schaubühne 2016 - mit "thisisitgirl" kurvte performance-prinz patrick wengenroth durch paar-konstellationen, paar-weisheiten und menschliches beziehungselend, mythen, wunden der neuzeit und nostalgischem. ich habe es geliebt (
[url=http://www.livekritik.de/livekritiken/livekritik-von-frollainwunder-zu-thisisitgirl/]
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). 2017 kehrt wengenroth mit "love hurts in tinder times" zurück in das off-experimental-studio der schaubühne (einheitspreis) und hat sich den james bond der ard, mark waschke, mal wieder ins ensemble reingecastet. der darf ziemlich schnell blankziehen und dynamisch seinen adoniskörper präsentieren. selbstverständlich nicht nur performance-drüber, hier geht es um ein bildstarkes, fast hektisches kunstprojekt. body-painting, im flotten neuzeitdreier. andreas schröders, geboren mit dem körper von nebenan, aber einer mimischen welt, die clowneskes, ironisches und hyperkonzentriertes bietet, prägt sich wieder schnell ein mit seiner speziellen aura. die quotenfrau des abends, die norwegerin lise risom olsen (der name muss sich erst einmal einprägen), folgt entspannt und ästhetisch ins splitternackte und es wird sich in schönsten farben wie türkis, neongelb und pink gewälzt. die penisse schlenkern, die schenkel spreizen, die farbe kleckert und spritzt. wir folgen natürlich hipsterig unbeeindruckt, gedenken waschkes studienkollegen eidinger, der immer mal wieder nebenan blankzieht, als richard, für das große werk shakespeares. nur hier und heute geht es um scham. auch. und ob eine beziehung zu dritt beglückend sein kann. mark küsst lise, lise küsst andreas, andreas küsst mark. programmpunkt abgehakt. die öde monogamie aber kurz lässig angerissen. patrick wengenroth, the brain des ganzen, stöckelt heute mal als transvestit durch die kulissen, die weitere herrenversion. die künstlichen wimpern klimpern, die dunkle langhaarperücke sitzt, das kleid ist damenhaft und da patrick immer gern singt, tut er es auch heute, mit stillem pathos. als pet shop boy und "love is a catastrophe". patrick bleibt die melancholische maske, beobachtet sein ensemble, sitzt mal hier, steht mal da. die drei versuchen derweil eine einheit zu werden und werden nicht organisch. waschke verdrängt energetisch seine nacktheit und reibt sich mit sich auf. selten fließen seine vielen worte, er stockt, verschlingt satzenden. er mackert und machot. ich betete für seine erlösung, möge er mal loslassen können, sich selbst entsperren für die nahe theaterbühne. (oder doch einfach tatorteln und obercool durch die straßen berlins grimmen, und meret becker schroff rätsel aufgeben?). das publikum mag macker mark, der atemlos von pubertären zeiten, flaschendrehen, petting, der trennung seiner eltern erzählt, und auch singen soll und darf, sich an "careless whisper" versucht. die regie-beliebten nebelschwaden wabern. andreas und lise mit turmtakelfrise knutschen und verhakeln sich plakativ mit ihren körpern. von mark baumelt ein famoses kunstwerk in den kulissen, sein farbgetunkter frontalkörper gepresst an einen durchsichtigen rahmen, mit neonbunten hoden. alle ziehen sich später aber wieder nebenbei an und präsentieren mal ernst, mal extrovertierter ihre anekdoten zur liebe 2000plus. singen ein bisschen schief, während matze kloppe als dieter-bohlen-verschnitt aus trashigsten modern-talking-zeiten (ballonseide, pornobrille, schneeweiße sneaker) und schulterkeyboard die 80er-jahre-seufz-hits zusammenklimpert. der abend hat keinen einen (neonbunten) faden. die seltsame neuzeit-herz-schmerz-app tinder findet ihren platz nur im reißerischen titel des abends, wengenroths generation hat noch die analoge liebe kennengelernt und bleibt ganz gern dabei. schröders bringt die komik, lise ist die ätherische rätselfrau, mark der macker mit macken. nach 100 minuten blankziehen, vor allem körperlich, weniger seelisch, bleibt nicht viel erhellend durchgeknalltes übrig, wie einst bei thisisitgirl. wengenroth lächelt nicht, nie. dass thisisitgirl so ein großartig schlauer spaß war, kann ich fast kaum noch glauben, bei tinder und der liebe mit schmerz, will ich nicht glauben.