Zum Inhalt: "An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, ein Roßhändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit." So beginnt Heinrich von Kleists Geschichte des Überzeugungstäters Kohlhaas, dem an einer Grenzstation zwei Pferde als Pfand abgenommen werden. Als er zurückkehrt, findet er die stolzen Rösser halb verhungert und durch Feldarbeit ruiniert. Weil ihm der Schadensersatz verwehrt wird, beginnt er einen Rachefeldzug, der als Widerstand eines Wehrlosen beginnt und schließlich in einem Blutbad endet. So wird Kohlhaas vom "Muster eines guten Staatsbürgers« auf geradem Wege »zum Räuber und Mörder". Heinrich von Kleists Novelle stellt bis heute zeitlose Fragen nach Schuld, Recht, Individuum und Gesellschaft. Sie erzählt von den Mechanismen des Terrors und von der Sogwirkung eskalierender Gewalt. Michael Kohlhaas wird von Andreas Kriegenburg inszeniert – einer der stilprägenden und bildstärksten Regisseure seiner Generation. Er arbeitet seit etlichen Jahren an allen großen Bühnen im deutschsprachigen Raum, sowohl im Schauspiel als auch in der Oper. Er wurde häufig zum Berliner Theatertreffen eingeladen, seine Inszenierungen bei Festivals im In- und Ausland gezeigt und mit dem Nestroy-, dem Faust- und vielen weiteren Preisen ausgezeichnet.
Mit Paul Grill, Lorena Handschin, Peter René Lüdicke, Bernd Moss, Markwart Müller-Elmau, Max Simonischek, Caner Sunar, Max Thommes, Brigitte Urhausen, Niklas Wetzel
Regie: Andreas Kriegenburg Bühne: Harald Thor Kostüme: Andrea Schraad Lich:t Cornelia Gloth Dramaturgie: Juliane Koepp, Franziska Trinkaus
''Die Sache mit dem verlangten Passierschein an der Grenze zu Sachsen, an dem sich der Fall später entzündet, ereignet sich dann auf einer Art Schwebebalken. Weitere Szene folgen mit dem Bericht des lamentierenden Knechts Hirse (Paul Grill) über die Geschehnisse auf der Tronka-Burg. Dann ist man schon bald beim Mordbrennen vor Wittenberg, bei dem alle lauthals im Chor berichten und immer wieder Bretter auf die Bühne schlagen, bis im Hintergrund die Flammen züngeln. Auch die unterschiedliche rechtliche Lage und Animositäten zwischen Sachsen und Brandenburg werden verhandelt. An diesem ziemlich lauten Abend, der in über 2,5 Stunden unentwegt Text auf das Publikum prasseln lässt, ist noch die Szene der Heimkunft Kohlhaas‘ zu seiner Frau und die Diskussion beider, ob sich der Gang vor Gericht lohne und für wen er das alles mache, am interessantesten. Danach herrschen wieder geschäftiges Treiben, Chargieren und chorisches Textaufsagen, dass einem zuweilen die Sinne schwinden.
In der etwas verhampelten Schlussszene, in der es eigentlich um das Medaillon mit der Weissagung über den Verlust der Macht des sächsischen Kurfürsten geht, bekommt der sichtlich niedergeschlagene Kohlhaas vor dem Gang zum Schafott noch einmal von Lorena Handschin das Mikrofon zum letzten großen Monolog bevor er in Vergessenheit geraten soll. Es folgt Gestammel, nichts weiter. Mögen es die Kinder besser machen. Das ist dann für einen Abend, der sich sichtlich so viel Mühe gibt, nicht allzu viel. Und da hat man eigentlich noch nichts über Recht und Gerechtigkeit heute erfahren.'' schreibt Stefan Bock am 31. Oktober 2021 auf KULTURA-EXTRA
Natürlich ist Andreas Kriegenburgs "Michael Kohlhaas" als Prototyp toxischer Männlichkeit streckenweise sehr plakativ. Der Abend ist jedoch durchaus sehenswert. Die Choreographien der energiegeladenen Gruppenszenen sind mehr als Herumchargieren, vor allem die Schlüsselszene am Schlagbaum, die die gesamte Kettenreaktion in Gang setzt, ist gelungen. In ihrer brodelnden Energie ist Kriegenburgs DT-Koproduktion ein interessantes Gegenstück zum statischen „Michael Kohlhaas“-Sprechkonzert, das Simon McBurney kurz zuvor an der Schaubühne herausbrachte. Weiterlesen: Natürlich ist Andreas Kriegenburgs "Michael Kohlhaas" als Prototyp toxischer Männlichkeit streckenweise sehr plakativ. Der Abend ist jedoch durchaus sehenswert. Die Choreographien der energiegeladenen Gruppenszenen sind mehr als Herumchargieren, vor allem die Schlüsselszene am Schlagbaum, die die gesamte Kettenreaktion in Gang setzt, ist gelungen. In ihrer brodelnden Energie ist Kriegenburgs DT-Koproduktion ein interessantes Gegenstück zum statischen „Michael Kohlhaas“-Sprechkonzert, das Simon McBurney kurz zuvor an der Schaubühne herausbrachte. Komplette Kritik