Kritik
Manche Produktionen verlangen einfach nach einer Wiederaufnahme, nun bringt das Schlosspark Theater nach fünf Jahren „End of the Rainbow“ erneut auf seine Bühne, was den Wunsch nach ausverkauftem Haus wohl wahr werden und nicht wenige Zuschauer zu Wiederholungstätern werden lässt. Und es hat schon eine kleine Geschichte hinter sich: 2005 in Sidney uraufgeführt, 2010 im Londoner Westend, 2012 am Broadway gespielt, heimste es viele hochkarätige Preise ein.
Die Geschichte rankt sich um die letzten Lebensmonate Judy Garlands. An der Besetzung dieser Inszenierung von Folke Braband hat sich nichts geändert, Garlands langjähriger Pianist Anthony wird nach wie vor von Christoph Schobesberger und ihr Verlobter Mickey Deans von Torben Krämer gespielt, von beiden mit überzeugendem Einsatz. Und Judy Garland, ja, das ist immer noch Katherine Mehrling, anders auch kaum denkbar, verkörpert sie die einstige Hollywood-Diva und Sängerin, aber auch den gefeierten Kinderstar, die Ehefrau, Tochter, Abhängige und noch so viele andere Phasen aus Garlands vollgepackten Leben höchst überzeugend, und, was noch beeindruckender ist, all die Gefühle, die mit diesen Zeiten verbunden sind, mühelos und souverän in einer Person. Mehrling schafft es, das Verletzliche, Liebeshungrige, Zweifelnde, aber auch Willensstarke, Temperamentvolle und Strahlende dieser Frau nahezu gleichzeitig zu zeigen, sowohl in den überzeugenden schauspielerischen Momenten, übrigens mit viel Humor gespickt, als auch während ihrer großartigen Gesangsnummern. Mehrling interpretiert die 15 Songs mit größter Sensibilität und Kraft, am Ende ohne jede musikalische Begleitung und absolut mitreißend ihren Hit aus Kindertagen „End of the Rainbow“.
Auch das Bühnenbild von Stephan Dietrich bringt Glamour auf die Bühne, JUDY steht in Riesen-Leuchtlettern geschrieben, die in Begleitung einer sechsköpfigen Kapelle immer dann aufleuchten, wenn gesungen wird. All das taucht in schwarz, wenn sich im Vordergrund der Bühne eine Zimmertür und ein Couchensemble schieben, um das Hotelzimmer zu zeigen, in dem die Szenen spielen.
Auch wenn das Stück tatsächlich nur den letzten Monaten ihres beeindruckenden Lebens nachspürt, Garland während einer Serie von Comeback-Shows abwechselnd in einem Londoner Hotelzimmer und auf der Bühne zeigt, erfährt der Zuschauer sehr viel mehr zu ihrem Leben. Gleich zu Beginn summt sie „End of the Rainbow“, das Lied, mit dem sie als Dorothy im „Wizard of Oz“ noch im Kindesalter berühmt wurde, später erwähnt sie den Druck seitens ihrer Mutter und der Filmindustrie, dem sie nicht standhalten konnte und nimmt auch Bezug auf ihre vier Ex-Ehemänner. Am Ende ihres Lebens, mit nur 47 Jahren, ist nichts übriggeblieben von dem vielen Geld, das sie verdient hat, sie ist abhängig von Tabletten und Alkohol und ihr letzter Ehemann nutzt sie auch aus. Ein interessanter Moment am Schluss, als ihr homosexueller Pianist und langjähriger Freund ihr seine Liebe darlegt, ihr ein sorgenfreies Leben mit ihm verspricht, er der Einzige zu sein scheint, der sich wirklich um sie sorgt, es ernst mit ihr meint. Aber sie kann es nicht annehmen, träumt weiter von imaginären Glücksmomenten mit ihrem nun fünften Ehemann.
Am Ende ist fast egal, wie nah der vom Autor Peter Quilter geschriebene Charakter wirklich dem von Judy Garland ist, man will es gar nicht mehr wissen. Katherine Mehrling verkörpert diesen ruhelosen Geist so glaubwürdig und vielschichtig, dass man einfach nur an ihren Lippen, an jeder Regung ihres Körpers hängt, ihr diesen Charakter voll und ganz abnimmt, einfach nichts an diesem Abend in Frage stellt. Das Publikum feiert sie mit größter Bewunderung.