream präsentiert das Schauspielhaus Bochum nun mitten im zweiten Lockdown seine Inszenierung eines nur noch selten gespielten Stücks, das Elias Canetti in den 1950er Jahren schrieb. „Die Befristeten“ eignen sich gerade deshalb besonders gut für die Corona-Zeit mit ihren Abstandsregeln, weil es ein philosophisches Gedankenexperiment ist. Was würde es für eine Gesellschaft bedeuten, wenn jeder Mensch genau wüsste, in welchem Jahr er sterben muss und wie viel Lebenszeit ihm bleibt. Würden wir die verbleibende Zeit besser einteilen und intensiver nutzen? Ein Großinquisitor, der hier Kapselan genannt wird, gilt als unumschränkte Autorität und ist der einzige, der die Kapsel öffnen darf, die jeder um den Hals trägt. Bemerkenswert macht „Die Befristeten“ vor allem, dass der regieführende Intendant Johan Simons den kompletten Saal als Spielfläche nutzte. Auch im Live-Stream wird das Konzept der Inszenierung sehr deutlich: die Spieler*innen postieren sich mehrfach mit großem Abstand an den Aufgängen und neben den gähnend leeren Sitzreihen und legen damit ihre Finger in die Wunden des coronabedingt geschlossenen Theaters. Weiterlesen
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