Zum Inhalt: Mit »Popular Mechanics« ist erstmals eine chinesische Produktion beim FIND zu sehen. Der chinesische Regisseur Li Jianjun und seine Kompanie New Youth Group, eine der wenigen freien Gruppen des Landes, die dokumentarisches Theater entwickeln, versammeln in ihrer jüngsten Arbeit in Peking lebende Nicht- Schaupieler_innen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters, um legendäre Figuren der Literatur- und Filmgeschichte auf der Bühne Gestalt werden zu lassen. Sie sind Shakespeares Hamlet, Olga aus Tschechows »Drei Schwestern« oder die Nina aus der »Möwe«, sie sprechen als Jane Eyre, Medea oder als die Held_innen aus Hongkong-Filmen. In der Überlagerung der verschiedenen Geschichten und Erfahrungen entsteht so ein eindrückliches Panorama aus individuellen Sehnsüchten und Wünschen, in dem Theater und Spiel sich sukzessive über den Alltagskosmos legen. Immer wieder lösen sich die Darsteller_innen von der eigenen Geschichte ab, gelingt für einen Bühnenmoment der Ausbruch aus dem eigenen Leben – bis buchstäblich der Wecker klingelt und sie aufwachen wie aus einem Traum.
Mit: Cui Wei, He Yanpeng, Jiang Hongna, Li Chenchuan, Li Dechi, Li Zhuo, Liu Xueli, Ma Jiandong, Shan Wancheng, Sun Yuexing, Zhang Shu
Regie: Li Jianjun Bühne: Hu Yanjun, Yang Cheng Licht: Chen Xiaji, Liu Hengzhi Video: Liu Tang Mitarbeit Regie:Yang Mingchen, Xiao Jing Dramaturgie: Hong Tianyi, Huang Bing Film: Luo Chuhui Sounddesign: Xu Bo Inspizienz: Gao Jing Produzent: Wang Qingyang
''Vieles bleibt schwer dechiffrierbar an diesem Abend – doch eines wird immer deutlicher: Gegen das Leben der kruden Realitäten und kranken Alltagswirklichkeit, des Profits, des unkalkulierbaren Fortschritts (symbolisiert durch die Bilder des in Windeseile hochgezogenen Gebäudes zu Beginn) behauptet sich das Theater, die Welt der Träume, der Sehnsüchte, der besseren Wahrheit. Zwei Welten stehen in Opposition zueinander. Konkreter wird es nicht – darf und muss es für chinesische Zuschauer in Peking vermutlich auch nicht.
Aus ihrem Kontext gerissen kann man eine solche Produktion in Deutschland kaum einschätzen oder bewerten – darin offenbart sich das Problem eines internationalen Festivals. Nach knapp zwei Stunden respektvoller Applaus – doch anders als bei den bislang häufig zugänglichen, fast didaktischen dokumentarischen Gastspielen des FIND bleibt man hier ziemlich ratlos zurück.'' schreibt Barbara Behrendt auf kulturradio.de
Zwölf Akteur*innen sitzen in einer langen Reihe auf Klappstühlen. Eine*r nach dem anderen tritt nach vorne, stellt seine/ihre Biographie in kurzen Schlaglichtern vor und performt anschließend einen kleinen Schnipsel. Dieses Sammelsurium reicht von einer Tanz-Einlage aus „La La Land“ über mehrere Fragmente aus „Hamlet“ oder Tschechow-Klassikern bis hierzulande kaum bekannten chinesischen Filmen und Stücken.
Bevor sie wieder in Reih und Glied verschwinden, haben sie oft noch einen kurzen Small-Talk, was sie zu diesem Projekt brachte. Das hat laienhaften Charme und in seltenen Fällen auch etwas Witz, wenn z.B. ein Spieler, der sich als Fußball-Fan vorstellt, über ein Schaubühnen-Gastspiel im Pekinger National Theater lästert.
Der mit 105 Minuten zu lang geratene Abend wird von Video-Einspielern und weiteren, nur vom Blatt gelesenen Stück-Fragmenten Berliner Gäste eingerahmt. Wegen des geringen Unterhaltungswerts und Erkenntnisgewinns blieb der Beifall nach diesem Gastspiel im Gegensatz zu „Paisajes para no colorear“ oder „Trans (més enllà) sehr verhalten.
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