Kritik
Die Stärke des Abends liegt eindeutig im Dokumentarischen: mit viel Tagesschau-Archivmaterial über die Proteste im Frühherbst 1989, die schließlich zum Fall der Mauer führten, und Songs von David Bowie bis Prince entsteht ein authentisches Bild der damaligen Zeit. Wir finden uns in den Redaktionsräumen des DDR-Jugendradios DT64 wieder, wo Marion Brasch tatsächlich als Hörfunk-Musikredakteurin und später auch als Moderatorin und Autorin während der Umbruchs-Jahre zwischen 1987 und 1992 arbeitete. Highlight dieses Archivmaterials ist der Mitschnitt von Rio Reisers Konzert in der Ost-Berliner Seelenbinder-Halle vom Oktober 1988. DT 64 zeichnete das komplette Konzert auf, ein Song wurde aber nicht ausgestrahlt/zensiert: fast die gesamte Halle sang lauthals mit, als Rio Reisers „Der Traum ist aus“ und der Suche nach einem lebenswerteren Land konstatiert: „Dieses Land ist es nicht!“
Schwächer ist der fiktionale Teil: markante Streitpunkte in der Redaktion, zum Beispiel die Weigerung von Leo (Jan Tsien Beller) , die Meldung über den Schlag gegen die „Konterrevolutionäre“ auf dem chinesischen Tienanmen-Platz zu verlesen, werden in den 75 Minuten in schnellem Tempo anhand fiktionaler Figuren abgehandelt. Die Schauspieler haben hier mehr Prototypen zu spielen, z.B. den abgesetzten linientreuen Chefredakteur (Jakob Kratze) oder die Opportunistin Johanna (Elisabeth Heckel), die sich vom Privatradio RTL einkaufen lässt. Hier wären mehr Zeit und Tiefenschärfe schön gewesen.
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