Eigentlich klingt diese Geschichte viel zu absurd, als dass man ihr tatsächlich Glauben schenken könnte.
Aber sie hat sich tatsächlich so zugetragen und da sie an sich schon sehr viel Komik birgt, hat sich der Dramatiker der leichteren Muse Peter Quilter dieses Stoffes angenommen und eine herrliche Komödie daraus geschrieben. Die übrigens 2005 das Londoner Westend schon im Sturm eroberte und auch im Kino schon erfolgreich lief.
Nun tut sie das in Berlin, Frank-Lorenz Engel hat die Regie übernommen und mit einem großartigen Ensemble das Stück auf die Bühne des Schlosspark Theaters gebracht.
Der Titel lässt schon ahnen, worum es gehen könnte. "Knapp daneben ist auch vorbei" forscht dem regen Treiben der amerikanischen Amateursängerin Florence Foster Jenkins nach, die es im New York der 1940er Jahre tatsächlich geschafft hat, Konzerte und Säle zu füllen. Dies, obwohl sie die meisten Töne der zahlreichen Opernarien, die sie auf verschiedensten mehr oder weniger prätentiösen Anlässen, z.B. dem Ball der silbernen Feldlerchen, ihrem Publikum entgegenschmetterte, verfehlte.
Irgendwann bekommt man aber eine leise Ahnung davon, wie so etwas überhaupt möglich sein konnte und dies hat die Inszenierung, die gestern Premiere feierte, mehr als deutlich gemacht: Sie ist eine liebevolle Hommage an eine Frau, deren Lebensfreude und Begeisterungsfähigkeit ihresgleichen sucht.
Was sicher auch an der herzerwärmenden Interpretation der Schauspielerin und Musikerin Anke Rietz liegt, sie verleiht ihrer Florence so viel Charme, dass es tatsächlich schwierig ist, sich ihrem Bann zu entziehen. Was auch das Umfeld dieser schon ziemlich besonderen Person, die nicht von dieser Welt scheint, immer wieder zeigt. Freundin Dorothy (Anette Daugardt), selbst umtriebig und nicht wenig extravagant ist, unterstützt sie, wo sie kann und auch ihr Liebhaber St. Clair Bayfield (Max Gertsch) scheint ihr hemmungslos ergeben.
Eine ganz besondere Beziehung aber pflegt sie zu ihrem Pianisten Cosme McMoon (bei der Premiere: Peter Lewys Preston), für den es zu Beginn seines Engagements (herrlich, die Kennenlern-Szene) nicht einfach ist, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Aber auch er kann schon bald nicht anders und spielt treu an ihrer Seite, auch wenn sie es immer wieder schafft, nicht nur ihn in kurze Schreckmomente zu versetzen, einfach durch einen plötzlich eingesetzten Spitzenton. Insgesamt ist es eine helle Freude, Antje Rietz in dieser Rolle zu erleben, sie spielt mit so viel Begeisterung und Verve, mit und ohne Kastagnetten, mit überbordenden Kostümen, auch an ihrer Fußarbeit während ihrer Tanzeinlagen kommt man nur schwer vorbei, sodass am Ende auch das Publikum zu ihrem größten Fan wird.
Es gibt aber auch noch ein paar kleine Nebengeschichten, zum Beispiel gehört zum Haushalt neben Ricky, einem Pudel, auch noch eine Haushaltshilfe, die von niemandem verstanden wird, da sie spanisch spricht. Sophie Göbel spielt diese Maria herrlich unbeirrbar und spricht ihr Spanisch dermaßen überzeugend, so als hätte sie nie etwas anderes getan.
Insgesamt profitiert das Stück neben den überzeugenden Schauspielern von vielen witzigen Inszenierungsideen. In den Umbaupausen können sich die malträtierten Ohren mit wohlklingender klassischer Musik erholen.
Und am Ende wird die gute Florence dann doch noch mit der Wahrheit konfrontiert, Mrs. Verindah-Gedge (Nathalie Hallervorden), die stellvertretend für die durchaus auch vorhandene kritische Masse der Zuhörerschaft steht, nimmt kein Blatt vor den Mund. Und man leidet fast mit, denn Florence Foster Jenkins schien tatsächlich absolut überzeugt davon, dass das alles richtig war, was sie tat. Was nur damit zu erklären ist, dass sie offenbar ihre eigene Stimme nicht so wahrnahm, wie andere sie hörten.
Es gibt noch eine Zugabe und ganz kann es sich Antje Rietz dann doch nicht nehmen lassen, dem Publikum zum Schluss noch eine absolut wohlklingende Gesangspassage zu bieten.
Es dankt mit lang anhaltendem Applaus und Standing Ovations...