Zum Inhalt: Johann Sebastian Bachs Cellosuiten werden zu den Höhepunkten der westlichen Musikgeschichte gezählt. Ihre erfindungsreiche Architektur, ihre tänzerische Rhythmik und zeitlose Schönheit wirken bis heute. Anne Teresa De Keersmaekers Affinität zu Bach zeigte sich schon in verschiedenen früheren Produktionen. Die Tänzerin und Choreografin strebt nach einer choreografischen Handschrift, die die Essenz der musikalischen Sprache des Komponisten zu erfassen versucht. In einer Choreografie für fünf Tänzer*innen, darunter De Keersmaeker selbst, werden in dieser Produktion die sechs Suiten, ausgeführt von dem weltberühmten Cellisten Jean-Guihen Queyras, bearbeitet, befragt und getanzt. Die faszinierende Symbiose von Musik und Tanz enthüllt sowohl das Wesen jeder einzelnen Suite für sich wie auch ihre Wechselwirkung in der Gesamtheit des Zyklus.
Choreografie: Anne Teresa De Keersmaeker Cello: Jean-Guihen Queyras Kreation und Tanz: Anne Teresa De Keersmaeker, Boštjan Antončič, Marie Goudot, Julien Monty, Michaёl Pomero Musik: Johann Sebastian Bach 6 Cello Suiten, BWV 1007 bis 1012 Kostüm: An D’Huys Lichtdesign: Luc Schaltin
Eine der stärksten Keersmaeker-Arbeiten – das Göttliche im Menschlichen
6 Jahre her.
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Kritik
"Mitten wir im Leben sind" ist alles in allem mit den genannten kleinen Einschränkungen ein überzeugender Abend. Wir konnten in Berlin dank der vielen Einladungen zum "Tanz im August" oder zu den Berliner Festspielen die Entwicklung von Anne Teresa de Keersmaeker über die Jahrzehnte kontinuierlich mitverfolgen und dieser Bach-Cello-Suiten-Abend gehört zu ihren stärksten Arbeiten. Im reinen abstrakten Tanz findet sie zu dem, was sie an Johann Sebastian Bach nach eigenen Worten schätzt, dass er "das Göttliche menschlich macht und das Menschliche göttlich".
Dieser Abend hat etwas Erhabenes, löst Staunen und Ehrfurcht aus und auch ein intuitives Wahrnehmen. Die allesamt älteren Tänzer sind grandios und Jean-Guihen Queyras in diesem Tanz-Rahmen zu erleben, macht ganz einfach glücklich.'' schreibt Frank Schmid auf kulturradio.de
Anne Teresa De Keersmaeker, um die Volksbühne und HAU konkurrieren, hat ihren Stil in den vergangenen drei Jahrzehnten perfektioniert. Gravitätisches Schreiten zu getragenen Klängen, aufrecht, wortlos. Diese Handschrift strahlt natürlich klassische Eleganz aus. Der Cellist Jean-Guihen Queyras spielt Bachs Suiten makellos, die fünf Tänzerinnen und Tänzer (darunter auch De Keersmaeker selbst) folgen seinem Rhythmus. In ihrer Strenge wirkt die Choreographie aber sehr hermetisch und abweisend.
„Wie unter einer Glasglocke“ empfand Wiebke Hüster die Uraufführung des Werks bei der Ruhrtriennale im August 2017 in der Maschinenhalle Zweckel in Gladbeck. Diesen Eindruck hatte ich heute Abend auch im HAU. Das Problem des Werks brachte die Kritikerin im Deutschlandfunk treffend auf den Punkt: Die Inszenierung „bekommt etwas Falsches, Prätentiöses. Manierismus war schon in vielen Arbeiten de Keersmaekers ein Problem. Ihre tänzerische Einfachheit und Strenge bekommt dann etwas Sektiererisches und Pathetisches. Der Tanz lebt und atmet nicht mehr.“
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