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Eddy-Projekt

Bewertung und Kritik zu

EDDY-PROJEKT 
nach den Romanen von Édouard Louis
Regie: Alexander Weise
Premiere: 25. August 2021 
Wabe Berlin 

Zum Inhalt: Édouard Louis‘ Das Ende von Eddy erzählt autobiografisch die Geschichte eines empathischen, schwulen Jungen, der in der französischen Provinz im aggressiven Dunst der sogenannten „Abgehängten“ mit allen damit unweigerlich verbundenen gesellschaftlichen, sozialen und familiären Diskriminierungen aufwächst. Er wird in der Schule gemobbt, täglich verprügelt und von seiner Familie für sein Anderssein verachtet und geschmäht. Dabei vermischt sich seine eigene erlebte Isolation mit der Verlorenheit der Sicht „der Leute“, die früher noch eine Identität in linken Ansichten fanden, sich nun aber in rechte Parolen flüchten. Mit klarer Sprache und in manchmal unerträglicher, rücksichtsloser Beschreibung der Details zeichnet Louis mit seiner eigenen Geschichte ein nüchternes Abbild unserer aktuellen, immer mehr zerreißenden Gesellschaft.
Im zweiten Teil Wer hat meinen Vater umgebracht kehrt der Protagonist, mittlerweile in Paris lebend, als erfolgreicher intellektueller Schriftsteller an den Ort seiner traumatischen Kindheit zurück. Im Monolog stellen sich dabei jeweils an einem Abend entweder Alexander Fehling, Jonathan Berlin, Michael Rotschopf oder Franz Hartwig ganz individuell, direkt und offen nicht nur der eigenen Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart des körperlichen Verfall des Vaters, der nach einem Arbeitsunfall trotz Rückenschmerzen eine Stelle als Müllaufsammler aufnehmen muss, um seinen Anspruch auf Sozialleistungen nicht zu verlieren. Der Titel nimmt hierbei schon den drohenden Tod vorweg. Wer trägt Schuld an den Brüchen der Gesellschaft, die den Sprechenden selbst und seinen Zuhörer, seinen Vater ganz faktisch – „sie haben dir dein Rückgrat gebrochen“ - zu durchziehen scheinen? Wie kommt es zu den angeblich unveränderbaren, starren Strukturen, die unsere Lebenswirklichkeiten zu verhärten drohen? - Durch eine unvergleichlich schonungslose Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte entdeckt der Erzähler durch Empathie und Scharfsichtigkeit einen Ausweg aus gesellschaftlichen Alternativlosigkeiten, eine neue Möglichkeit des persönlichen und politischen Handelns: „Ich glaube, was es bräuchte, wäre eine ordentliche Revolution.“

Mit Katharina Goebel, Thomas Hold, Katja Hutko, Marian Kindermann (Schauspieler); Emma Dammerow, Lisa Hagemann, Felix-Elian, Lau Mika, Sander Sami Talebi (Jugendliche); David Schwarz (Musiker).

Regie: Alexander Weise
Bühne/Kostüme: Nico Zielke
Musik: David Schwarz
Sprechchöre: Alexander Weise
Produktionsleitung: Lennart Berger/Berta PR
Pädagogische Beratung: Ela Zorn

TRAILER

3.0 von 5 Sterne
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authentische Laien und Promi-Nachklapp
3 Jahre her.
Kritik
Ungewöhnlich liest sich der Besetzungs-Zettel des „Eddy-Projekts“, das Alexander Weise im Off-Theater Wabe an der Danziger Straße, wo der Prenzlauer Berg nicht mehr so schick ist und am Ernst-Thälmann-Park noch ein Hauch von DDR-Vergangenheit zu erahnen ist: Er entwickelte den Abend mit Jugendlichen aus dem Kiez, jungen Schauspieler*innen, die noch im Studium sind oder es gerade abgeschlossen haben, und bekannten Film- und Fernseh-Gesichtern. Dass Alexander Weise auf den großen Bühnen oft mit Ulrich Rasche zusammenarbeitet, ist dieser Off-Theater-Arbeit deutlich anzumerken: der erste Teil ist präzise choreographiert, zentrale Passagen werden  im Wechsel mit Soli chorisch gesprochen. Die ersten 90 Minuten konzentrieren sich auf den autobiographischen Roman „Das Ende von Eddy“, mit dem Édouard Louis 2015 bekannt wurde. Die quälenden Erfahrungen des Mobbings und die Unsicherheit bei der Selbstfindung des jungen Homosexuellen spielen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr authentisch. Nach der Pause räumen sie die Bühne für das Solo das Film-Stars Alexander Fehling, der mit Alexander Weise und Ulrich Rasche vor einigen Jahren bei „Dantons Tod“ und „Sieben gegen Theben/Antigone“ am Schauspiel Frankfurt zusammenarbeitete. Den anklagenden Essay „Wer hat meinen Vater umgebracht?“, in dem Louis 2017 mit der sozialen Schieflage und den Kürzungen in der französischen Politik abrechnete, spricht Fehling als konzentrierten, knapp einstündigen Monolog, der in nachdenklichem Grundton verharrt. Anders als in den Inszenierungen des Volkstheaters Wien und des Münchner Volkstheaters bleibt Fehlings Ton nachdenklich, zu keinem Moment steigert er sich in die Wut-Tiraden hinein, die die beiden genannten Louis-Bearbeitungen prägten. Weiterlesen
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