Bewertung und Kritik zu
MOURNING BECOMES ELECTRA
von Eugene O'Neill
Regie: Pınar Karabulut
Premiere: 16. Oktober 2020
Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin
Zum Inhalt: Eine Familienhölle im Dauerloop. Auch Jahrhunderte nach Aischylos’ Orestie und unzähligen literarischen Bearbeitungen muss Elektra immer noch Trauer tragen. Immer noch bleibt Elektra ihrem Schicksal ausgeliefert. Immer noch kann die mykenische Königstochter, die sich seit dem klassischen Altertum einen eigenständigen Platz in der Theatergeschichte erobert hat, den Fluch der Atriden nicht brechen, noch dem Theaterfundus entkommen. Auch O’Neills Elektra wartet auf die Rückkehr ihres Vaters Ezra Mannon aus dem Krieg, um die alte Familienordnung wiederherzustellen und dem Verhältnis ihrer Mutter zu Adam Brant ein Ende zu bereiten. Immer noch wartet sie auf die Rückkehr ihres Bruders Orin, der Rache an der Mutter üben soll. Doch als Ezra zu Hause eintrifft, ist es längst zu spät für ein Rollback der ursprünglichen familiären Konstellationen. Der Kriegsschauplatz wird zur familiären Kampfzone, in der alle zu Getriebenen ihrer Obsessionen und Spielbälle der Anderen werden. Widersprüchliche Ansichten, menschliche Abhängigkeiten und dunkle Geheimnisse prägen die verstörenden Charaktere, die in einem perfiden Machtspiel alle Register der Schauspielkunst ziehen, um zu täuschen, zu verführen und zu manipulieren mit einem einzigen Ziel – zu überleben. Einzig Gewalt scheint einen radikalen, aber ersehnten Ausweg aus der Familienmisere herbeiführen zu können.
Mit: Malick Bauer, Manolo Bertling, Paula Kober, Robert Kuchenbuch, Sabine Waibel
Regie: Pınar Karabulut
Komposition: Daniel Murena
Bühne: Michela Flück
Kostüme: Teresa Vergho
Video: Leon Landsberg
Licht: Johannes Zotz
Dramaturgie: Daniel Richter