"Eines langen Tages Reise in die Nacht" kann quasi als Biografie des amerikanischen Dramatikers Eugene O'Neills gelten, verarbeitet er mit diesem Stück doch sein Leben als einer der beiden Söhne der Familie Tyrone in diesem Werk, das vom Schlosspark Theater derzeit auf die Bühne gebracht wird. Mit seinem Vornamen tauft er sogar das mit zwei Jahren an Masern verstorbene Kind dieser Familie.
Und diese Kindheit war nicht ohne, so zeigt sein 1957 sowohl mit dem Pulitzerpreis als auch dem Tony Award ausgezeichnete Theaterstück den zeitlichen Ausschnitt einer Familie, der am Morgen startet und in der Nacht endet. Und die wahrlich nicht glücklich ist, auch wenn sie bei allem Leid, das gezeigt wird, gleichzeitig doch auch immer wieder eine Hoffnung, einen Zusammenhalt und eine Liebe zwischen allen Beteiligten sichtbar werden lässt.
Insofern ist, was auf der Bühne passiert, eine ambivalente Angelegenheit. Derjenige, der für das ganze Leid verantwortlich gemacht wird, scheint noch am wenigsten beschädigt zu sein, Peter Kremer spielt das Familienoberhaupt James Tyrone sogar mit einer Portion Humor, man kann ihn nicht wirklich ablehnen, auch wenn er doch als Ursache allen Übels ausgemacht werden kann. Denn er ist derjenige, der durch seinen übermäßigen Alkoholkonsum alles in Bahnen von geplatzten Träumen gelenkt hat, die von den vier großartigen Schauspielern verhandelt werden, mehr oder weniger offen und ehrlich. Da ist Tyrones Ehefrau Mary, die aufgrund ihrer Morphinsucht in ihrer eigenen Welt lebt und von Judith Rosmair in ihrer Verletzbarkeit aber auch immer noch verbliebenen Kraft beeindruckend gespielt wird, von ihren drei Männern vor allem wegen ihres Äußeren verehrt und irgendwie auch beschützt, als Süchtige aber einfach nur hingenommen wird. Ihre beiden Söhne sind ebenfalls gescheitert, was durch den Vater bzw. ihre Eltern fast schon vorprogrammiert war; während der an Tuberkolose erkrankte Edmund, gespielt von Fabian Stromberger, eher mehr oder weniger still vor sich hinleidet, macht sein Bruder James Jr., Igor Karbus, seinem Frust immer wieder Luft und erscheint daher fast als die stärkste Figur dieser Familie. Und auch, wenn er sein Leben ebenfalls nicht geregelt bekommt, findet er doch die Kraft, die Dinge offen auszusprechen, schonungslos, er selbst hat tatsächlich Leichen im Keller.
Während bis zur Pause vor allem Andeutungen das Geschehen auf der Bühne dominieren, zeitweilig die Frage im Raum steht, ob diese Themen in der Erzählart von 1957 heute noch gefangen nehmen können, nimmt die Inszenierung von Torsten Fischer in der zweiten Hälfte nochmal sehr an Fahrt auf, macht vieles wieder gut.
Das Bühnenbild haben Herbert Schäfer und Vasilis Triantafillopoulos sinnbildlich mit einem riesigen deckenhohen Spiegel ausgestattet, der die Darsteller oft schon vor ihrer Präsenz auf der Bühne sichtbar macht, er bleibt aber ohne Effekt, die Familie stellt sich nicht wirklich ihrem Spiegelbild. Auch wenn Jamie Jr. kurz vor Schluss nochmal eindrücklich mit allem abrechnet.
Die Inszenierung dieser Hassliebe wird zunehmend intensiver, am Ende nimmt sie wirklich gefangen, das Publikum applaudiert lange.