Regie: Ersan Mondtag Premiere: 29. September 2024 Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Eingeladen zum 62. Berliner Theatertreffen (2025)
Zum Inhalt: Auf den ersten Blick, scheint die Beziehung zwischen Connor und Felix ganz gut zu laufen. Doch jetzt ereilen Missbrauchsvorwürfe den berühmten Filmproduzenten Felix. Connor muss sich entscheiden, ob er weiter zu ihm hält. Dabei ahnt noch niemand, dass Connor ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit mit sich trägt. Sam Max hat als Auftragswerk für das Hessische Staatstheater Wiesbaden einen surrealen Thriller geschrieben in dem sich die Lebenswege mehrerer Figuren auf dramatische Weise kreuzen.
Ein Penthouse in New York, fantastische Designerklamotten, ein erfolgreicher Freund in der Filmbranche und nun endlich der Auftrag für die Innenausstattung einer Villa – es scheint, als hätte Connor alles erreicht. Wären da nicht die Vorwürfe gegen seinen Freund Felix: Ein Ex-Partner behauptet, Felix hätte ihn betäubt und Organe entnommen. Die Geschichte katapultiert Connor zurück in seine Kindheit, in einen dunklen, feuchten Kellerraum. Hier wartet er mit seinem imaginären Freund Eric darauf, dass sein Adoptivvater mit der Arbeit im oberen Stockwerk fertig wird. Als einzige Lichtquelle dient den beiden das kleine Konsolenspiel „Double Serpent“ – eine hungrige Schlange, die kleine, blinkende Pixel verschlingt bis sie so weit herangewachsen ist, dass sie den Rahmen des Bildschirms sprengen müsste. Doch sie beginnt damit, sich selbst aufzufressen.
Inszenierung: Ersan Mondtag Bühne: Alexander Naumann Kostüme: Teresa Vergho Musik: Benedikt Brachtel Video: Luis August Krawen Licht: Rainer Casper/Steffen Hilbricht Dramaturgie: Till Briegleb
''Das Stück erzählt die Geschichte des jungen Innenarchitekten Conner (Lasse Boje Haye Weber), der eine schwule BDSM-Beziehung mit dem älteren Filmproduzenten Felix (Timur Frey) führt. Als dieser von einem Ex-Partner des Missbrauchs beschuldigt wird, fühlt sich Conner in seine Kindheit zurückversetzt, die er im Safe House seines Adoptivvaters (Felix Strüven) verbracht hat. Um die illegalen Organentnahmen an armen jungen Männern für reiche Klienten zu verbergen, sperrte Fake Dad Conner in den Keller, wo der Junge mit einem fiktiven Freund Eric (Jonas Grundner-Culemann) das Computerspiel Double Serpent (Doppelschlange) spielte. Nun verschwimmen Zeiten, Orte und Figuren. Was ist Trauma, Realität oder Spiel? Mondtag erzeugt mit Sounds, Bühnennebel und Lichtwechseln Stimmungen und etwas Spannung, die dem Text von Sam Max eigentlich fehlt.
Natürlich spielt das Stück auch auf den Unterschied zwischen arm und reich, Straße und Penthouse an. Der Hausmeister Eric (wieder Jonas Grundner-Culemann), den Conner zum Sex in das Appartement von Felix einlädt, muss als Zeichen seiner Herkunft berlinern. Das wirkt etwas belustigend, wie auch der etwas ungelenke Sex der beiden. Hier finden die beiden zeitlichen Ebenen endlich in einer albtraumhaften Szene mit Ku-Klux-Klan-ähnlichen Zipfelmützenmännern zusammen. Inszenatorisch wird dabei plötzlich sehr viel aufgefahren, bis das Ganze dramatisch wieder abflacht. Der genrehafte Crime-Plot soll durch das düstere Ambiente des Raums verstärkt werden. Die Darstellung von Gewalt wird hier aber zum rein ästhetisches Theatervergnügen, das man nicht unbedingt teilen muss.'' schreibt Stefan Bock am 18. Mai 2025 auf KULTURA-EXTRA
Hermetische Installation treibt Zuschauer zum Ausgang
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Kritik
Dieser Abschluss-Inszenierung der 10er Auswahl des Theatertreffens eilte schon seit Monaten ein Ruf voraus. Scharenweise flieht das Publikum des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden aus Ersan Mondtags „Double Serpent“, mit dem Dorothea Hartmann und Beate Heine im vergangenen Sommer ihre Intendanz antraten.
Dieser massive Publikumsschwund wiederholte sich auch während der beiden Vorstellungen im Haus der Berliner Festspiele: genervte Zuschauer zwängten sich durch die Reihen und versperrten das Blickfeld auf Alexander Naumanns Bühne, deren Albtraum-Setting zwischen Giftgrün und Modergrau mäanderte.
„Double Serpent“ ist mehr bildende Kunst/Installation als lebendiges Theater, von Minute eins an tut die Inszenierung nach Kräften alles, das Publikum auf Distanz zu halten. Nach längerer Pause feierte Ersan Mondtag mit seiner vierten Theatertreffen-Einladung (2016/2017/2019/2025) ein Comeback, die Arbeit stieß aber nur auf wenig Gegenliebe. „Double Serpent“ von Sam Max, nonbinäre*r Theater-Autor*in aus New York, schrieb eine Case Study über Missbrauch, Traumata und toxische Beziehungen, die in demonstrativ lähmenden Zeitlupen-Bewegungen vorgetragen wurde.