Zum Inhalt: Inspiriert vom historischen Phänomen der Tanzwut widmet sich die dänische Choreografin Mette Ingvartsen dem plötzlichen Auftreten von kollektivem und offenbar ansteckendem Tanzen. Ihr jüngstes Solo, “The Dancing Public”, mischt ekstatische Eruptionen mit stampfenden Beats und ist Party, Spoken-Word-Konzert und Ausdruck körperlichen Wahnsinns bis zur Erschöpfung in einem. Im Nachgang der Pandemie fragt dieses vielschichtige Stück: Was hat es mit dem extremen Bewegungsdrang auf sich, den wir jetzt verspüren? Sind wir wieder bereit, das Leben zu feiern?
Von & mit Mette Ingvartsen
Lichtdesign: Minna Tiikkainen Bühne: Mette Ingvartsen, Minna Tiikkainen Musikarrangement: Mette Ingvartsen, Anne van de Star Kostümdesign: Jennifer Defays Musik: Affkt feat. Sutja Gutierrez, Scanner, Radio Boy, LCC, VII Circle, Kangding Ray, Paula Temple, Ron Morelli, Valanx, Anne van de Star Dramaturgie: Bojana Cvejić Technische Leitung: Hans Meijer Tontechnik: Anne van de Star Companymanagement: Ruth Collier Produktionsmanagement & Administration: Joey Ng
11 Monate ist diese Produktion erst alt, reiste mit einem Abstecher nach Melbourne quer über den Kontinent von Avignon bis Stockholm und wirkt schon nach so kurzer Zeit veraltet: Das Stück kam im September 2021 im PACT Zollverein Essen heraus und ist als Feier des Neubeginns des gesellschaftlichen Lebens gedacht.
Nach zwei langen Lockdowns und der nach zähem Beginn doch langsam anrollenden Impfkampagne war 2021 ein Sommer des Aufatmens: Licht am Ende des Pandemie-Tunnels. Doch bald stellte sich heraus, dass die nächsten Wellen heranrauschten, das Virus mutierte munter weiter, bei den neuen Varianten funktionierte die Impfung immer schlechter und die ach so „milden“ neuen Subtypen setzten Firmen-Belegschaften und Theater-Ensembles wochenlang außer Gefecht. Die Mehrheit der Gesellschaft beschloss, Corona nach zwei Jahren und angesichts der neuen Schlagzeilen vom Krieg in der Ukraine und vom Gasmangel einfach zu ignorieren.
Mette Ingvartsen tourt unbeirrt weiter, beschwört in den kurzen Text-Passagen, die oft von den Beats überlagert werden, historische Pandemie-Erfahrungen und tanzt sich eine Stunde lang durch den Saal, in dem sich das Publikum frei bewegen kann. Wenn sie nicht gerade irgendwo in dem Trubel wippt, erklimmt sie eine der drei Plattformen am Bühnenrand, setzt zu ihren Monologen an und schüttelt ihren Körper noch heftiger. Ihr Bewegungs-Repertoire ist an diesem Abend recht eingeschränkt, das Solo dementsprechend redundant, ihr Hundekläffen, mit dem einige Tage zuvor auch die Performer*innen von Daina Ashbee auftraten, zieht sich als wiederkehrendes Motiv durch das Festival. Von bildstarken Arbeiten wie „Seven Pleasures“, die Ingvartsen zu einer der interessantesten zeitgenössischen Choreographinnen machen, ist dieses Solo recht weit entfernt.
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