Inhalt: Ein Märtyrer ist jemand, der sich für seine Sache opfert. Ein Held ist jemand, der im Kampf für seine Sache stirbt. Menschliche Fackeln, Menschen, die sich zur Waffe machen, Widerständler, die sich keiner Folter, keiner Todesdrohung beugen, bevölkern die mediale Welt. Jeder von ihnen ist eine Geschichte. Und diese Geschichten wollen erzählt werden. Oft geschehen sie sogar, um erzählt zu werden. Sie wollen sichtbar, wollen Beispiel sein. Und wie sie bewertet werden, ob als terroristischer Akt, fehlgeleiteter Extremismus oder große Heldentat scheint oft nur eine Frage der Perspektive.
Mit Michael Goldberg, Camill Jammal, Katharina Matz, Wiebke Mollenhauer
Regie: Christopher Rüping Kostüme: Anna Maria Schories Bühne: Anne Ehrlich Musik: Camill Jammal Dramaturgie: John von Düffel
[i]100 Sekunden (wofür leben)[/i] von Christopher Rüping und Ensemble, Premiere: 18. Oktober 2015
Vor ein paar Jahren gab es eine Party, deren Motto „Helden in Strumpfhosen“ lautete. Die humorvolle Gastgeberin – oder war sie doch nur schadenfroh; wer weiß das schon – ließ der männlichen Gesellschaft „freie Hand“, was die Gestaltung ihres Outfits oberhalb der Gürtellinie anging; darunter bitteschön, sollte tatsächlich nichts weiter als eine Strumpfhose getragen werden. Diejenigen Herren, die pflichtschuldig den Spaßvogel mimten und den Dresscode befolgten, waren schon bald sturzbetrunken und hatten damit einen unzweifelhaften Vorwand, schnellstmöglich den Heimweg anzutreten – in einen langen Mantel gewandet; und sei es nur ein Bademantel der Hausdame gewesen. Weiterlesen →
''Zudem singen die beiden JungschauspielerInnen eine wunderbare Liedweise, die Camill Jammal (der auch gut Klavier zu spielen weiß) zum Anlass komponiert hat!! Wenn man jetzt ein nacktes Fazit ziehen sollte, müsste man behaupten, dass die engagiert scheinende Angelegenheit doch irgendwie (rein künstlerisch) versemmelt worden ist.'' schreibt Andre Sokolowski am 14. April 2016 auf KULTURA-EXTRA
Das Ende der Utopien mündet in eine schräge Party. Die Wand wird durchgebrochen, Katharina Matz schlüpft in einen Raumfahrer-Anzug, Camill Jammal wirft sich einen Poncho über, setzt sich Insekten-Fühler aus Plastik auf und spielt am Klavier, auf dem sich Wiebke Mollenhauer im Abendkleid räkelt. Von „Live is Life“ bis „Atemlos“ werden Stimmungshits angespielt. Die gute Laune des Ensembles will aber nicht so recht auf das Publikum übergreifen.
Das Publikum wird am Schluss von der Hinterbühne in die Zuschauerränge der Kammerspiele geführt. Auf jedem leeren Platz wird eine Kerze angezündet. Diesen Abend kann dann auch das kitschige Schluss-Bild nicht mehr retten: Christopher Rüpings jüngste Arbeit am Deutschen Theater verliert sich in Ironie und Comedy. Weiterlesen