Der französische Erfolgsautor Francis Veber, von dem zahlreiche Bühnenstücke und Filmdrehbücher stammen, hat seine Komödie „Kasimir und Kaukasus“ 2017 im Pariser „Théâtre des Nouveautés“ vorgestellt. Dieter Hallervorden hat das Stück ins Deutsche übertragen und die deutschsprachige Erstaufführung jetzt in seinem Schlosspark Theater Berlin präsentiert. Die Inszenierung besorgte hier Holger Hauer.
Der politische Journalist Henri (Dieter Landuris) will seine Frau, die Innenarchitektin Christine (Ulrike Frank) mit einem Haustier überraschen, um seiner kriselnden Ehe einen positiven Impuls zu geben. Sie hatte sich einen Yorkshire-Terrier gewünscht, aber er bringt stattdessen einen Goldfisch im Aquarium nach Hause. Christine ist empört, droht mit Scheidung und lädt als Rache den früheren Freund und Verehrer Hans Peter (Markus Majowski) zu sich ein, der eine tiefverwurzelte Abneigung gegen jede Art von Arbeit hat. Der Berliner Goldfisch Kasimir, der mit der Stimme von Dieter Hallervorden zu sprechen vermag, ist zunächst ständig in Gefahr, an die Tierhandlung zurückgegeben zu werden, aus der er stammt. Aber seine besondere Gabe, denjenigen zu offenen Bekenntnissen zu bringen, der vor seinem Aquarium sitzt, läßt ihn mit der Zeit zu einem echten Hausgenossen werden. Als er dem Ende nahe zu sein scheint, besorgt Christine sogar einen zweiten Goldfisch, der sich mit bayerischem Dialekt zu Wort meldet, der aber nicht über die Gabe verfügt, Menschen zu ungehemmter Beichte zu verleiten.
Die neue Offenheit durch Goldfisch-Präsenz mit Katalysator-Effekt bleibt allerdings nicht ohne Wirkung. Durch Vermittlung von Hans Peter taucht auf einmal die kaukasische Escort-Dame Dounia (Katharina Maria Abt) in der Wohnung von Henri und Christine auf. Wie sich herausstellt, hatte Henri fünf Jahre zuvor ein kurzes Techtelmechtel mit ihr, dem ein nunmehr fünfjähriger Sohn entstammt, der jetzt in der Obhut von Dounias Mutter im fernen Kaukasus Ziegen hütet. Aber auch Christines bislang erlebnisarme Lebensführung bleibt nicht unbelastet: ein Russe, dessen Appartement Christine gestaltet hat, vergewaltigt sie in seiner Hotelsuite, und Christine gewinnt dieser Attacke sogar positive Aspekte ab. Der komplexe Empfindungs-Mix klärt sich nach ausgiebigem Durcheinander in der Weise, dass Hans Peter mit der geläuterten Escort-Dame in den fernen Kaukasus zieht, während das Ehepaar Henri und Christine unter dem wundersamen Einfluß des Goldfischs Kasimir ihre Zuneigung erneuern und vertiefen.
Dieses in vieler Hinsicht kuriose Szenario wird durch treffende schauspielerische Leistungen plausibel und nachempfindbar. Heimlicher Star des Abends ist natürlich der Goldfisch Kasimir, dessen Bühnenexistenz aber keine protestierenden Tierfreunde auf die Szene ruft, denn er bewegt sich durch eine raffinierte visuelle Technik nur als gut sichtbares Hologramm in seinem Aquarium. Henri erntet Verständnis und Mitgefühl für seine Versuche, die Zuneigung von Christine wieder zu beleben. Christine ihrerseits läßt sehr konkret und glaubwürdig die Wirkungen ihres sexuellen Erlebnisses mit dem russischen Kunden in der Hotelsuite vor ihrem geistigen Auge vorüberziehen. Dounia stellt mit überzeugend pseudo-kaukasisch gebrochenem Deutsch, aber tadellosem Erscheinungsbild ihre Escort-Existenz auf die Bühne, und Hans Peter wird mit warmherziger Emotion regelrecht zum Publikumsliebling.
Am Ende viel Beifall und begeisterter Applaus für einen amüsanten Abend ohne unnötige Komplikationen.
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