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    Schaubühne am Lehniner Platz
    www.schaubuehne.de
    Kurfürstendamm 153 - 10709 Berlin
    Telefon: 030 890023
    SPIELPLAN & KARTEN

    Nachtland

    Bewertung und Kritik zu

    NACHTLAND 
    von Marius von Mayenburg
    Premiere: 3. Dezember 2022 
    Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin 

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    Zum Inhalt: Nicolas und Philipps Vater ist nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Zwei Wochen nach seinem Tod treffen sich die Geschwister mitsamt ihren Ehepartner_innen, um die Besitztümer des Vaters aufzuteilen und den restlichen Haushalt aufzulösen. In der Wohnung gibt es wenig, was von Wert ist, und auch auf dem Dachboden ist nur Staub und Schrott. Doch auf den zweiten Blick findet sich dort ein Bild. Es ist ein Aquarell in Sepia und Braun, in einem schlichten, schwarzen Holzrahmen. Das Bild zeigt eine gedrungen wirkende Kirche; über der Kirche scheint die Sonne aus einem blassen Himmel mit Wolken. Der Schatten der Kirche fällt auf das Kopfsteinpflaster. An der Wand neben dem Kirchentor ist ein dunkler Strich, der möglicherweise eine Gestalt darstellen soll. Wer könnte das Bild gemalt haben? Hat der Vater auf seine alten Tage das Malen als Hobby für sich entdeckt? Philipp findet das Bild hübsch, und Nicola gefällt der Rahmen, also löst Nicolas Mann Fabian das Gemälde aus dem Rahmen und verletzt sich bei der Aktion prompt an einem rostigen Nagel. Philipps Frau Judith nimmt das Bild genauer unter die Lupe. Jetzt, da es aus dem Rahmen befreit ist, sieht man auf einmal eine Signatur am unteren Rand des Bildes: A. Hiller. Oder ist da ein Strich, der durch das erste »I« geht? Ist das »l« eigentlich ein »t«? Steht da eigentlich A. Hitler? Ist Adolf Hitler der Maler des Bildes? Wie kann das sein? Die Familie hat keine Nazivergangenheit und war laut eigenem Bekunden immer gegen die Nazis, angeblich »aus ästhetischen Gründen«, wieso also hatte der Vater ein Bild, das von Hitler gemalt wurde? Was macht man mit so einem Bild? Verbrennt man es? Oder sollte man es verkaufen? Ein Gedanke, der Philipps Frau, die aus einer jüdischen Familie stammt, unerträglich ist. Wer will so ein Bild überhaupt haben? Lässt sich der Wert des Bildes durch eine passende Provenienzgeschichte steigern, die eine Verflechtung mit der Naziprominenz um Adolf Hitler nachweist? Und was macht man mit dem Geld, das man für den Verkauf bekommt – ist es okay, es für den Kauf eines neuen Hauses zu verwenden, oder sollte man die Einnahmen für wohltätige Zwecke spenden? Während der Streit in der Familie hochkocht, Gutachterinnen und mögliche Käufer sich die Klinke in die Hand geben und Fabian mit Wundstarrkrampf zu Boden geht, tut sich zwischen Philipp und Judith ein Graben auf, der immer tiefer wird ...

    Mit: Damir Avdic, Moritz Gottwald, Jenny König, Genija Rykova, Julia Schubert

    Regie: Marius von Mayenburg
    Bühne und Kostüme: Nina Wetzel
    Video: Sébastien Dupouey
    Musik: David Riaño Molina, Nils Ostendorf
    Dramaturgie: Maja Zade
    Licht: Erich Schneider

    3.5 von 5 Sterne
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    Text und Inszenierung legen den Finger in eine deutsche Wunde, die nicht verheilen will
    1 Jahr her.
    Kritik
    ''Auf die Rückwand der Flokatigruft werden Bilder lebendig, die von der verklärten deutschen Romantik eine groteske Zeitreise ins Heute unternehmen. Die Bilder von Caspar David Friedrich und Co. zeigen alpine Bergidyllen, Segelschiffe vor herrlichen Sonnenuntergängen an sanften Gestaden, weidende Schafe, kreisende Adler, weite Blicke über die Erhabenheit und Schönheit der unbefleckten Natur. Doch dann kommt Bewegung in die Bilder, Filmschnipsel werden hineinprojiziert in die verlogene Romantik, dann wandern die Bühnenschauspieler durchs Bild, steigen fröhlich auf die Schnee bedeckten Gipfel, picknicken am Meer, blicken sehnsüchtig zum endlosen Horizont und müssen erschrocken dabei zusehen, wie die schöne, heile Welt plötzlich kollabiert: die Berge zerfallen zu Staub, die Schiffe versinken im Meer. Kunst ist ohne Künstler nicht zu haben, Antisemitismus bleibt Antisemitismus, der wie ein böser Krebs die Gesellschaft zersetzt. Auch wenn alles sich in einem Schlussakkord als Konsequenz der Einbildung erweist: Text und Inszenierung legen den Finger in eine deutsche Wunde, die nicht verheilen will. Ein gelegentlich verstörender, aber ungemein wichtiger Theaterabend.'' schreibt Frank Dietschreit auf rbbKultur
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    Vielversprechende Edelboulevard-Diskurskomödie endet als Farce
    6 Monate her.
    Kritik

    Das Quartett redet sich im flott geschriebenen Pointen-Pingpong die Köpfe heiß. War Oma die Geliebte von Martin Bormann, einem der engsten Vertrauten in der Entourage des Führers? Sie pflügen durch die Indizien, Philip und Nicola haben Dollarzeichen, als ihnen die schmierig-eloquente Sachverständige (Julia Schubert) in einem Gutachten attestiert: hier handelt es sich um einen echten Hitler, der auf dem Kunstmarkt enorme Summen einbringen wird!

    Leider rutscht der knapp 100minütige Abend, den Autor Marius von Mayenburg inszeniert, zu sehr in die Farce. Ein tolles Komödianten-Ensemble ist an diesem Abend versammelt, kann seine Stärken in den immer kolportageartigen Wendungen bis hin zu einem unmoralischen Angebot des Kunstsammlers (Avdic) an die jüdische Ehefrau von Philip (Meckbach anstelle von König). In den ernsthafteren Momenten dieser Diskurskomödie landet „Nachtland“ natürlich auf dem verminten Gelände der Grauzonen zwischen berechtigter Israel-Kritik und Antisemitismus, die schon weit vor dem Hamas-Terror vom 7. Oktober 2023 das deutsch-israelisch-palästinensische Dreiecksverhältnis belasteten.

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