Regie: Dieudonné Niangouna Premiere: 13. April 2018 Berliner Ensemble
Zum Inhalt: Eines regnerischen Morgens klopft ein alter Mann an die Tür einer deutschen Familie im Schwarzwald. Mit ihm tritt nicht nur die Vergangenheit, sondern auch ein anderer Kontinent ein: Der Besuch des Mannes, der Martha und ihre Geschwister aus Afrika zu kennen behauptet, spült längst Vergessenes, Verdrängtes und Verschwiegenes an die Oberfläche und stellt die Identität jedes Einzelnen radikal in Frage.
Der Autor, Regisseur und Schauspieler Dieudonné Niangouna ist für seine bildstarke und wortgewaltige Theatersprache bekannt. 1997 gründeten er und Criss Niangouna in Kongo Brazzaville ihre eigene Theatergruppe, seit 2009 sind seine Arbeiten auch regelmäßig in Europa zu sehen. Für seine erste Arbeit in Berlin hat er für Schauspieler des Berliner Ensembles einen neuen Text geschrieben.
Regie und Bühne: Dieudonné Niangouna Kostüme: Alvie Bitémo Komposition: Pierre Lambla, Armel Malonga Video: Sean Hart Übersetzung und Dolmetschen: Isolde Schmitt Dramaturgie: Katja Hagedorn
Dem kongolesischen Autor und Regisseur Dieudonné Niangouna eilte der Ruf bildstarker, kraftvoller Inszenierungen voraus. Davon schwärmten die Kritiken nach seinem ersten Auftritt in Europa beim Festival d’Avignon und seinen Arbeiten am Frankfurter Mousonturm, wo er von 2014 bis 2017 assoziierter Künstler war.
Umso irritierender ist sein Auftritt mit dem Auftragswerk „Phantom“ im Kleinen Haus des Berliner Ensembles. Leise rieseln die Schneeflocken vor der Schwarzwaldkulisse, die Sean Hart an die Rückwand projiziert. Vorne ergehen sich die Schauspieler in vor Pathos triefenden Monologen.
Auslöser der verschrobenen Dialoge ist das plötzliche Auftauchen von Thomas Herg (Wolfgang Michael) im Anwesen der Familie Zoller. Im Programmheft berichtet Niangouna minutiös, wie er für jedes der fünf Ensemblemitglieder eine Figur entwickelte. Ihm ging es darum, eine Konstellation zu entwickeln, in der Herg als titelgebendes „Phantom“ einige Lebenslügen der Familie Zoller und schmerzhafte Erinnerungen an die Kolonialherrschaft in Kamerun aufdeckt.
Das ist interessant gedacht. Der Abend ist aber eine Enttäuschung.
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''Von weißen Nashörnern wird fabuliert, das Phantom soll seine Blase auf dem Grund des deutschen Hauses entleeren, um den Ort zu reinigen. Dazu bedeutungsschwangere Wald-im-Nebel-Bilder auf Leinwand und dumpfes Donnergrollen – oft bleibt unklar, ob man es mit großem Pathos oder befremdlichen Humor zu tun hat. Die Bühne selbst besteht aus schlichten Treppenabsätzen und Holzpanelen, die an Drähten in die Luft gezogen werden, während die Spieler darauf sitzen.
Niangouna schwelgt in mythisch-biblischen Rätseln, in einer sich geheimnisvoll verhüllenden Sprache. Doch seinem Ruf als anarchischer, bildstarker Theatermacher wird er bei dieser Auftragsarbeit fürs deutsche Stadttheater nicht gerecht. Ein sperriger, unzugänglicher Abend, emotional bleibt man außen vor.'' schreibt Barbara Behrendt auf kulturradio.de