Zum Inhalt: Das menschliche Leben, die Bewusstwerdung des Menschen als Heldenreise – zu dieser großen Frage hat sich die Berliner Regisseurin Susanne Kennedy mit ihren ersten beiden Arbeiten (Women in Trouble, 2017 und Coming Society, 2019) an der Volksbühne vorgearbeitet. In der Spielzeit 2019 / 20 entwirft sie, wie schon bei Coming Society, gemeinsam mit dem Künstler Markus Selg ein Modell für die Entstehung einer Welt und der Bewusstwerdung eines Menschen in ihr.
Mit: Malick Bauer, Suzan Boogaerdt, Erica Eller, Vanessa Loibl, Kate Strong, Bianca van der Schoot, Frank Willens, Zoë Willens
Konzept: Susanne Kennedy, Markus Selg Regie und Text: Susanne Kennedy Bühne: Markus Selg Sounddesign und Montage: Richard Janssen Video: Rodrik Biersteker & Markus Selg Kostüme: Lotte Goos Licht: Kevin Sock Dramaturgie: Hannah Schünemann
Wie von Kennedy gewohnt, schickt sie ihren Hauptdarsteller Frank Willens, der in der kurzen Dercon-Ära Ensemble-Mitglied am Haus war, in einen ständigen Loop. Die Welt ist zur Wüste verdorrt, für Frau und Kind soll er bei den Nachbarn um Wasser betteln. Aber wie eine eintönige Wüste fühlt sich auch dieser „Ultraworld“-Abend ein.
Mahnend tönt die Stimme von Kate Strong vom Band, dass Frank innerlich leer werden, zu sich selbst finden und neu sehen lernen müsse. Der einzige Weg hinaus, sei der Weg hinein, schallt es uns in Kennedy-typischer Playback-Manier entgegen.
Die ewige Wiederkehr des Gleichen, die sprichwörtliche Schlange, die sich in den Schwanz beißt, beschwört Kennedy in ihrer zweistündigen Arbeit, die bleiern und ohne jede Energie auf der Stelle tritt. „Ultrawold“ verschanzt sich hinter seiner technischen Perfektion und bietet außer raunenden Kalendersprüchen nur Meta-Quäl-Theater.
Komplette Kritik mit Bildern
''Den Hauptprotagonist Frank spielt Tänzer Frank Willens. Er ist aus Albträumen erwachend direkt in den nächsten virtueller Art geraten und findet sich mit seiner unerwarteten neuen Identität als Avatar zunächst nur recht schwer ab. Zeigen die computergenerierten Videoprojektionen erst einen grünen Wald, so ist außerhalb eines Hauses bald nur noch Wüste zu sehen. Die Wasser-Ressourcen verknappen sich, wie man aus einem Radio hört. Franks Frau und Kind dursten. Er muss Wasser organisieren, doch die Nachbarn (Malick Bauer, Bianca van der Schoot) wie Hologramme auftauchend geben nichts. April 1 und 2 (Suzan Boogaerdt, Vanessa Loibl) sterben. Game over und wieder auf Anfang. Eine schicksalhafte Zeitschleife, aus der es kein Entrinnen gibt. Test 2 bringt die gleiche Aufgabe. Aber auch das mit einer Waffe von den Nachbarn erbeutete Wasser bringt keine Erlösung. Frank kniet immer wieder vor einem philosophierenden glühend leuchtenden Sonnenball.
„The only way out is in“ heißt die Zauberformel des Spiels. Doch bis Frank diese beherzigt und loslässt, man könnte auch sagen das Unausweichliche akzeptiert und erneut zum Wasserholen ansetzt, muss er und mit ihm das Publikum einiges an Ultraworld-Weisheiten von Kate Strong als eine Art Gameassistent und einer orakelnden Kassandra (Vanessa Loibl) über sich ergehen lassen. Es ist die Litanei des guten alten „Tun-Leiden-Lernen“ der antiken Tragödie in Computersprache übersetzt und mit wohlfeilen Transzendenz- und Esoterik-Bröckchen angereichert. Das reizt durchaus an manchen Stellen zu ein paar Lachern. Man kann sich von den schönen, psychedelischen Computerbildern auch verzaubern lassen und ansonsten auf Durchzug schalten. Die Katharsis wird mit der Formel „Das Ende ist der Anfang“ nachgeliefert. Das ultimative Ende dürfte dann allerdings 2021 erreicht sein.'' schreibt Stefan Bock am 7. Februar 2020 auf KULTURA-EXTRA