Kritik
''Die opéra-bouffe ist ein Offenbach par execellence: Unter dem strassbestickten Mantel von frivolem Klamauk kommen politische Botschaften zum Vorschein, die ohne erhobenen Zeigefinger unters Theatervolk gebracht werden. Dieser Spagat gelingt Ritschel auf temporeiche, blitzgescheite und extrem lustige Art und Weise. Wenn etwa die Mutter dem Sohn im pinken Paillettenkleid erklären muss, dass er in Wirklichkeit kein Mädchen ist, dann wird hier die klassische Comingout-Situation originell auf den Kopf gestellt. Dazu Fummel, die auf jedem Tuntenball Preise abräumen würden, und eine Bühne, die nicht nur lebendiges Treiben möglich macht, sondern auch ein echter Hingucker ist. Die Ausstattung zeigt außerdem, wie gut die theatereigenen Werkstätten in Schuss sind.
Dass die vielen Gags im Tor landen, liegt auch an einem Cast, der regelrecht Funken sprüht: Florian Neubauer und Kirsten Labonte geben ein ganz entzückendes, lyrisch versiertes Pärchen ab; Antje Kahn ist eine herrlich angetüterte Théodorine, und Kay Frenzel mimt den Großseneschall als aufgedonnerten Popanz. Den Vogel schießt freilich Andreas Petzoldt ab, der den Fürsten in einer hochkomischen Mischung aus cholerischer Knallcharge und Transvestit am Rande des Nervenzusammenbruchs zelebriert. Sie alle wirbeln so köstlich, so spielfreudig über die Rampe, man könnte meinen, das Cross-Dressing sei seit jeher ihre künstlerische Heimat gewesen.
Abgerundet wird das Ganze mit einer toll instrumentierten Fassung für Kammerensemble, erstellt von Hans-Peter Preu, der auch die schmissig aufspielende Elbland Philharmonie Sachsen dirigiert. Dieser Offenbach kommt vom Zuckerhut, hat Groove, geht sofort ins Ohr und von dort direkt in die Beine. Zusammen mit Lenny Bernsteins Trouble in Tahiti ist hier ein Doppelabend („Inselzauber“) zu bewundern, der Broadway-Qualität hat. In Radebeul!'' schreibt Heiko Schon am 22. Oktober 2020 auf
KULTURA-EXTRA