Bewertung und Kritik zu
DEM MARDER DIE TAUBE
von Caren Jeß
Regie: Stephan Kimmig
Premiere: 30. April 2023 (Lange Nacht der Autor:innen)
Deutsches Theater Berlin
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Zum Inhalt: "Ich habe jemanden kennengelernt", erzählt Erike ihren Eltern. Sie meint damit keinen Mann, sondern eine Frau, die sie später ihre "Schwester" nennen wird, obwohl die deutlich ältere Theta einer anderen Generation angehört. Ihr Kontakt kommt durch eine Annonce zustande: "Nylonstrümpfe gesucht!" Und Erike hat Unmengen davon abzugeben. Es ist der Beginn einer wundersamen Freundschaft zweier Frauen, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Theta, Berliner Museumskuratorin a. D., hat sich in die norddeutsche Provinz zurückgezogen, um ihre Zeit mit Taubenzucht zu verbringen; Erike, die junge Elmshornerin, die angeblich als Pflegerin arbeitet, hat keine Ambitionen auf die große weite Welt. Tastend kommen die beiden sich näher, ohne dass die Fremdheit zwischen ihnen verschwindet.
Mit einem scharfen Blick für das Brüchige und Prekäre ihrer Annäherung erzählt Caren Jeß die Geschichte einer Frauenfreundschaft. Wer der Marder unter den Figuren ist und wer die Taube, wer Täter, wer Opfer – auf diese Fragen gibt das Stück keine simple allegorische Antwort. Es ist das Vexierspiel einer ungewissen Wirklichkeit zwischen Sprachschichten und verschobenen Ebenen. Und das scheinbar überschaubare Elmshorn wird darin zum "Uncanny Valley".
Regie: Stephan Kimmig
Bühnenbild: Katja Haß
Kostüme: Sigi Colpe
Musik: Michael Verhovec
Licht: Robert Grauel
Dramaturgie: John von Düffel