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Der eingebildete Kranke ist eines der berühmtesten Theaterstücke Molières und sein letztes Werk; das Interesse, es zu spielen, schwindet dementsprechend nicht, seit es im Februar 1673 in Paris uraufgeführt wurde, auch hat es an Aktualität nicht verloren. Zumindest was die Darstellung der menschlichen Beziehungen angeht, die die einzelnen Protagonisten zueinander pflegen mitsamt aller ihrer mehr der weniger offensichtlichen Absichten.
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Da kann man von Glück sagen, dass auch das ehemalige Hexenkessel/jetzt Hexenberg-Ensemble sich dieses Stoffes schon vor gut 10 Jahren angenommen hat, steht Hausregisseur Jan Zimmermann doch für diese ganz spezielle Art von Inszenierung, die das Original durchaus wiedererkennen lässt, sich jedoch die Freiheit für Veränderungen nimmt. Die dann aber ganz und gar im Dienste der kurzweiligen Unterhaltung stehen, nie den Fokus verlieren, den Schauspielern bis in die kleinste Nebenrolle ein dankbares Spiel verschaffen und immer bzw. vor allem die Komik im Blick behalten, die gern und glücklicherweise ein bisschen drüber ist, eben ganz in Zimmermann´scher Manier.
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So erhalten in dieser Inszenierung, die am 11. Februar in der nicht mehr ganz so neuen Spielstätte im Pfefferberg Theater angelaufen ist, die Charaktere neben der Hauptfigur des eingebildet Kranken Argan ein impulsives Eigenleben, es wird schnell deutlich, dass Tochter und Ehefrau samt ihrer Geliebten und die Hausangestellte Toinette, die Doktoren etc. nicht nur dem Hypochonder dienen, sondern durchaus eigene Daseinsberechtigungen haben. Alles im Dienste der Geschichte, die auf diese Weise mindestens so interessant erzählt wird wie bei einer rein klassischen Inszenierung. Aber es macht einfach Spaß, z.B. Friederike Nölting als Ehefrau – hier mal eben, aber äußerst passend in Galantine umgetauft – ganz speziell habgierig intrigant oder Carsta Zimmermann sowohl als Hausangestellte ungewöhnlich ungerührt als auch als Neffen des Doktors, ja, es gibt wieder Doppelrollen, erfrischend grenzdebil zu erleben. Oder auch Andreas Klopps Spiel in drei ganz unterschiedlichen Rollen zu folgen … Matthias Zahlbaum gibt den eingebildeten Kranken nicht zu unappetitlich, man schaut seinem Mienenspiel gern zu, er füllt die Rolle des krankhaft Kranken auf fast charmante Weise aus.
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Auch sprachlich überzeugt die Inszenierung immer wieder, etwa wenn sich Toinette zur Verliebtheit von Argans Tochter mit „Seit Tagen platzt sie, wenn sie von ihm schweigt“ äußert oder wenn sich Argan beim Auftritt seiner Tochter (Lena Schmock) im Punk-Look die Frage „Spielt sie im selben Stück?“ stellt, da alle anderen Darsteller barock kostümiert sind. Das Bühnenbild ist klinisch, aber nicht steril, spielt mit einer Schattenwand. Musik kommt auch nicht zu kurz, Friederike Nölting eröffnet den Abend mit einer schrägen Gesangsnummer und auch Lena Schmock greift zwischendurch zum Mikro, singt original französisch. Auch der Tod in persona bekommt seinen Auftritt, ist er doch so oder so indirekt immer dabei. Der Inszenierung krankt es jedenfalls an rein gar nichts, im Gegenteil, sie sprüht vor Leben ...