Kritik
So viel geballte Prominenz erlebt man selten an einem Opernabend: Peter Sellars führt Regie, von Frank Gehry stammt das Bühnenbild und Sir Simon Rattle dirigiert das Freiburger Barockorchester bei dieser „Médée“-Produktion für die Barocktage der Staatsoper Unter den Linden.
Angesichts so glamouröser Namen fällt das Bühnenbild allerdings sehr karg aus: Gehry beschränkte sich auf Gaze-artige Vorhänge, zwei glitzernde Wolken, die sich auf das Stichwort im Prolog auf- und abbewegen, sowie Absperrgitter vorne an der Rampe. Diese Gitter stehen im Zentrum der Sellars-Lesart des Medea-Mythos: für ihn ist diese von Euripides bis Christa Wolf so unterschiedlich gedeutete Figur vor allem eine gedemütigte, in die Enge getriebene Migrantin. Mit Sturmhauben und voller Kampf-Montur treiben die Schergen des König von Korinth sie in die Enge, an den Rändern der Bühne werden Medea (Magdalena Kožená) und ihre Kinder getrennt voneinander eingepfercht.
An dem Abend, an dem Robert Habeck, Annalena Baerbock und Ricarda Lang mit vereinten Kräften in die Parteitags-Bütt müssen und mit dem Ende der Ampel-Koalition drohen, falls die Basis dem Antrag der Grünen Jugend zustimmt, der statt der „Ordnung“ vor allem die „Humanität“ betont, erzählt Sellars vom Schicksal einer rechtlosen Migrantin und reichert seine etwas schlichte Medea-Deutung mit zahlreichen O-Tönen von Aktivistinnen und Reporterinnen zum aktuellen Flucht- und Asyl-Diskurs im Programmheft an.
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