Diesmal hat sich das Schlosspark Theater für seine aktuelle Premiere ein sozialkritisches Drama von Max Frisch ausgesucht. Der Titel "Biedermann und die Brandstifter" verrät schon ziemlich viel zum Inhalt, geht es doch um Herrn Biedermann, der nicht zufällig diesen Namen trägt, und zwei Brandstifter, die in seinem Hause Obhut suchen.
Dies in einer Zeit, in der die Stadt von Feuern heimgesucht wird, die Feuerwehrleute ein hartes Regiment führen, "Viel kann vermeiden Vernunft", und Haarwasserfabrikant Gottlieb Biedermann den zwei windigen offensichtlich halbseidenen Hausierern kaum etwas entgegenzusetzen weiß, die Quartier bei ihm beziehen wollen, was schneller passiert als er gucken kann.
Sich selbst verkauft Biedermann diese Gastfreundschaft als Geste der Menschlichkeit, auch wenn er sonst gern skrupelloser daher kommt, "Aufhängen" sollte man sie, die Brandstifter. Aber schnell wird klar, wer ab jetzt Herr im Haus ist. Hat sich das Ehepaar anfangs durch die schwere Vergangenheit der beiden Halunken noch geschickt um die Finger wickeln lassen, haben sie innerhalb kürzester Zeit den unverschämten Forderungen der beiden Eindringlinge nichts mehr entgegenzusetzen, die Biedermanns Dachboden mit Benzinfässern füllen.
Nicht einmal, als sich Schmitz und Eisenring ganz offen als Brandstifter zu erkennen geben, will das Ehepaar die Realität wahrhaben. "Die beste Tarnung ist in diesem Fall immer noch die nackte Wahrheit", weiß Eisenring, der von Biedermann höchstpersönlich auch noch die Streichhölzer ausgehändigt bekommt.
Regisseur Philipp Tiedemann bringt den Stoff in die Gegenwart, womit er dem Zuschauer die Illusion raubt, den Inhalt als zeitlos betrachten zu können, was wahrscheinlich auch Frischs Intention gewesen wäre. Es hätte wahrlich kein Smartphone oder Senf und Honig aus einer Plastiktube bedurft und die Zuschauer hätten auch nicht erfahren müssen, dass sich das Setting in Steglitz/Zehlendorf befindet.
Die Rollenbesetzung überzeugt, in allererster Linie Dieter Hallervorden als Gottlieb Biedermann, herrlich komisch, wie er den naiven zunehmend devoten Biedermann zeigt, der wahrlich nicht die hellste Kerze auf der Torte ist. Georgios Tsivanoglu mimt seinen Schmitz harmlos-verschlagen, während Mario Ramos seinem Eisenring eine gefährliche Bedrohung verleiht, mit viel Energie, wie er sie immer auf die Bühne bringt. Wie im richtigen Leben mimt Christiane Zander die Ehefrau Babette Biedermann, Dagmar Biener gibt das Dienstmädchen Anna konsequent stoisch.
Am Ende verwandelt sich das Bühnenbild, geschickt von Alexander Martynow als Guckkasten entwickelt, noch in die Hölle, ein Happy-End gibt es also nicht.
Mit diesem Stück hat Frisch eine Parabel geschaffen, die ihren Fokus nicht auf die Entlarvung der Lüge legt sondern auf die biedermännische Wehrlosigkeit gegenüber Verbrechern, die von Anfang an die Wahrheit sagen, die Feigheit verschließt vor der Wahrheit Augen und Ohren. Frisch höchstselbst hat es als "Lehrstück ohne Lehre" erschaffen.
Tiedemann hat das Stück auf 70 Minuten stark zusammengekürzt, so möglicherweise die Wertigkeit dieser zeitlos relevanten Botschaft gestutzt und dem Abend mehr Tiefgang genommen.