Kritik
Was an äußerer Ähnlichkeit mit Serge Gainsbourg fehlt, macht Dominique Horwitz mit seinem Habitus wett, den er sich zulegt, wenn er dem spektakulären Leben von Frankreichs beliebten Chansonnier mit seinen JE T'AIME-Abenden nachspürt; seit 2018 ist er damit erfolgreich auf Tour, derzeit wieder zu Gast im Berliner Schlosspark Theater, noch bis zum 18. Mai.
Dass der eher als Schauspieler bekannte Horwitz einen Ausflug in dieses Genre nicht zum ersten Mal macht, zeigt auch seine Annäherung an Jaques Brel, den er seit 2017 interpretiert, damit ebenfalls schon viele gute Kritiken für sich eingeheimst hat. Ausflug ist wohl auch zu lapidar gesagt, tatsächlich verausgabt sich Horwitz geradezu, wir erleben sein Alter Ego Gainsbarre leicht verroht und oft genug auch abstoßend, in zwei Stunden raucht er ohne Unterbrechung eine Packung Gitanes leer, zelebriert dies geradezu, seine leicht torkelnden Bewegungen zeugen vom starken Alkoholkonsum, er zeigt aber auch eine verletzliche Seite. Und er war er ein Musiker, der seiner Zeit voraus war und der die Provokation liebte, auch dadurch nachhaltig in Erinnerung blieb, bis er 1991 fast 63-jährig starb.
Seine Frauengeschichten bleiben auch nicht außen vor, wie auch, bestimmen sie doch den Großteil seines Lebens und inspirieren ihn auch zu dem einen oder anderen musikalischen großen Wurf. "Je t'aime", sein vielleicht bekanntester, anfangs auch umstrittenster Hit mit seiner langen Liebe Jane Birkin, der ihn endgültig berühmt gemacht hat, wird dem Publikum in mehreren Interpretationen präsentiert. Und einige Künstlerinnen werden auch durch die von ihm geschriebenen Songs berühmt, mit Juliette Gréco oder Brigitte Bardot sind nur einige zu nennen, France Gall gewann mit einem Song aus seiner Feder 1965 sogar den Grand Prix Eurovision de la Chanson.
Horwitz lässt Gainsbourgs Songs abwechseln mit Erzählungen aus seinem Leben, der Bogen spannt sich von seiner Geburt bis zu seinem Tod, die Zuschauer erfahren viel zu dieser innerlich zerrissenen Person, von dem vielleicht sein Song "Dr. Jekyll und Mr. Hyde" am ehesten Zeugnis ablegt. Langweilig wird sein skandalträchtiges Leben zu keinem Zeitpunkt.
Was aber wäre dieser Abend ohne die vierköpfige Band, der rockige Anfang stimmt schon mal gut ein in die zwei Stunden, in denen sogar die Marseillaise als Reggae-Song gegeben wird, was Gainsbourg seinerzeit Drohungen einbrachte. Kai Weiner an Klavier und Keyboard, Peter Engelhardt an der Gitarre, Johannes Huth am Bass und Volker Reichling am Schlagzeug rocken durch den Abend, verleihen ihm aber auch leise Momente.
Mit diesem Programm hat Horwitz, dessen Wurzeln ebenfalls in Frankreich liegen, Gainsbourg ein weiteres Denkmal gesetzt, er ist geradezu mit ihm verschmolzen. Und wer die französische Sprache spricht und die Chansons versteht, hat noch mehr von diesem Abend. Das Publikum dankt mit wertschätzendem Applaus ...