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777 / DIE SIEBEN TODSÜNDEN

Bewertung und Kritik zu

777 / DIE SIEBEN TODSÜNDEN 
Ein Musikdrama nach Adalbert Goldschmidt
Regie: Christian Filips 
Premiere: 29. November 2024  
Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin 

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Zum Inhalt: Ich weiß aus Erfahrung, es ermüdet, sich in der Welt der Toten aufzuhalten. Es scheint, dass tot zu sein schrecklich ist, weil dann die Aussicht auf eine Zukunft fehlt. Sind wir in dieser Hinsicht etwa bereits alle längst tot?

Zum ersten Mal seit 1876 erklingt Jacob Adalbert Ritter von Goldschmidts allegorisches Musikdrama DIE SIEBEN TODSÜNDEN für Soli, Chor und Orchester wieder in Berlin. Das Monsterwerk war bei der Uraufführung in den Berliner Reichshallen (Leipziger Straße) ein Sensationserfolg. Sophie Rois (als Fürstin der Finsternis), das Ensemble der Volksbühne und die Chöre der Sing-Akademie zu Berlin machen sich gemeinsam mit Regisseur Christian Filips daran, das vergessene Musikdrama wiederzuentdecken. Dabei wird sich zeigen: Die Geister, die 1876 durch das legendäre Wiener Kaffeehaus Größenwahn spukten, haben nicht aufgehört, uns heimzusuchen. Denn wir leben in einer Zeit historischer Geister und Wiedergänger.
In gewaltigen Tableaus mit Soli, Chor und Orchester vollbringen in diesem Musikdrama die Dämonen der sieben Todsünden ihr Vernichtungswerk und zeigen auf ihrer Fahrt durch das Panoptikum des Praters, woran das Abendland zugrunde gehen wird: an Nationalismus und Kriegslust, Antisemitismus und Kolonialismus, Börsenrausch und  Mechanisierung, kapitalistischem Exzess und narzisstischer Selbstoptimierung.

Wer kann diesen Vorgang aufhalten? Der Dichterkomponist war sich sicher: die Kunst.
Doch dagegen formierte sich politischer Widerstand: Ausgerechnet ein jüdischer Komponist und Sohn aus dem Wiener Haus Rothschild-Goldschmidt sollte die Nachfolge Richard Wagners antreten und zum Propheten der Moderne werden?
Das wussten die Antisemiten, die sich um 1880 in Wien erstmals als politische Partei formierten, erfolgreich zu verhindern. Goldschmidt starb 1906 verarmt und unbekannt in einem Sanatorium. Keines seiner großen Werke wurde seither wieder aufgeführt.
Ob es an der Zeit ist, diesen Sündenbock der Musikgeschichte von seinem Fluch zu befreien?  „Die Todsünden sind ein einziger Strom, der über und unter der Menschheit rollt und sie mitreißt in seinem Fortschritt.“ (Vilém Flusser).

3.5 von 5 Sterne
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Überwagnert
2 Monate her.
Kritik

''So vom Gefühl her erfolgte die Gesamt-Darreichung im Verhältnis 7:1, und zwar zugunsten des Goldschmidt'schen Super-Opus, heißt: Ich als bevorzugtermaßen opern- wie konzertgeschulter Gern- und Ofthörer "sah" - nach jenem kurzweiligen aber (für die Ohren) einigermaßen strapaziös empfund'nen Liveerlebnis - den bis heute vorherrschenden Allgemeinvorwurf an den Verursacher des mit absoluter Überwagnerung durchschwängerten Stücks bestätigt. Die sieben Todsünden sollten das Totalitäre des Wagner'schen Gesamtkunstwerkes übersteigern, um nicht zu sagen übertreffen. Dieser ambitionierte Wahnwitz konnte freilich nicht obsiegen. Goldschmidts Musik klang/ klingt zwar "ungefähr wie Wagner", am Ende aber irgendwie mehr (wagner-)gequält und letzten Endes unvollkommen; sie ist einfach gesichtslos - Hugo Wolff oder Franz Liszt verteidigten demgegenüber Goldschmidts Oratorium; es war übrigens fast zeitgleich mit der Erstaufführung des gesamten Wagner-RINGs in Bayreuth entstanden.

Um die sinnstiftende Kommentierung bzw. unterhaltende Auflockerung des anstrengenden Musikbrockens kümmerten sich Sophie Rois (als Baron von Goldschmidt und Fürst der Finsternis), Margarita Breitkreiz (als Pariser Communardin), Ariel Nil Levy (als Theodor Herzl), Susanne Bredehöft (als Wagners Tochter) und Silvia Rieger (als Richard Wagner). In ihren Texten ging es um die zeitgeschichtliche Entstehung und Entwicklung der Sieben Todsünden, aber auch um ihren Schöpfer im Umfeld seiner ihn sowohl verehrenden als auch verachtenden Mit-Menschen. Das alles beherrschende Thema des europäischen Antisemitismus kommt klug und unter größtmöglicher Aufbietung jüdischem Witzes zur Sprache; Galgenhumor vom Feinsten.'' schreibt Andre Sokolowski am 30. November 2024 auf KULTURA-EXTRA

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Opulenter Ausflug in Musik- und Ideengeschichte des 19. Jahrhunderts
2 Monate her.
Kritik

Ich will ein großes Orchester!, kräht Sophie Rois in ihrer unvergleichlichen Art. Einer Sophie Rois kann natürlich kein Theater einen Wunsch abschlagen. Uli Khuon räumte ihr die große Bühne kurz vor dem Corona-Lockdown für ihr Torten-Solo „Sophie Rois fährt gegen die Wand im Deutschen Theater“ frei und nach ihrer Rückkehr ans Stammhaus am Rosa Luxemburg-Platz bekommt sie nun ihr Orchester. Im Graben, dem die ersten Sitzreihen weichen mussten, nimmt die Kammersymphonie Berlin Platz. Links und rechts marschieren mehrere Chöre auf (der Hauptchor der Sing-Akademie zu Berlin, der Mädchenchor der Sing-Akademie zu Berlin, der Kapellchor & Cambiata des Staats- und Domchors Berlin und die Männer des Staats- und Domchors Berlin). Eng bedruckt sind die zwei Seiten des Abendzettels mit all den beteiligten Künstler*innen.

Wie ein trotziges Ausrufezeichen wirkt die Opulenz dieses genresprengenden Musiktheater-Abends unter der Regie von Christian Filips (Sing-Akademie zu Berlin). Während am Nachmittag ein Trauerzug durch Berlin zog und die Häuser seit Wochen beklagen, dass die Kürzungen des Senats zu einem Kahlschlag des Berliner Kulturlebens führen werden, stemmen Filips/Rois und Co. einen fast dreistündigen Hybrid aus Oper und Sprechtheater-Rahmenhandlung mit Mammutbesetzung, der zunächst nur 2x in der ausverkauften Volksbühne zu sehen sein wird.

Neben den Todsünden, die in szenischen Miniaturen einzeln vorgestellt werden, setzt sich der Abend vor allem mit den großen gedanklichen Strömungen des späten 19. Jahrhunderts auseinander: über Antisemitismus und Zionismus spricht Theodor Herzl (Ariel Nil Levy), die rote Fahne der Pariser Communardin schwenkt Margarita Breitkreiz und mit dem Nationalismus von Richard Wagner setzen sich zwei weitere Volksbühnen-Urgesteine auseinander: Silvia Rieger schmettert einen Monolog aus dem Rang als Wagner himself, Susanne Bredehöft hat komödiantische Auftritte als seine Tochter.

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