Kritik
''Als schlussendlich gescheitert muss das Grundkonzept von Regisseur und Bühnenbildner Dmitri Tcherniakov gelten; gefühlte 99 Prozent des Publikums lehnten die Inszenierung ab; ein Buhorkan, wie ich ihn selten so erlebte; doch egal... War ich bis Siegfried noch bereit, die bis dahin von ihm sehr konsequent verfolgte und ver-handelte Idee mit jenem "Forschungszentrum E.S.C.H.E." mitzutragen, taten mich dann gestern nach geschlagenen 6 Stunden in der Staatsoper Unter den Linden alle Geisterlein verlassen, und ich war mir plötzlich voll bewusst, das es wohl niemals hätte richtig aufgeh'n können, weil ganz einfach der Kausalzusammenhang zwischen der Ursache und seiner Wirkung - in der Götterdämmerung nach Tcherniakovs Lesart - einer dreisten Ausblendung zum Opfer fiel: Der Grundkonflikt des RINGs ist doch letztendlich der, dass Alberich, weil er wegen seines geraubten Goldes all diejenigen, die nach ihm nach dem Golde gierten, mit dem "Liebesfluch" belegt und ergo diese Fluchbeladenen sich gegenseitig, um ans Gold (den sprichwörtlichen Gold-Ring) 'ranzukommen, auszuschalten trachteten, und Mord- und Totschlag nähmen also unumkehrbar ihren Lauf... Ja und bei Tcherniakov gibt's halt weder Gold noch Gold-Ring; aber auch beim allerliebenswerten Unterhalter Valentin (Bayreuth 2022) war das ausgeblendet, wobei er sich hinsichtlich seiner genialischen Familienaufstellung wenigstens eine Art von Kain-und-Abel-Motiv ausdachte, das sich auf das von ihm so konstruierte Zwillingsbruderpaar Wotan & Alberich bezog und mit jenem von Anbeginn in seinem Bayreuth-RING präsenten Unglücksstiefkind Hagen eine glaubwürdige Plausibilität bekam - - ergo, ich konstatiere: 4:1 für Schwarz, deutlich zuungunsten Tcherniakovs.'' schreibt
Andre Sokolowski am 10. Oktober 2022 auf
KULTURA-EXTRA