DIE NASE von Dmitri Schostakowitsch nach Nikolai Gogol
Regie: Herbert Fritsch Premiere: 27. November 2021 Theater Basel
Zum Inhalt: Als Kollegienassessor Platon Kusmitsch Kowaljow eines Morgens erwacht, ist etwas anders. Beim Blick in den Spiegel bemerkt er, dass er keine Nase mehr hat. Sie scheint durch die Gegend zu spazieren, was bald die gesamte Stadt in Aufruhr versetzt. ‹Die Nase› ist eine bissige Satire über die Hysterisierung einer Gesellschaft. Die Musik des 22-jährigen Dmitri Schostakowitsch ist überbordend, ideenreich und voll von groteskem Humor. Regisseur Herbert Fritsch widmet sich, nach seiner Inszenierung von Richard Strauss’ ‹Intermezzo›, abermals einer Oper der experimentierfreudigen 1920er/1930er Jahre.
Mit: Martin Baumeister, Boguslaw Bidzinski, Michael Borth, Karl-Heinz Brandt,, Kyu Choi, Emily Dilewski, Jasmin Etezadzadeh, Inna Fedorii, Sonja Goltz, Georgia Knower, Flavio Mathias, Evelyn Meier, Vuyani Mlinde, Andrew Murphy, Eckhard Otto, Marco Pobuda, Jasin Rammal-Rykała, Constantin Rupp, André Nicolas Schann, Donovan Elliot Smith, Peter Tantsits, Vladimir Vassilev, , Hubert Wild, Frauke Willimczik und Vivian Zatta (in alphabetischer Reihenfolge)
Musikalische Leitung: Clemens Heil Inszenierung und Bühne: Herbert Fritsch Bühnenbildmitarbeit: Andrej Rutar Kostüme: Victoria Behr Lichtdesign: Roland Edrich Chorleitung: Michael Clark Dramaturgie: Roman Reeger
''Solchem Unbill war Herbert Fritsch zum Glück nicht ausgesetzt. Er konnte leibhaftig in der Stadt der schönsten Fasnacht, die ihm in vielfacher Hinsicht taugen müsste, arbeiten. Und es erweist sich, dass er mit der Nase einen formidablen Griff getan hat. Gogols Vorlage von der Nase, die sich selbstständig macht und ihren Eigentümer damit in Schwierigkeiten bringt und die Karfkas Verwandlung ebenso vorweg nimmt wie die absurde Dichtung des 20. Jahrhunderts, ist für Fritsch wie geschaffen. Zugegeben: wer seine früheren Inszenierungen kennt, entdeckt mancherlei Vertrautes wieder. Fritsch greift auf sein Arsenal von Theatermitteln zurück, auf schräge Körperhaltungen, komische Tableaus, stilisierte Gänge, zappelige Kunstfiguren. Wer Dokumente der russischen Avantgarde, des Theaters von Meyerhold und Wachtangow kennt, weiß, woher sich Fritsch manche Anregungen geholt hat. Manche Einfälle werden, wohl unter dem Diktat der Musik, ausgewalzt. So verschwinden Männer, wie von einem Staubsauger weggesaugt, in den Spalten des in sich verschachtelten knallbunten Bühnenbilds, tauchen wieder auf und verschwinden erneut. Alles ist in ständiger Bewegung, und den Sänger*innen wird viel abverlangt, wenn sie auch noch singen sollen.
Und die Musik, die, noch unberührt von den Einschränkungen durch einen dogmatischen Sozialistischen Realismus, moderner klingt als spätere Kompositionen von Schostakowitsch? Sie fällt der spektakulären Inszenierung partiell zum Opfer. Das Visuelle nimmt die Aufmerksamkeit für sich in Anspruch, auf Kosten des Orchesters im Graben. Das ist ungerecht. Aber so ist das halt, wenn Oper mehr sein will als Gesang an der Rampe.'' Thomas Rothschild am 1. Februar 2022 auf KULTURA-EXTRA