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    SPIELPLAN & KARTEN

    Das Heimatkleid

    Bewertung und Kritik zu

    DAS HEIMATKLEID (16+)
    von Kirsten Fuchs
    Regie: Tim Egloff
    Premiere: 21. September 2017 (Uraufführung) 
    Grips Theater Berlin

    Zum Inhalt: Claire übernimmt die Wohnung ihrer Schwester Luise, als die zum Studieren in die USA geht. Außerdem steigt sie in Luises Modeblog ein. Für ihr erstes Video soll sie das blaue Kleid anziehen, von dem Modelabel Heimatkleid. Luise hat gesagt, damit könne man Farbe bekennen. Deshalb soll sie auch ein Interview führen mit der Labelgründerin Claudia Kappelt und mit ihr über ihre Firmenideologie sprechen. Claire jedenfalls gefällt das Kleid und allmählich scheint sie damit auch Luises politische Weltsicht zu übernehmen. Bis es bei dem Interview zu einem Vorfall kommt und sie ahnt, in was ihre Schwester sie da reinzieht ...

    Mit Katja Hiller, Johannes Gehlmann

    Regie: Tim Egloff
    Bühne und Kostüme: Lea Kissing
    Musik: Johannes Gehlmann
    Dramaturgie: Ute Volknant
    Theaterpädagogik: Ellen Uhrhan

    4.7 von 5 Sterne
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    Pünktlich zum Einzug der AfD in den Bundestag
    6 Jahre her.
    Kritik

    Pünktlich zum Einzug der AfD in den Bundestag hat das Berliner Grips-Theater ein Stück auf die Bühne gebracht, das vom »Faschismus in den Köpfen« handelt, wie Michel Foucault gesagt hätte: »Das Heimatkleid« von Kirsten Fuchs.

    In der Inszenierung von Tim Egloff geht es um die Ästhetisierung rechter Politik im Alltag, das Erfolgsprinzip der Rechtsradikalen hierzulande seit Anfang der Nullerjahre. »Das Heimatkleid« richtet sich ganz praktisch an Menschen ab 16 Jahre.

    Es ist ein kleines Lehrstück ohne Zeigefingerpädagogik. Aufgebaut wie ein Krimi, wird es rasant, gut verdichtet und glänzend gespielt. Fuchs setzt bei den Interessen junger Frauen an, die gerade bei den Eltern ausziehen: eine sturmfreie Wohnung, für ein Jahr von der Schwester übernommen, mit einem Hund gegen die Einsamkeit. Die junge Frau heißt hier Claire (Katja Hiller), der Schäferhund Flocke. Man sieht ihn auf einem überdimensionalem Foto (Bühne und Kostüm: Lea Kissing). Von der Schwester hat Claire außerdem noch einen Modeblog übernommen, der wohl etwas Werbegeld einspielt.

    Hierfür interviewt sie die Chefin eines fiktiven Modelabels namens »Heimatkleid«. Vorher zieht sie ein Kleid an, das die Firma zur Ansicht geschickt hatte. Bei näherer Betrachtung besteht es aus einem hellblauen Tüllrock mit einer Schürze – Symbole eines ultratraditionellen Frauenbildes, für Püppchen (Tüllrock) und Hausfrau (Schürze). Zuerst gefällt Claire das Kleid, sie springt darin leicht über die Bühne, doch dann legt ihr die Chefin des Modelabels ein rotes Band um den Körper, das sie zunehmend einschnürt, an der Taille und am Hals. Auch wundert sie sich, warum vor der Firma Demonstranten stehen und »Nazis raus!« rufen. Es wird hier doch ökologisch-rücksichtsvoll produziert, ohne Ausbeutung der »Dritten Welt«, alles kommt von heimischen Firmen.

    Er hetzt gegen einen anderen Nachbarn

    Zu Hause verliebt sich Claire in ihren Nachbarn Tom. Der ist sportlich und freundlich, hat aber etwas gegen »Mischungen« und seien es die von Gewürzen in der Küche. Auch hetzt er gegen einen anderen Nachbarn: Al Sayed, einen syrischen Flüchtling im Hinterhaus. Katja Hiller spielt alle diese Rollen mit großer Kunst, denn die Situationen, Personen und Stimmungen wechseln extrem.

    Das Stück wird in Rückblenden erzählt. Am Anfang steht Claire nachdenklich vor dem Publikum und fragt, ab wann man Verantwortung übernehmen muss. Sie erzählt ihre Geschichte wie eine Parabel, beginnend mit der Information, dass in ihrem Bad gerade ein Syrer versucht, sich das Blut aus dem Gesicht zu waschen. Es ist die Geschichte einer Eskalation. Claire findet den Hund tot im Flur und bildet sich ein, dass er durch den Türschlitz vergiftet wurde. Tom meint, Al Sayed könne es gewesen sein. Claire fühlt einen Zorn, sie könnte schlagen und töten und das sofort und unerbittlich. Sie fängt sich noch mal, als sie sich an den Brief der Schwester erinnert, in dem etwas von einem Medikament für den Hund stand, das sie aber vergessen hatte, ihm zu geben. Doch nun ist es zu spät, die Leute aus dem Haus, allen voran der nette Tom, fallen über Al Sayed her und verletzen ihn.

