Zum Inhalt: Hendrik Höfgen ist Schauspieler und er will spielen – um jeden Preis einfach nur spielen. Er wähnt sich auf der richtigen Seite, auf der Seite der Kunst. Er verlangt unpolitisch sein zu dürfen, in einer Zeit, die das unmöglich macht.
Klaus Mann porträtierte mit seinem Roman von 1936 den berühmten Schauspieler Gustaf Gründgens, der im Berlin der NS-Zeit zum Intendanten aufstieg. Mephisto war die Rolle seines Lebens. In der Maske des Teufels erlebt auch Manns Romanfigur Höfgen seinen Aufstieg bis zum Staatstheaterintendanten, während ein Regime sich installiert, das die Kunst und die Theater bestenfalls als Amüsement toleriert, schlechtestenfalls für seine Propagandamaschine einspannt. Künstlerinnen und Künstler werden, wie alle, entweder zu linientreuen Spießgenossen oder aus dem Weg geräumt. Am Ende muss Höfgen begreifen, welchen Preis er für seinen Aufstieg bezahlt hat – wenn er nämlich selbst seine engsten Freunde verraten hat. Mit seinen Worten endet der Roman: "Was wollen die Menschen von mir? Warum verfolgen sie mich? Weshalb sind sie so hart? Ich bin doch nur ein ganz gewöhnlicher Schauspieler." In der Regie von Till Weinheimer erarbeitet das Ensemble aus fünf jungen Spielerinnen und Spielern eine musikalische und gegenwärtige Theateradaption des Romans.
Regie: Till Weinheimer Bühne/Kostüme: Sibylle Gädeke Musik: Chris Weinheimer Licht: Arnaud Poumarat Dramaturgie: Karolin Trachte
Der Roman eignet sich für die Leistungsschau eines Schauspiel-Jahrgangs recht gut, da er ein reiches Arsenal von Figuren bereithält, das sich fair auf fünf Spieler*innen aufteilen lässt, das aber – mit Abstrichen im Mittelteil des Abends – auch für das Publikum nicht zu unübersichtlich wird. Als Conférencier führt Jakob Schmidt in die Inszenierung ein, als Hermann Göring und Kritiker-Karikatur/Theophil Marder kann er sein komisches Talent und seine Wandlungsfähigkeit beweisen. Neben Dominik Hartz als Hendrik Höfgen, hinter dem unschwer Klaus Manns Schwager Gustaf Gründgens zu erkennen ist, hat er die markantesten Auftritte des Quintetts. In diesem Jahrgang gibt es aber niemand, der das Stück so an sich reißt wie Jonas Dassler in „Dantons Tod“ an der Schaubühne.
Der steile Aufstieg des Opportunisten Höfken bis zum Intendanten des Staatstheaters endet mit seinem völligen Zusammenbruch. Nur noch ein Häuflein Elend ist er am Ende dieses Abend, als er den Hamlet-Totenkopf umklammert, wimmernd am Boden liegt und erkennt, dass sein faustischer Pakt gescheitert ist.
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''Jakob Schmidt hat einen starken Auftritt, wenn er als NS-Kulturmäzen machtvoll auf Wunsch seiner Frau (Wassilissa List) Höfgen protegiert und ihn gleichzeitig auch in seine Grenzen weist. Sein Gesicht bleibt furchteinflößend gefasst und gespenstisch ausdruckslos, wenn er an Höfgen herantritt, bewusst übergriffig mit behandschuhter Hand an dessen Oberkörper entlangfährt und ihm für seine treffsichere Darstellung des Mephistopheles dankt. Wassilissa List agiert köstlich als Gattin dieses Ministerpräsidenten von Preußen mit eleganter Garderobe, eingefrorenem Lächeln, gekünsteltem Lachen und konstant in dümmlicher Sekttrinklaune. Höfgen wird den NS-Kulturminister um Hilfe für eingesperrte und gefährdete Kollegen bitten. Der NS-Mann wird Höfgen beschimpfen, ihn als „Schwuchtel“ diffamieren und unter Druck setzen. Aus der privilegierten und trotzdem unsicheren Position Höfgens schöpft die Vorführung ihre Kraft. Leider bleiben andere Figuren, wie etwa die von Otto Ulrichs und Juliette recht farblos. Insgesamt jedoch eine spannende und lebendige Inszenierung, die auch durch gekonnte gesangliche Einlagen von Lennart Preining oder Johanna Asch überrascht.'' schreibt Ansgar Skoda am 29. August 2021 auf KULTURA-EXTRA