Zum Inhalt: Der Stillstand ist eine Synkope, an der das Private das Gesellschaftliche berührt. In seiner Leere und Bedeutungslosigkeit schwebt die Erwartung an etwas Neues, Größeres, das dieses Vakuum füllen könnte. Er lenkt unseren Blick auf das Kommende. Der Abschied als Abgesang auf die Körper, die Zustände, die Heteronorm, auf alles, ist die Einleitung dessen, was uns eigentlich interessieren muss: die Zukunft. Der Abschied als ein Schlusspunkt, der Beginn jeder guten Geschichte. Thematisch passend zum Abschluss der Saison, markiert die neue HAU-Produktion von und mit Benny Claessens und Gästen einen weiteren Schritt in der engen Zusammenarbeit.
Mit Melanie Jame Wolf, Rob Fordeyn, Shiori Tada, Parisa Madani
Am gestrigen zweiten Abend von „The Last Goodbye/Vibrant Matter“ klafften schon zu Beginn sehr viele Lücken im Publikum. Der Saal leerte sich schnell weiter und das völlig zurecht: dieses Realität gewordene Klischee eines Quältheaters, das sich hinter seiner nervtötend zur Schau getragenen Ironie verschanzt, ist eine Zumutung fürs Publikum. Mit einem freundlichen „Hi“ begrüßen die Performerinnen und Performer die wenigen Zuschauer, verabschieden sich sofort wieder und gefallen sich im weiteren Verlauf des Abends in demonstrativer Spielverweigerung.
Esprit, großes Drama, spannende Charaktere, gelungene Kabinettstückchen, gute Unterhaltung: all das boten gestern Abend nur Antoine Griezmann, Kylian Mbappé, Lionel Messi, Cristiano Ronaldo, Edinson Cavani. Wer sich statt der Fußball-WM ins HAU aufmachte, wurde mit einem furchtbaren, grottenschlechten Theaterverweigerungs-Abend bestraft. Die Spielzeit erlebt zum Abschluss ihren Tiefpunkt.
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''Stillstand, Abschied, Trauerarbeit, The Last Goodbye spielt da durchaus mit gesellschaftlichen Umbrüchen, die sich vor allem auch im Privaten spiegeln. Die Performance im ersten Teil des Abends wirkte in ihrer zunächst recht sparsamen Körperlichkeit auch recht privat und anrührend, konnte im meist vernebelten Bühnenlicht aber nicht viel aus dieser Ausgangssituation herausholen.
Für das sich anschließende Tanztheater lassen sich allerdings kaum Worte finden. Zunächst noch mit ein paar zaghaften Pop-Anleihen u.a. von den britischen Indie-Pionieren von The Smiths schwenkte der Abend musikalisch schließlich doch noch in eine vierzigminütige aufwallende Synkope. Dass sich Claessens für seine Tanzperformance Terry Rileys 1964 entstandene Komposition In C ausgesucht hatte, grenzt allerdings schon an Größenwahn, für den man im positiven Sinne den Extremschauspieler auch liebt. Jedoch bei derart dilettantischem Ausdruckstanz wurde dieser Klassiker der Minimalmusik nur noch zur weiteren Qual. So malträtiert verlor der Abend schon zur Pause fast ein Drittel des Publikums.'' schreibt Stefan Bock am 1. Juli 2018 auf KULTURA-EXTRA