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Volksbühne
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Der Schnittchenkauf

Bewertung und Kritik zu

DER SCHNITTCHENKAUF 
von René Pollesch
Premiere: 12. Dezember 2024  
Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin 

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Zum Inhalt: Ich denke hier tatsächlich daran, den “Schnittchenkauf” zu schreiben. In Brechts “Messingkauf” äußert die Figur des Philosophen bestimmte Ansprüche ans Theater, die jetzt im “Schnittchenkauf” wieder vom Theater zurückverlangt werden. Ja, es waren gerade die Philosophen, die uns aufforderten, die ihnen von Brecht zugeschriebenen Ansprüche, wieder zurückzuverlangen. “Der Schnittchenkauf” ist Theorie, die ohne den Widerstreit von Meinungen auskommt. Dialoge können nämlich leicht missverstanden werden. Dauernd sagen sie “Philosoph”, “Schauspieler”, “Dramaturg”, “Feldwebel”. Aber wir halten uns lieber an Brechts Lehrstücke. Bis hier hin, also bis zu diesem Buch, gab es die Interviews, in denen man diese Dinge sehr gut veröffentlichen konnte. Dinge, die der Theaterabend über die Praxis der Beteiligten dann doch nicht sagen kann, obwohl meiner Meinung nach vieles an ihm abzulesen ist. Ich finde zum Beispiel, man sieht bei uns sehr gut, dass der erste Autor unserer Abende der Bühnenbildner ist, das heißt, der erste Text, der uns vorliegt, ist das Bühnenbild. Bei uns ist der Bühnenbildner jedenfalls nicht länger Dienstleister an einer Vorlage. Der in Bertolt Brechts “Messingkauf” auf die Bühne gezerrte Philosoph denkt aber leider noch, der Regisseur und der Autor hätten am Bühnenbild mitgeschrieben. Ich kenne sogar Regisseure, die sagen einem unbedingt als erstes, wenn nach einer Premiere besonders das Bühnenbild gelobt wurde, dass sie daran mitgewirkt hätten.

Wenn Regisseure nach einer Premiere einer Schauspielerin auf Knien die Hand küssen, heißt das nicht “danke”, sondern: “Du bist mein Geschöpf”. Das liegt an den Theaterräumen, in denen es nicht nur zieht, sondern in denen auch ein unendlicher Flirtkäse in der Luft hängt. Ich habe vor kurzem einen Videotrailer gesehen, den ein Theater ins Netz gestellt hat. Er zeigt den Schauspieler während einer öffentlichen Probe. Und gleich darauf den befreundeten Regisseur des Abends, der ihm während eines engagierten Vortrags das Mikrophon reicht, mit einer Geste, die sagt, “man hört dich nicht so gut, ich pass auf dich auf, ich liebe dich”. Diese Freundschaftsgeste vernichtet ihn. Das ist vielleicht das Gesicht der Liebe. Viele Regisseure beziehen sich auf diesen Flirt, der in der Luft liegt, und der immer zu Ungunsten der Schauspieler ausgeht. Die Frage “Haben Sie den Text für die Schauspielerin X oder den Schauspieler Y geschrieben?” folgt sofort auf die Veröffentlichung unserer Praxis, dass der Text nicht nachgespielt wird, bei den Proben entsteht, überhaupt erst mit der Besetzung zustande kommt. Man kennt anscheinend nur Schauspieler, die etwas entgegenzunehmen haben.

Mit: Kathrin Angerer, Franz Beil, Rosa Lembeck, Milan Peschel, Martin Wuttke

Bühne: Leonard Neumann
Kostüme: Tabea Braun
Licht: Florian Brückner, Denise Potratz
Live-Kamera: Jan Speckenbach
Dramaturgie: Anna Heesen

2.0 von 5 Sterne
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Hommage an den verstorbenen Spiritus Rector
1 Tag her.
Kritik

Sehr vertraut sind der Sound, die Ästhetik und die Themen dieses Abends: Kathrin Angerer nölt divenhaft Bette Davis-Zitate, Franz Beil stottert durch die philosophischen Fragmente, Martin Wuttke qualmt eine Zigarette nach der nächsten und Milan Peschel grinst schelmisch mit großen Augen. Die bekannten Volksbühnen-Stars aus der Pollesch-Familie spielen sich munter die Bälle zu und witzeln über die „Vierte Wand“, während sie meist nur via Live-Kamera-Projektion von der Hinterbühne zu erleben sind. Einen frischen Ton bringt Rosa Lembeck in den Abend, die Jüngste im Quintett, die mit Polleschs Intendanz 2021 ans Haus kam: sehnsuchtsvoll und elegisch seufzt sie über die Liebe und Beziehungsprobleme, ein weiteres Lieblings-Terrain von Pollesch, das diesmal jedoch in den Hintergrund tritt.

„Der Schnittchenkauf“ basiert auf einer Essay-Sammlung, die René Pollesch schon 2011 veröffentlichte und ist zweierlei: Zum einen ein Nostalgie-Bad für alle Fans des vor zehn Monaten überraschend verstorbenen Dramatikers und Intendanten, an dem viele bekannte Stilmittel und Versatzstücke, die sein Werk prägten, ein vielleicht letztes Mal zu erleben sind. Zum anderen eine Comedy für Theaterwissenschaftler und Betriebs-Insider, die vom Premierenpublikum kichernd begleitet und vom erstaunlich jungen Publikum fast euphorisch gefeiert wurde: Eine „letzte Party“ titelte die SZ über Peter Laudenbachs Kritik.

Wie geschmiert läuft diese Pollesch-Hommage im Retro-Stil auch ohne den verstorbenen Spiritus Rector. Die langjährigen Vertrauten, die stets eng an den gemeinsamen Arbeiten beteiligt waren, haben Stil und Inhalt so verinnerlicht, dass man gar nicht bemerken würde, dass der Regisseur diesmal fehlt, wenn man es nicht wüsste.

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