Zum Inhalt: Das Stück erzählt die Geschichte einer kleinen Familie inmitten von großer Geschichte. Es ist Drama, es ist Komödie, auch schwarze Komödie, es hat viel Musik. Es beginnt als Räuberpistole: Einem Kellner werden von den Gästen die Preise gemacht und ein Brathuhn wird beschlagnahmt. Es endet als Requiem. Der Apfelbaum blüht, doch es sind alle tot. Vielleicht aber sagen wir lieber: Alle sind tot, doch der Apfelbaum blüht.
Mit: Margarete Steinhäuser, Robert Schonk, Anne Sophy Schleicher, Markus Riexinger, Maximilian Wrede, Bianca Faber, Jerome Winistädt, Konstantin Klemm, David Hannak, Merlin Delhaes und Peter Wittig
Regie und Ausstattung: Peter Wittig Musikalische Leitung und Klavier: Uwe Streibel Choreographie: Nadja Herzog Regieassistenz: Linda Loechte
''Wittig lässt das durchaus brechtisch spielen. Es kommen Masken für die bourgeoisen Politiker zum Einsatz, die SpielerInnen treten für Erklärungen kurz aus ihren Rollen heraus. Es werden Tafeln mit Losungen gezeigt, Umbau und Kostümwechsel erfolgen auf offener Bühne, und das Publikum wird sogar mit einbezogen beim chorischen Sprechen von Texten oder einem Tänzchen mit dem Ensemble zur Feier der Wahlen. Gemäß Brecht kommt hier auch der kulinarische Genuss nicht zu kurz. Nationalgardist „Papa“, bei Robert Schonk ein beherzter und bezopfter Proletarier mit Bauarbeiterhelm, weiß: „Mein Sohn, man lebt für das Extra. Es muß her, und wenn man Kanonen dafür benötigt. Denn wofür leistet man etwas? Dafür, daß man sich etwas leistet! Prost!“ Das freie Volk macht nun die Gesetze, versteht sich als Arbeitende und Genießende gleichermaßen. (...)
Der Apfelbaum in der Rue Pigalle blüht hier am Ende in den Kränzen auf den Köpfen der Kommunarden. Man kann das verschiedentlich interpretieren. Als Requiem oder Hoffnungsschimmer. Das steht und fällt mit der Einstellung zum marxistischen Standpunkt Brechts. Und der besteht bei Regisseur Wittig nicht nur aus dem Winken mit der roten Fahne, sondern im konkreten Zusammenspiel des Möglichen mit dem Nötigen. Das ist sicher aus der Sicht heutiger Brecht-Interpretationen des modernen Regietheaters etwas verpönt, undenkbar ist es deswegen nicht. Die Fragen nach Demokratie oder Diktatur, Räteregierung oder bürgerlichem Parlamentarismus, Sozialismus oder sozialer Marktwirtschaft mit Hartz-IV-Regelungen bleiben aktuell.'' schreibt Stefan Bock am 22. November 2017 auf KULTURA-EXTRA