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Deutsches Theater Berlin
www.deutschestheater.de
Schumannstraße 13a - 10117 Berlin
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SPIELPLAN & KARTEN


Marquise von O. und -

Premiere am 24.10.2025 Deutsches Theater Berlin

In einer norditalienischen Festung geschieht das Undenkbare: Während russische Truppen die Stadt stürmen, wird die verwitwete Marquise von O. beinahe Opfer eines Übergriffs – bis ein russischer Offizier, der Graf F., sie scheinbar heldenhaft rettet. Er verschwindet nach dem Angriff ohne ein Wort, und alles scheint überstanden. Einige Wochen später stellt sie jedoch entsetzt fest: Sie ist schwanger. Ohne Erinnerung. Ohne Einwilligung. Und ohne eine Person, die ihren Unschuldsbeteuerungen Glauben schenkt. Verstoßen von der Familie sucht sie per Zeitungsannonce nach dem, der sie vergewaltigt und geschwängert hat.

Heinrich von Kleist veröffentlichte 1808 seine Novelle mit dem Hinweis „Nach einer wahren Begebenheit” und berichtet sachlich, nüchtern und in genauem Detail von der Geschichte der Marquise, nur für den Moment der Tat selbst setzt er den vielleicht berühmtesten Gedankenstrich der Weltliteratur: Die Sprache versagt, und es entsteht ein abrupter Schnitt dort, wo eigentlich das Entscheidende stehen müsste.

In ihrer ersten Arbeit am Deutschen Theater verwebt die ungarische Regisseurin Ildikó Gáspár drei weitere Fälle „nach wahren Begebenheiten“ mit dem der Marquise. Franca Viola wurde 1966 in Italien von ihrem kriminellen Ex-Verlobten entführt und vergewaltigt, um sie durch das juristische Mittel der „Wiederherstellungsehe” dazu zu zwingen, doch eine Ehe mit ihm zu schließen. Erika Renner wurde 2013 von ihrem Exfreund in ihrer eigenen Wohnung attackiert, betäubt – und anschließend mit Lauge verstümmelt. Und schließlich Gisèle Pelicot, die Frau, die nach 50 Jahren Ehe von Ermittlern erfährt, dass ihr Ehemann sie über fast zehn Jahre regelmäßig betäubt, vergewaltigt und in diesem Zustand dutzenden anderen Männern im Internet zur Vergewaltigung angeboten hatte.

Vier Frauen. Drei Jahrhunderte. Und doch dieselben Muster: Gewalt. Schweigen. Schuldumkehr. Aber auch: Widerstand. Stimme. Wandel. Ob fiktiv wie die Marquise, historisch wie Viola oder gegenwärtig wie Pelicot und Renner – sie alle erzählen uns, was passiert, wenn Frauen nicht länger schweigen, wenn sie den Raum der Scham verlassen und die Täter dorthin zwingen.

nach der Novelle von Heinrich von Kleist


Regie: Ildikó Gáspár, Bühne und Kostüm: Lili Izsák, Musik: Flóra teLili Matisz, Video: András Juhász, Licht: Cornelia Gloth, Choreografie: Barnabás Horkay, Dramaturgie: Jasmin Maghames.


Mit: Maren Eggert, Alexander Khuon, Mathilda Switala, Jörg Pose, Florian Köhler, Lenz Moretti, Almut Zilcher.

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Zähe feministische Lecture Performance mit eindrucksvollen Momenten
1 Monat her.
Kritik

Bauprinzip ihres Abends: Die Kleist-Novelle wird nachgespielt, meist mit Mikros an der Rampe, nicht ganz so statisch wie bei Simon McBurney und seinem „Michael Kohlhaas“ an der Schaubühne. In jedem Moment wird spürbar, dass der Kleist-Text mit all seinen indirekten Reden ganz untheatralisch geschrieben ist. Dementsprechend zäh wird es manchmal, wenn zwei Stars des Hauses, Maren Eggert als die Marquise und der aus Elternzeit zurückgekehrte Alexander Khuon als Graf die unerhörte Begebenheit verhandeln.

An den Bruchstellen des Literaturtheaters baute Gáspár drei reale Vergewaltigungsfälle ein: mit den Gerichtsakten oder TV-Interviews werden die grausamen Misshandlungen von Franca Viola, Erika Renner und Gisèle Pelicot rekonstruiert. Die ersten beiden Fälle, die sich in den 1960ern in Sizilien bzw. 2013 in Budapest ereignten, kennen wohl nur Experten. Am Leid von Madame Pelicot, das im vergangenen Jahr in Avignon vor Gericht verhandelt wurde, kam jedoch keiner vorbei.

In Großaufnahme schildert Almut Zilcher, ein drittes Ausrufezeichen in der Besetzungsliste dieses Abends, den Schmerz von Pelicot. Die stärkste Szene des langen Abends: eine Textpassage, die nachhallt, vorgetragen von einer Meisterin des Schauspiel-Fachs. Hier kommt die Lecture Performance, mit der uns die Brutalität der patriarchal geprägten Gesellschaft eingebleut werden soll, in ihrem Kern an. Mehr solche schauspielerischen Glanzlichter wären wünschenswert gewesen, stattdessen viel Frontaltheater, zähe Literatur-Nacherzählung und vor allem minutenlanges Stroboskop-Gewitter, um die Konfrontationstherapie dem Publikum so unangenehm wie möglich zu machen.

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