Kritik
Seit meinem letzten Besuch auf dem Pfefferberg, damals wegen einem Rockclub, der sich irgendwo im hinteren Bereich des Areals befand, ist augenscheinlich sehr viel mehr Zeit vergangen, als ich gedacht hatte. Alles ist mittlerweile komplett renoviert und ausgebaut, hat einen neuen und sehr viel schickeren Anstrich bekommen. In den majestätischen Bäumen vor dem bekannten Restaurant Tauro hängen bunte Leuchtbälle, der Gastraum der an das Theater anschließenden Brauerei ist gut gefüllt. Kein Vergleich zu dem eher maroden, recht leeren Platz, den ich in Erinnerung hatte.
Das Theater selbst hat hübsche, bequeme Plüschsitze und man hat von überall (freie Platzwahl) einen sehr guten Blick auf die kleine Bühne. Diese ist für die Vorstellung von „Der Geizige“ wie ein etwas in die Jahre gekommenes Puppenhaus ausgestattet mit einstmals prächtigen gestreiften Tapeten, die nun von der Wand fallen. Auch das Plüschsofa hat schon bessere Tage gesehen. Flecken auf der Tapete erzählen von bereits lange verkauften Gemälden.
Und gleich zu Beginn wird uns der Charakter der Hauptperson, Harpagon, der Geizige ( Christoph Bangerter ) sehr deutlich gemacht: bei flackerndem Licht, als würde man einer uralten Filmvorführung zusehen, stolpern die Akteure wie aufgezogen über die Bühne und Harpagon hängt an alles ein Preisschild. Selbst die geliebten Spielzeuge seiner Kinder bekommen ein Schildchen, die Gefühle seiner Kinder lässt er dabei vollkommen außer Acht. Dabei haben seine Kinder doch just ihre Gefühle entdeckt! Elise hat dem Verwalter des Vaters, Valére ( Vlad Chiriac ), die Ehe versprochen. Und Söhnchen Cléante ( Andreas Klopp ) hat die neue Nachbarin Marianne ( Friederike Nölting ) zwar erst ein einziges Mal gesehen, ist aber trotzdem bereits in Liebe entbrannt und plant, die Holde zu ehelichen. Dumm nur, dass keines der Kinder mit den Plänen des Vaters rechnet. Der hat nämlich bereits lukrative Ehen für seine beiden Sprösslinge ausgehandelt und will die Geschäfte nun schnell über die Bühne bringen, um auch selbst wieder in den Hafen der Ehe schiffen zu können – mit niemand anderem als der schönen jungen Marianne!
Der Hausdiener ( Torsten Schnier ) mischt sich ein um Cléante behilflich zu sein, Frosine ( Carsta Zimmermann ), eine Heiratsvermittlerin, hat ihre ganz eigenen Pläne. Und schon geht ein wilder Gefühlsreigen los, der sich eigentlich vor allem um eins dreht: das liebe Geld!
Wilde Jagden über die Bühne, gekonnte Slapstickeinlagen, überraschende Einbeziehung des Publikums: die Pfefferberg-Version des Moliérestoffes ist rasant, aktuell und witzig. Kompakt auf etwa 75 Minuten herunter gebrochen, ein schöner Spaß mit durchweg grandiosen, sehr farbenfrohen Kostümen und spielfreudigen Akteuren. Sehr zu empfehlen, ins Pfefferberg Theater werde ich jetzt auf jeden Fall häufiger gehen.
©Nicole Haarhoff