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Maxim Gorki Theater
www.gorki.de
Am Festungsgraben 2 - 10117 Berlin
Telefon: 030 202210
SPIELPLAN & KARTEN

Café Populaire Royal

Bewertung und Kritik zu

CAFÉ POPULAIRE ROYAL 
von Nora Abdel-Maksoud
Regie: Nurkan Erpulat 
Premiere: 21. November 2024 
Maxim Gorki Theater, Berlin 

Zum Inhalt: »Das Thema des heutigen Abends ist Klassismus, ja, nicht Klassizismus«. Das ist so ein typischer Nora-Abdel-Maksoud-Satz. Ihre Texte The Making-OfThe Sequel und Rabatt laufen und liefen mit großem Erfolg am Gorki. Aber von Abdel-Maksouds bitterbösem Humor kann man nicht genug bekommen. Und so wird es höchste Zeit, auch ihr Erfolgsstück Café Populaire in einer eigenen Berliner Fassung – deswegen Royal! – zu zeigen. Vier Figuren, die nichts Geringeres versuchen, als »Humornistisch« – auch so eine Abdel-Maksoudsche Wortschöpfung aus Humor und Humanismus – zu bleiben.

Da ist Svenja, die als Künstlerin mit Bildungsbürgerhintergrund prekär lebt und sich als Hospizclown über Wasser hält. Püppi, altlinke Salonkommunistin, ist Bewohnerin des Hospizes und sucht nach dem Tod ihres Mannes einen neuen Betreiber für die »Goldene Möwe«, eine Kneipe mit Kleinkunstbühne und der ferne Traum Svenjas. Was läge näher, als Svenja die »Möwe« übernehmen zu lassen? Hier kommen die anderen beiden Figuren ins Spiel. Aram, »Dienstleistungsproletarier« mit Migrationshintergrund, tritt in den Ring im Kampf um das Erbe. Aber ist er wirklich so bedürftig, wie er sich gibt?

Ein richtiger Arbeiter soll die »Goldene Möwe« bekommen. Das möchte Püppi. Aber gibt es die überhaupt noch? Und dann ist da ja auch noch der Don, der Vierte im Bunde und technisch gesehen ein Teil von Svenja. Er ist Erzähler, Kommentator und ihre böse neoliberale Abspaltung und sagt all das, was sie, was wir uns trotz unserer vermeintlichen Weltoffenheit oft denken, aber nicht trauen zu sagen. Café Populaire Royal geht mit viel Witz und Esprit ans Eingemachte und hinterfragt auch uns in unserer Moral und Gewissheit, die Guten zu sein.

3.0 von 5 Sterne
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Klassismus-Farce-Zweitverwertung und Bilanz postmigrantischen Theaters
1 Monat her.
Kritik

Sechs Jahre nach der Uraufführung inszeniert Abdel-Maksoud nicht selbst, sondern Gorki-Hausregisseur Nurkan Erpulat, wie die Autorin ein langjähriger Weggefährte von Intendantin Shermin Langhoff schon seit Ballhaus Naunynstraße-Zeiten vor knapp zwei Jahrzehnten. Auch in seiner Inszenierung zeigen sich die Stärken und Schwächen der Komödie, die schon beim Uraufführungs-Gastspiel deutlich wurden. „Café Populaire“ hat eine witzige Grundidee und ein paar schöne Punchlines, verliert sich aber zu oft in Kalauern und die zweite Hälfte zerfasert. An stärkere Texte der Autorin wie „Jeeps“ reicht es nicht heran.

Am Gorki ist aber nicht nur ein Aufguss der Klassismus-Farce zu sehen, sondern eine aktualisierte und ergänzte Neufassung, die den Titel „Café Populaire Royal“ trägt. Was ist neu an dieser Berliner Fassung? Zunächst zahlreiche Anspielungen auf Lokalkolorit, auf den Umbruch in Mitte, das seit Underground-Parties im Tacheles der 1990er Jahre kaum wiederzuerkennen ist, auf die Gentrifizierung im Schillerkiez, und auf Mariendorf, jwd am Ende der U6, als neuer Schauplatz der Zürcher Satire. Eine neue Background-Story bekommt Püppi (Çiğdem Teke), die hier eine Revoluzzerin mit Rollator und Rote Zelle Germanistik-Vergangenheit in der Rostlaube der FU Berlin ist. Als Running gag wird immer wieder eine fiktive 10. Klasse aus der Gropiusstadt im Publikum angesprochen. So weit, so amüsant.

Das Interessanteste an dieser Neufassung ist jedoch erst während der Proben hinzugefügt worden. Teke, die 2015 von den Münchner Kammerspielen kam und somit die erfahrenste Gorki-Protagonistin des Abends ist, tritt aus ihrer Rolle und zieht eine düster-wehmütige Bilanz des postmigrantischen Theaters. Senator Joe Chialo verkündete vergangene Woche die Nachfolge für Intendantin Shermin Langhoff, die 2026 nach 13 Jahren weichen soll. In einem Monolog voller Hamlet-Anspielungen spricht Teke über die Aufbruchseuphorie der frühen Jahre und die Ohnmacht angesichts des Rechtsrucks und der Remigrationspläne. Diese Minuten sind voller Wehmut und Abschiedsstimmung, sie reflektieren den gesellschaftlichen Gegenwind und die Stimmung im Ensemble. Schon für diesen Monolog lohnt sich der Besuch der ansonsten recht harmlosen Klassismus-Typenkomödie-Zweitverwertung, die dank der Ergänzungen und Aktualisierungen 20 Minuten länger ist als das Original.

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