    Ich bin kein Nazi, aber…

    »Ich bin kein Nazi, aber …«, hatte die Chefin des Modelabels gesagt. »Was soll das ›aber‹?«, resümiert Claire rückblickend. »Ich fresse keine Kinder, aber …? …ich habe sie im Kühlschrank liegen?  …ich lasse sie von jemand anderem töten?« Ab wann übernimmt man Verantwortung?

    http://www.anjaroehl.de

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    Hochaktuell und schlau, das Stück der Stunde!
    7 Jahre her.
    Kritik
    Kirsten Fuchs ist mit [i]Mädchenmeute[/i] (Deutscher Jugendliteraturpreis 2016) ein großer Wurf gelungen, ein Buch, das den Ton der Jugend ganz genau trifft und authentisch und spannend wiedergibt. Und total nett und sympathisch ist Frau Fuchs auch noch, bei einer Lesung in unserer kleinen Kinderbuchhandlung durfte ich sie nämlich sogar schon kennenlernen. Kein Wunder also, dass ich mich sehr auf ihr Stück Heimatkleid gefreut habe. Ein Besuch im Grips Theater lohnt sich ja sowieso immer und Katja Hiller ist ein Garant für einen tollen Theaterabend. Ich war mir also bereits im Vorfeld zu 100 % sicher, dass es ein voller Erfolg werden würde und meine Erwartungen wurden erfüllt. Claire ist eine hübsche, quirlige junge Frau. Sie hat gerade beinahe das komplette Leben ihrer kleinen Schwester Luise übernommen, die für ein Jahr in die USA geht: Wohnung, Hund, sogar Luises Fashionblog soll sie in diesem Jahr übernehmen. Die Schwester hat auch eine ausführliche Gebrauchsanweisung für ihr Leben hinterlassen und einen Karton. Im Karton: [i]Das Heimatkleid –[/i] ein Kleid vom Label Heimatkleid, das Claire tragen soll, wenn sie dessen Gründerin trifft und interviewt. Claire hat noch niemals ein Interview geführt und ist entsprechend nervös, aber das Kleid ist hübsch und Gesprächspartnerin Claudia Kappelt nett und zuvorkommend. Sie zeigt und erklärt der jungen Bloggerin ihr Unternehmen und alles klingt gut für Claire: Rohstoffe aus Deutschland, ausschließlich in Deutschland hergestellt, das klingt doch toll. Nachhaltig. Ökologisch! Und sieht auch noch gut aus! Aber noch während des Gesprächs beginnt draußen eine wütende Meute immer lauter „Nazis raus“ zu skandieren. Farbbeutel werden an die Fenster geworfen. Claire ist entsetzt. Warum wird Frau Kappelt als Nazi bezeichnet? Zurück im Haus ihrer Schwester gehen die Probleme weiter: Ihr attraktiver Nachbar Tom, ein freundlicher, hilfsbereiter Mann, der in seiner Freizeit mit Kindern Basketball trainiert, hat einiges zu sagen, wenn es um diese Partei geht. Diese Partei, die für etwas steht, mit dem Claire nichts zu tun haben möchte. Aber einiges von dem was Tom sagt, das stimmt doch. Und er ist doch so nett, oder? Aber wenn es um den anderen Neuen im Haus geht, den, von dem bisher kaum mehr als der fremdländische Name bekannt ist, dann erscheint Tom plötzlich gar nicht mehr so nett. Eher im Gegenteil… Katja Hiller spielt die fragende, suchende Claire ganz wunderbar. Mal ein wenig planlos, mal jugendlich sprunghaft, aber dann doch wieder nachdenklich. Obwohl sie ganz allein auf der Bühne steht, mit ihr nur ein überlebensgroßes Bild von „Flocke“, das mal hübsches Haustier und mal bösartiger Jäger ist, füllt sie den ganzen Raum. Ein schlaues, ein spannendes und ein wichtiges Stück, voller Fragen und Aussagen, die uns gerade alle beschäftigen. Die AfD ist vielerorts zweit- oder drittstärkste Kraft geworden… wann ist ein Nazi ein Nazi? Was sollte man eigentlich „doch mal sagen dürfen“? Dieses Stück mit einer Schauspielerin und einem Musiker ( Johannes Gehlmann ) hat eine unvergleichliche Wucht und ist brandaktuell! Unbedingt anschauen! Unbedingt! ©Nicole Haarhoff - www.berlineransichtssachen.com
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