Zum Inhalt: Nach dem Tod seiner Schwester und Geliebten Drusilla nimmt der junge römische Kaiser Caligula die Existenz nur noch in ihrer Begrenztheit wahr. Das Leben erscheint ihm sinnlos. Aus Protest gegen eine Welt, "die in ihrer jetzigen Gestalt nicht zu ertragen ist", verspricht er, das Lügen auszurotten, Privilegien und Konventionen abzuschaffen. Einst beliebt, treibt Caligula seine Sehnsucht nach einer grenzenlosen Freiheit weiter und weiter, alle Werte nivellierend, bis er schließlich zum Tyrannen und Mörder wird. Nun schließen sich erste Verschwörer zusammen. Unbeeindruckt forciert Caligula seinen staatlichen Terror auf immer schrecklichere Weise, aber um die von ihm Gequälten zum Widerstand zu zwingen. Ein Widerstand, der notwendigerweise seine eigene Auslöschung zur Folge haben wird: "Man kann nicht alles zerstören, ohne sich selbst zu zerstören."
Mit Fritzi Haberlandt, Bernd Moss, Linn Reusse, Susanne Wolff
Regie: Lilja Rupprecht Bühne: Christina Schmitt Kostüme: Annelies Vanlaere Musik: Philipp Rohmer Video: Moritz Grewenig Licht: Kristina Jedelsky Dramaturgie: Juliane Koepp
''Die eigentliche Attraktion der Aufführung war/ ist Elias Arens! Sein Caligula entpuppte sich als ein agil und tänzerisch sich aufführendes Männer-Tier mit einer federleichten Physis und sehr angenehm sich anhörender Stimme - keiner würde ihm, wenn er's nicht vorher/ nachher besser wüsste, irgendeine dieser Greueltaten, die er lustvoll und in Serie absolvierte, zuzuwidmen wagen; seine Körper- und Gesichtszüge scheinen fast zärtlich, hingebungsvoll und verführerisch; seine artistische Gelenkigkeit machte schier staunen. Ein verheißerischer Hingucker und Hinhorcher, ganz ohne jede Frage!! Als Caligulas Ex-Leib-und-Magen-Sklave Helicon agierten (als Quartett) die phänomenalen Jonas Sippel, Juliana Götze, Christian Behrend und Rebecca Sickmüller vom RambaZamba Theater. Natalie Selig war als Caligula-Gattin Caesonia (die im Tinto-Brass-Film von keiner Geringeren als Helen Mirren gespielt wurde) besetzt.
Gegen den Vorwurf, dass sein Stück so einen merkwürdigen philosophischen Touch hätte, verwahrte sich Camus Zeit seines Lebens. Freilich, wenn man seinen Dialogen und Monologen lesend folgt, kommt man höchstselbst auf fast dengleichen Schluss, es wird halt viel zu viel und um des Kaisers Bart herumgequatscht. Aber gottlob kann man dem Ganzen optisch einiges entgegensetzen - was dann jetzt und aktuell erfolgte und nicht ungekonnt geschah.'' schreibt Andre Sokolowski am 18. Dezember 2022 auf KULTURA-EXTRA
Netter und menschlicher als Max Wagner in Lilja Rupprechts Münchner Inszenierung von 2015 wirkt Elias Arens in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin: im Pailetten-Glitzerdress kommt er auf die vielfach verspiegelte Bühne. Auch er mutet seinen hochrangigen Senatoren einiges zu, lässt sie in immer neuen Crossdressing-Kostümen, Latex-Bodysuits, Strumphosen oder Slips antreten und demütigt sie mit Enteignungen, unsinnigen Befehlen, die seiner Lust des Augenblicks entspringen, und zermürbt sie mit dem Mord an ihren Angehörigen.
Trotz Triggerwarnung bleibt dies in jedem Moment nur Theater. Arens spielt als „Caligula“ den rasenden Herrscher, geht aber nie so in seiner Rolle auf wie Wagner in der Münchner Inszenierung, der über die Szenerie raste, tobte und seine Machtspiele vom Publikumssaal aus sichtlich genoss.
So fehlt Rupprechts „Caligula“ diesmal das Kraft-Zentrum, auf den alles konzentriert ist. Die anderen Spieler sind von vornherein schon bei Camus nur Schachbrettfiguren, die der Kaiser nach Belieben verschiebt und wie Puppen an seinen Fäden tanzen lässt.
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