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Phädra, in Flammen

Bewertung und Kritik zu

PHÄDRA, IN FLAMMEN 
von Nino Haratischwili
Regie: Nanouk Leopold
Premiere: 25. Mai 2023 (Ruhrfestspiele Recklinghausen) 
Berlin-Premiere: 2. Juni 2023 
Berliner Ensemble 

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Zum Inhalt:

Etwas ist faul am herrschenden Stillstand in Athen. König Theseus ist alt geworden und hält routiniert an seiner Macht fest; seine Gattin Phädra in den Wechseljahren – brennt vor Sehnsucht, das zu lang getragene Regel-Korsett des Königspalastes abzustreifen und endlich ihre eigenen Bedürfnisse zu leben. Demophon, der Erstgeborene, steht schon als Thronfolger bereit, er muss nur noch verheiratet werden. Doch die vom Vater auserwählte Braut Persea sorgt für Unruhe im Palast, denn Persea und Phädra verlieben sich ineinander. Ein Skandal, der laut dem Hohepriester Menschenopfer fordert. Die Notwendigkeit der Veränderung steht der Gewalt der Tradition gegenüber und die bestehende Ordnung gerät ins Wanken – politisch wie privat.

Mit der Überschreibung des antiken "Phädra"-Mythos greift Nino Haratischwili nicht nur mit Blick auf die politische Lage in Ost-Europa und Georgien parabelhaft Fragen nach Machtpolitik, Emanzipation und politischer Regression auf, sondern zeigt auch die gegenwärtige Verbindung zwischen persönlichem und politischem Verlangen: Wo ist mein Platz in der Welt? Wie will ich leben? Bin ich verantwortlich für meine eigene Freiheit? Und was bin ich bereit dafür zu opfern?

Regie: Nanouk Leopold
Bühne: Elsje de Bruijn
Kostüme: Wojciech Dziedzic
Musik: Donato Wharton
Video: Daan Emmen
Licht: Rainer Casper
Dramaturgie: Amely Joana Haag

4.0 von 5 Sterne
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Tragödien-Auftritt von Constanze Becker überstrahlt Haratischwilis lesbische Mythen-Überschreibung
1 Jahr her.
Kritik

Dies ist eindeutig der Abend von Constanze Becker. Wie auf ihren Leib geschrieben scheint diese Phädra-Adaption, die Nino Haratischwili während eines BE-Dramatiker:innen-Fonds-Stipendiums in der vergangenen Spielzeit erdacht hat.

Diese Phädra ist eine Urgewalt, ganz in der Tradition von Beckers Klytemnästra in der „Orestie“, ihrer Medea oder ihrer Penthesilea, all ihrer berühmten Rollen in den wuchtigen antiken Tragödien von Michael Thalheimer. In den vergangenen Jahren verschwand sie am Berliner Ensemble oft in der zweiten Rolle, war häufig in Rollen zu sehen, die zu leichtgewichtig waren und sie zu unterfordern schienen. Stefanie Reinsperger, die vor einem Jahr in einer „Phädra“-Bearbeitung über die kleinere Bühne im Neuen Haus tobte, war stärker präsent, ist aber nicht mehr Ensemble-Mitglied, sondern gastiert künftig nur noch am Schiffbauerdamm.

„Phädra, in Flammen“ ist also eine Art Comeback dieser großen Schauspielerin, die alle Register ihres Könnens ziehen darf. Eingesperrt zwischen drei Stellwände (Bühne: Elsje de Brujin), auf die Videos und Standbilder voller Tristesse projiziert werden (Video: Daan Emmen), kauert Beckers Phädra am Boden und schleudert die Wut auf ihre unglückliche Ehe mit Theseus heraus (Oliver Kraushaar als Karikatur toxischer Männlichkeit, halbnackt brüllend und ins Bärenfell gewickelt).

Eine Stärke des Textes der deutsch-georgischen Autorin Haratischwili ist, dass sie mit den Sprachebenen jongliert. Der hohe Tragödien-Ton der Weltschmerz-Klage schlägt häufig um in Alltags- und Gossensprache, mit der Beckers Phädra ihre ganze Verachtung über ihre mediokre Umgebung hinrotzt. Wie sie ihre spätere Geliebte Persea (Lili Epply) bei einer der ersten Begegnungen mit einem höhnischen „Überschätz Dich nicht, Mäuschen“ auflaufen lässt, oder die verächtlich heruntergezogenen Mundwinkel in späteren Szenen machen diese Rolle von Constanze Becker auf der kleinen Bühne zu einem der Höhepunkte der zu Ende gehenden Spielzeit am BE.

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1 von 1 Person(en) gefiel diese Kritik
Vor dem Ruhestand
1 Jahr her.
Kritik

''Die Hauptfigur, um die es geht, leidet und laboriert an ihrem nicht nur physisch sich bemerkbar machenden und sie daher auch nicht nur körperlich verunsichernden, demoralisierenden und selbstzerstörerischen Älterwerden. Nicht allein damit, dass sie den langweiligen Gatten immer mehr zum Kotzen findet, kann sie auch mit ihren beiden leibhaftigen Söhnen (der eine ist als unscheinbarer Thronfolger geplant, der andere soll wegen seiner kindischen Verweichlichung soldatische Erhärtungen erfahren) nicht viel anfangen. Noch schlimmer für sie freilich - und das ist die absolute Neuidee des Haratischwili'schen Phädrastücks - ist die "familienpolitisch" erzwungene Kontaktaufnahme mit der designierten Schwiegertochter, die dem Erstgeborenen der Phädra angedeiht sein soll; jene versucht sie lesbisch einzufangen, und die alte aber immer noch hochsexuell gespannte Phädra lässt sich justament auf die Verführung ein. Nachdem das alles rauskommt, wird der Sündenfall vom Oberkleriker des Stadtstaats eingefangen und die Sündige (nichrt etwa Phädra, nein, sondern Persea, die dann eigentlich, auch wegen ihres Lesbenseins, auf Demophon null Bock hatte) als Blutopfer, an dem sich wilde Hunde fies zu schaffen machten, zweckbestimmt.

All das [s.o.] wird von den im Stück Agierenden elektrisierend vorgeführt und durchgespielt - allen voran natürlich die zwei emotional wie körperlich sich gegenseitig nichts schenkenden Frauen Constanze Becker sowie Lili Epply!! Großes Text- und Schauspielerereignis.'' schreibt Andre Sokolowski am 29. Juni 2023 auf KULTURA-EXTRA

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