Premiere: 10. April 2022 Maxim Gorki Theater, Berlin
Zum Inhalt: Was passiert eigentlich, wenn man in diesem Land stirbt und kein Geld für die Beerdigung da ist? Klar, niemand will sich wirklich darüber Gedanken machen. Aber was für Möglichkeiten bleiben denn für diese letzte Reise? Stichwort: Sozialbestattung.
Nach The Making-Of und The Sequel ist Nora Abdel-Maksoud zurück am Gorki. Für ihre neue Komödie widmet sich die Regisseurin und Autorin einmal mehr den Absurditäten, die die Verteilungslage unserer Gesellschaft hervorruft. In einer, immer wieder schräge Volten schlagenden Handlung, wirbelt sie ihre Hauptfigur, eine erfolgreiche Journalistin, von Berlin ins »Valley«, einem unverschämt reichen Dorf vor den Toren der Stadt. Hier regiert der Undertaker, Discountbestatter, Visionär, und bisher geltende Gewissheiten scheinen sich umzukehren. Aber was haben Wasserrohre mit all dem zu tun und wer bezahlt das eigentlich alles?
Regie: Nora Abdel-Maksoud Livemusik: Band Chuckamuck Bühne: Moïra Gilliéron Kostüme: Katharina Faltner Musikalische Leitung: Tobias Schwencke Dramaturgie: Johannes Kirsten Dramaturgische Beratung: Eva Bay, Nora Haakh
Hochgeschwindigkeits-Comedy zu Klassismus und linker Identitätspolitik
2 Jahre her.
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Kritik
Königin des Abends ist Orit Nahmias: ihre Figur ist am präzisesten ausgearbeitet und mehr als eine Karikatur. Sie spielt die fiktive Publizistin Dena Grigorova, die sich mit ihren Krawallbüchern und ein paar polemischen Talking Points einen Stammplatz in den Talkshow-Sesseln erarbeitet. Mit ihrem Gejammer über einen angeblich „verengten Meinungskorridor“ treibt sie ihre Karriere zielstrebig voran, kann aber selbst nicht mal erklären, was sie mit diesem Schlagwort eigentlich genau meint, wie Nahmias ins Publikum grinst. Etwas dünn und krude wird der Plot nach dieser schönen Exposition im weiteren Verlauf des Abends.
n seiner Konzeption ist die neue Berliner Inszenierung leider nicht so stringent wie das Münchner Vorgängerstück „Jeeps“, dennoch bietet das fünfköpfige Ensemble einen unterhaltsamen, kurzweiligen Abend. Wie üblich führte die Autorin Nora Abdel-Maksoud auch selbst Regie.
„Rabatt“ ist jedoch gelungener und weniger banal als „Operation Mindfuck“, das Yael Ronen/Dimitrij Schaad mit fast denselben Spieler*innen erarbeiteten. Peter Laudenbach brachte es in seiner SZ-Besprechung „Billiger sterben“ gut auf den Punkt: „der Abend ist eher Frontal-Comedy als Theater, aber immerhin ist es intelligente Comedy.“
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''Ist Würde käuflich erwerbbar? Gibt es eine Leistungsgerechtigkeit, wenn Grabkosten unbezahlbar werden und Ruhezeiten allzu bald abgelaufen? Nora Abdel-Maksoud ist eine Meisterin kurzweiliger, überraschender Komödien mit schrägen Figurenkonstellationen und pointenreicher Situationskomik, wie in The Making of (2017). Die Autorin und Regisseurin behandelt in ihrer jüngsten bitteren Komödie Rabatt höchst eindrücklich unbezahlbare Kosten des eigenen Todes für Menschen, die kein Geld haben.
Die schwarzhumorige Satire Rabatt changiert über mediale und gesellschaftliche Erscheinungsformen unserer Zeit, ohne klare Position zu beziehen. Es wird eine Empörung über Deprivation, Armut, Ignoranz und eine Ungleichheit im Leben deutlich, die sich bei der Bestattung fortsetzt. Rabatt problematisiert auch ordnungsbehördliche anonyme Gruppenbestattungen in Aschekapseln ohne namentliches Grab. Weiterhin geht es um schnelle Beerdigungen von Menschen ohne Angehörige, um Kühlkosten zu sparen, und allgemein um das Thema, dass die Lebenserwartung von Menschen in Armut deutlich geringer ist als von wohlhabenderen Menschen. Hervorzuheben ist neben einem überraschenden Auftritt der Punk-Band Chuckamuck noch Moïra Gilliérons wirkungsvolles Bühnenbild, das lange Gänge symbolisiert und gegen Ende durch räumliche Verschiebungen erfrischende Akzente setzt.'' schreibt Ansgar Skoda am 29. August 2022 auf KULTURA-EXTRA