Nicht umsonst findet Gogols "Der Revisor" seit knapp zweihundert Jahren immer wieder den Weg auf die internationalen Theaterbühnen. Und dies aus gutem Grund, hat diese Gesellschaftskomödie an Aktualität doch wenig verloren, seit sie 1836 in St. Petersburg uraufgeführt wurde, denn die Kritik Gogols an Korruption, Macht und Untertanengeist steht trotz aller Komik niemals in Frage, ist ja immer noch und immer wieder aktuell.
Gestern feierte das Schlosspark Theater mit diesem Stück Premiere, der Inhalt sei schnell erzählt:
In einer russischen Kleinstadt kommt das Gerücht auf, ein Revisor aus der Landeshauptstadt sei inkognito unterwegs. Fortan unternimmt der Stadtvorsteher (Frank Kessler) ohne Skrupel alles, um jegliche Missstände zu beseitigen (im Krankenhaus sollen die Kranken endlich in echten Betten liegen) und dem vermeintlichen Revisor eine fabelhaft funktionierende Stadt zu präsentieren, ihn dabei nach Strich und Faden zu verwöhnen. Auch seine Frau (Krista Birkner), die sich für nichts zu schade ist, und Tochter (Helen Barke), schön aufmüpfig, werden für dieses Unterfangen eingespannt. Und tatsächlich taucht jemand (Lukas Benjamin Engel) mitsamt Diener (Oliver Nitsche) auf, die kaum glauben können, welche Aufmerksamkeit ihnen plötzlich zuteil wird, dies aber durchaus für sich zu nutzen wissen, kurz, das Chaos nimmt seinen Lauf ...
Regisseur Philip Tiedemann ist mit seiner Inszenierung ganz bewusst den Weg gegangen, das Stück höchst lebendig zu erzählen. Dabei bedient er sich verschiedenster Stilmittel, mit denen das Spiel der einzelnen Protagonisten beispielsweise immer wieder durch akustische Laute und eine Körpersprache geprägt ist, die ihrerseits das Innenleben der jeweiligen Figuren verdeutlichen sollen. Dies ist grundsätzlich ein zielführender Ansatz, nur ist bei Überspitzungen, die eins drüber sind, manchmal weniger mehr.
So war zu viel Klamauk im Spiel, was den inhaltlichen Botschaften Raum genommen hat, auch hätte mehr Subtilität der Inszenierung sicher gut getan.
Tiedemann aber ist der Spagat zwischen einer fast 200 Jahre alten Fassung und unserer modernen Sprache in der Bearbeitung von John von Düffel gut gelungen, die Inszenierung kam zu keinem Zeitpunkt verstaubt daher, wobei es sprachliche Anleihen an unsere heutige Zeit (wie beispielsweise Airbnb oder Ich bin dann mal weg) oder Pakete mit der Aufschrift Amazon beileibe nicht gebraucht hätte. Diese fungieren als kleine Störfaktoren, der Preis ist hoch für einen flüchtigen Lacher, möchte man nicht lieber in der Atmosphäre der auf der Bühne definierten Zeit mitschwingen?
Das Ensemble hat alles gegeben, jede/r Einzelne ihre/seine Rolle mit viel Verve höchst akzentuiert gespielt, besonders komisch wurde es zuweilen in der Besetzung der Doppel- oder Dreifachrollen, zum Beispiel beim Postmeister (Stefan Melies). Der andere Vasall des Stadtvorstehers (Oliver Seidel) agiert mit toller Mimik. Das gute Tempo dieser grotesken Verwechslungskomödie zieht sich durch den gesamten Abend ...