Zum Inhalt: Henrik Ibsens Drama Nora oder ein Puppenheim handelt von einer Beziehung, von einer Familie, die in die Brüche geht, weil die Protagonist*innen Nora und Torvald nicht in der Lage sind, offen miteinander zu sprechen. Es sind gesellschaftlich-systemische, intime und ökonomische Abhängigkeiten, die es ihnen unmöglich machen. Bis kurz vor Schluss, als Nora ihren Ehemann konfrontiert, die ersten direkten Worte fallen und sie letztlich ihre Familie verlässt – hinein in eine unsichere Zukunft.
Regisseurin Leonie Böhm arbeitet mit Hilfe der Neuaktivierung klassischer Texte am direkten und offenen Miteinander, in dem die Akteur*innen ermächtigt sind, Verantwortung für ihr Sprechen und Handeln zu übernehmen. In ihrem Gorki-Debüt stellt sie gemeinsam mit den Schauspielerinnen Svenja Liesau und Julia Riedler die Frage, was hilft, wenn das Miteinander vergiftet ist – nur weg hier oder alles versuchen, dass sich das Wunderbare vielleicht dochereignet?
Regie: Leonie Böhm Bühne: Zahava Rodrigo Kostüme: Magdalena Schön, Helen Stein Dramaturgie: Tarun Kade, Clara Probst
Leonie Böhm reduziert Ibsens Drama auf eine Gegenwarts-Transformation für schlichte Gemüter
3 Jahre her.
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Kritik
''Als Schulvorführung eignet sich die Performance also eher nicht. Das ist auch nicht die Absicht der Regisseurin, sondern die Transformation des klassischen Textes in die Gegenwart, wie es im Programmheft heißt. Die Bühne als hoffnungsvoller „Soft-Space“, in dem man Gefühle, Verletzungen, Angst und Schwäche zeigen kann. „Ich bin in der Gewalt unkontrollierbarer Gefühle“, drängt es aus Riedler heraus. Ein bisschen Romantik versprüht sie noch als „Elfe im Mondschein“. „Zwei Schiffbrüchige auf einem Wrack“, das ist als Fazit ehrlicher. Die beiden gehen auch mal in den Körper-Clinch. Sie lieben und sie schlagen sich. Als Paartherapie mag das durchgehen. Nur nimmt man den beiden diese Wechsel zwischen Verzweiflungsfuror und Schmusekurs nicht ab.
Da machen sich die beiden fast buchstäblich nackig, um sich am Ende fünf Minuten lang in den Armen zu liegen. Es gibt noch ein Brautstraußwerfen, Rockiges und Schmusemusik mit Dido. Das soll emotional berühren. Die bedingungslose Wiederannäherung bleibt aber bloße Behauptung, wird verkaspert mit Riedlers angedeutetem Flötenspiel als Schlangenbeschwörung, um die sich in einer auf der Bühne liegende Stoffschlange verschanzte Lisau aus der Schmollecke zu holen, oder mit einer Liebeserklärung von Lisau an Riedler als Pinguin. Da wird viel „Magic“ mit der Nebelmaschine gemacht, der Vorhang mit dem Doppelportrait heruntergerissen und mit Luft aus der Windmaschine gefüllt. Der Stoff bläht sich, die langatmige Leere aber auch. Das ist dann doch etwas zu unterkomplex. Eine Ibsen-Transformation für schlichte Gemüter und geistige Verarmung des Theaters, wie man sie so schon lange nicht mehr gesehen hat.'' schreibt Stefan Bock am 14. September 2021 auf KULTURA-EXTRA