Zum Inhalt: Wenige Jahre vor dem Aufmarsch der Nazis in Deutschland schreibt Krenek eine Fantasie über einen Diktator, dem niemand wirklich gewachsen scheint. Der Diktator ist mit seiner Ehefrau Charlotte im Erholungsurlaub, während Maria, die Frau eines kriegsversehrten Offiziers, ein Attentat auf den erneut kriegsführenden Diktator plant und schließlich an ihm scheitert. Krenek schrieb diese »blutige Mordgeschichte aus dem Privatleben eines zeitgenössischen Diktators«, um vor dem wachsenden Faschismus in Europa und seinen populistischen Wirkungsweisen zu warnen. 92 Jahre später fragt die junge Regisseurin Ariane Kareev nach den heutigen Zusammenhängen von Manipulation und Verführung in der Politik und im Privaten. Machtdemonstration, Freiheit, Begehren, Verzweiflung, Rache und Verführungskunst stehen sich gegenüber. Sie nutzt das selten gespielte Werk Kreneks als historische Gegenfolie, für ihre Diplominszenierung eingerichtet vom Komponisten Jörg Gollasch (Kompositionen für das Wiener Burgtheater, Hamburger Schauspielhaus u. a.).
Mit: Sotiris Charalampous, Lawrence Halksworth, Eva Maria Nikolaus und Isabel Reinhard sowie Maria Franz und Jan-Einar GrohKomposition: Viktor Ullmann/ Malte Giesen
''Für Verismo benötigt man große Stimmen. Allerdings nicht in der "Besenkammer" der Neuköllner Oper. Denn wir befinden uns im kleinen Haus mit weit unter 99 Plätzen. Lawrence Halksworth und Eva Maria Nikolaus singen fast mit zu lauter Stimme. Wofür sie persönlich nichts können. Es ist Spiegel der Tatsache, dass junge Sänger heute zu sehr auf vokales Durchkommen und Aufdrehen gedrillt werden. Das größere Problem: Eigentlich singt nur der Gegenspieler, Sotiris Charalampous, wirklich textverständlich.
Man sagt gern, die Spielfreude heutiger Sänger sei viel größer geworden als früher. Was auch zutrifft. Auf der Wippe, die zu einem Hochplateau mit Sprungturm führt, singen die Mitwirkenden virtuos in jeder Körperhaltung. Nur ist der Gesang völlig illiterat geworden. Man versteht die Geschichte nicht.
So droht dieser "Diktator", so schön die Absicht ist, zeitweilig am Diktat des zu lauten, zu textunverständlichen Singens zu scheitern. Diktat ist, auch in der Kunst, eben grundsätzlich von Übel.'' schreibt Kai Luehrs-Kaiser auf kulturradio.de
''Der Komponist Jörg Gollasch hatte eine Fassung für Klavier (Walewein Witten), Violoncello (Maria Franz) und Schlagwerk (Jan-Einar Groh) erstellt und dementsprechend eingerichtet. Sie klingt transparent und tut dem Ohr nicht weh. Auch wiegt sie das Zusammenspiel, um nicht zu sagen den "Zusammenhalt", mit den vier wie im Krenek'schen Original agierenden GesangssolistInnen harmonisch aus. Derart gewinnt dann auch die allgemeine Textverständlichkeit, obgleich es - um dem Text dann noch etwas gezielter auf den Grund gehen zu können - wünschenswert gewesen wäre, simultane Obertitel mitzulesen... Es gab ein paar zielführende Einsprengsel, die für die Sprechstimmen gedacht gewesen waren (fremdsprachige Rede-Auszüge?) oder gelegentliche Einwürfe zum Thema Populismus oder so.
Selbstredend blieben Lawrence Halksworth (als Diktator) und Eva Maria Nikolaus (als Charlotte) wie auch Sotiris Charalampous (als Offizier) und Isabel Reinhard (als Maria) - ungeachtet all der zusätzlichen Text-Hinzutuung - ihren originären Rollendarstellungen nichts, aber auch gar nichts schuldig!!!!
Ariane Kareev führte Regie, und Lina O. Nguyen baute die Bühne - mit der tollen Wippe. Gut gemachtes Kammermusik-Theater.'' schreibt Andre Sokolowski am 8. November 2018 auf KULTURA-EXTRA