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Juli

Bewertung und Kritik zu

JULI 
von Iwan Wyrypajew
 
Regie: Leo Skverer
Berlin-Premiere: 16. Mai 2019 
Theaterdiscounter Berlin

Zum Inhalt: An einem Tag im Juli, dem verlorenen Monat des Müßiggangs, wacht Pjotr, 63, in der zentralrussischen Einöde auf und sieht, wie das Feuer sein Haus und seinen Verstand zum Schmelzen bringt. Seine Reise zur nächstgelegenen Stadt beginnt Pjotr mit dem Mord an seinem Nachbarn, dann tötet er einen Obdachlosen und den Priester des Klosters, in dem er Obdach findet. Als er schließlich in eine geschlossene Anstalt gesteckt wird, glaubt er in der Pflegerin seine Jugendliebe zu erkennen. In einem alptraumhaften Rausch erwürgt und verspeist er sie.
Das Stück des russischen Autors Iwan Wyrypajew ist weder das Psychogramm eines Serienkillers noch das eines Abgehängten aus der Provinz, sondern die schonungslose Innensicht eines ewig jungen und unkaputtbaren, vor Lebensgier rasenden Autokraten – ohne Macht und Besitz, ohne Rücksicht auf Opfer. Für die Berliner Erstaufführung untersuchen Schauspielerin Nele Rosetz und Regisseur Leo Skverer männliche wie weibliche Perspektiven auf die Darstellbarkeit von Gewalt. Ab wann ist Brutalität nachvollziehbar, Empathie für die Täter möglich oder gerechtfertigt? Wie verändern verschiedene Rollen, Geschlechtsperspektiven oder Maskierungen die Rezeption des grausamen Akts?

Mit: Nele Rosetz

Regie: Leo Skverer
Ausstattung: Agathe MacQueen
Musik/Sound: Martin Hachmann
Dramaturgie: Marcus Peter Tesch
Produktion: Theaterdiscounter

4.0 von 5 Sterne
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Multipler Serienmörder
5 Jahre her.
Kritik
''Letztendlich ist dieses Psychogramm eines für uns rein pathologisch anmutenden Serienmörders auch nur ein Schrei nach Liebe, wie es so schön heißt, eine moderne Erlösungsgeschichte, die Wyrypajew zuerst drastisch und dann poetisch überhöht. Man kann darin eine russische Gesellschaftskritik lesen, oder auch einfach nur den Kreuzweg eines einsamen, vom Leben gedemütigten Menschen in den Wahn. Was sich nun szenisch daraus machen lässt, ist allerdings eine ganz andere Geschichte. Nele Rosetz geht es langsam und bedächtig an, als müsse sie sich der Figur erst annähern. Sie dehnt dabei die Worte und Vokale, krümmt sich immer mehr, die Hände schützend über den Kopf hebend, und läuft so auf dem Tisch hin und her. Es wird dabei auch viel mit Mikros und Soundeffekten gearbeitet.  Sehr eindrücklich sind dabei die Passagen, in denen Nele Rosetz versucht die sich in Mann und Frau aufspaltende Persönlichkeit der Figur darzustellen. Sie variiert Ausdruck, Mimik und Gestik, stopft sich die vom Tisch gezogene Plane unter die Kleidung. Die Tontechnik verfremdet und überlagert die Stimme der Schauspielerin, wenn sie in eines der Mikrofone spricht. Allein der beabsichtigte Effekt, „männliche wie weibliche Perspektiven auf die Darstellbarkeit von Gewalt“ hin zu untersuchen, will sich bei dieser Morphologie der Geschlechtsperspektiven nicht so recht einstellen. Vom Bühnenbild und Technikeinsatz gesehen, ist das ein durchaus interessantes Verfahren, dem sich die Schauspielerin dienstbar unterwirft. Bisweilen mag das etwas manieriert wirken, was aber der großartigen Leistung von Nele Rosetz bei der Interpretation dieses eigenwilligen Textes keinen Abbruch tut.'' schreibt Stefan Bock am 18. Mai 2019 auf KULTURA-EXTRA
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