Das Enfant terrible des Musicals kommt wieder nach Hause. Und mit ihm jede Menge
[color=#000000]
tiefer Dekolletés, glitzernde Mieder, Strapse, üppiges Make-Up und knallige Perücken.
Wobei diese vor drei Jahren, so lange war nämlich Pause, noch tiefer, glitzernder und üppiger schienen. Mit einer neuen Inszenierung und Videoeinspielern zieht die Rocky Horror Picture Show
im Berliner Admiralspalast
seine Fans endlich wieder in ihren Bann,
noch bis zum 10. Februar,
bevor sie weiterreist und weitere deutsche Städte, Zürich, Basel und Graz in den Time Warp schickt. Nach seiner Uraufführung in London 1973 erlangte das schräge Märchen mit der frivolen Handlung, nur für Erwachsene, erst mit der Verfilmung 1975 seinen heutigen Kultstatus. 2008 hat Sam Buntrock die jetzige Bühnenfassung unter Aufsicht des Autors Richard O’Brian zu Papier gebracht, uraufgeführt wurde sie in Berlin. Und die Premiere der bizarren Geschichte des jungen Pärchens Brad und Janet, das nach einer Autopanne in stürmischer Nacht in die Fänge des exzentrischen außerirdischen Wissenschaftlers Dr. Frank’n’Furter gerät, kommt beim Publikum wieder gut an. Songs wie „Sweet Transvestite“, „Touch-A, Touch-A, Touch-Me“ oder „Time Warp“ lassen das Lebensgefühl der 70er Jahre und unterschiedliche Generationen Zuschauer aufleben und viele Anhänger an den berühmt berüchtigten Stellen ihre Sitznachbarn mit Spritzpistolen erfrischen, Reis, Konfetti und Klopapier werfen, Leuchtstäbe schwenken und mit Holzrasseln klappern. Wenngleich dies nicht mehr so punktgenau erfolgt wie vor Jahren noch, was vielleicht daran liegt, dass nicht nur noch eingefleischte Rocky-Horror-Fans im Publikum sitzen. Kostümmäßig machen sie den Protagonisten auf der Bühne jedoch hier und da durchaus noch Konkurrenz. Und die Kult-Songs tun ihr Übriges, dazu gehört natürlich auch „I’m going home“, die letzte Nummer von Dr. Frank’n’Furter, bevor er vom Butler abgeknallt wird. Der exzentrische Wissenschaftler vom Planeten Transsexual darf sich der Sehnsucht hingeben, auf der Erde bleiben zu wollen, um für immer Sex mit Menschen haben zu können. Nachdem 2015 der Brite Rob Fowler diese dämonisch-erotische Figur unschlagbar gut verkörpert hat, darüber hinaus konnte er bestens tragen, was seine Rolle forderte, viel war es in der Regel ja nicht, tritt nun Gary Tushaw dieses Erbe an.
Und auch er gibt dem exzentrischen Transvestiten einen neuen Look. Statt schwarzgelockt wie Tim Curry im legendären Kinofilm tritt auch
Tushaw
als blonder Vamp mit Mieder und Strapsen auf, legt seine Figur optisch als „Madonna auf Steroiden“ an. Statt des erbetenen Telefons präsentiert er den biederen Verlobten sein Retortenwesen Rocky, das er mit dem makellosen Körper Ryan Goscinski zu seinem sexuellen Vergnügen erschaffen hat. All diese Einflüsse bleiben nicht ohne Wirkung auf das frisch verlobte Paar, das e
ingeschüchtert und umgarnt von all den glamourösen Geschöpfen im Schloss Furters auf dem Planeten Transsexuell in Transsylvania zunehmend die Reize der körperlichen Lust entdeckt. Wieder witzig und sehr plakativ in einer Art Scherenschnitt dargestellt sind die Szenen, in denen Frank’n’Furter nacheinander erst Janet und dann Brad verführt. Während 2015 die Schwedin Maria Franzén ihre Magenta mit ungeheurer Energie und Bühnenpräsenz gespielt hat, schlüpft nun Jenny Perry in diese Rolle, die als Phantom schon 2015 dabei war. Holly Atterton als Columbia tut in den Ohren nicht ganz so weh, wie seinerzeit Hannah Cadec, füllt ihre Rolle aber gut aus. Insgesamt jedoch waren die einzelnen Figuren in der letzten Inszenierung prägnanter herausgearbeitet, allen voran die Rolle von Frank’n’Furter, der mit Rob Fowler einfach großartig besetzt war und durch den Abend getragen hat.
Und dann ist da noch der Erzähler. Sky Du Mont, der sich den Job schon langjährig mit Martin Semmelrogge teilt und vom
[color=#000000]
30. Januar bis 4. Februar erstmals von Schauspieler Dominic Boeer abgelöst wird,
musste sich, wie gehabt, natürlich immer wieder den Boring-Zwischenrufen des Publikums erwehren, schien darüber aber nicht traurig zu sein, parierte souverän. Und auch Daniel Fletcher als Dr. Scott lässt sich ein paar Mal zu deutschen Worten hinreißen, das Musical selbst wird ja in englischer Sprache dargeboten.
Die Musik wird live gerockt, die Band, bestehend aus sechs Musikern, schickt ihre Töne von einer Empore runter auf die Bühne und in den Zuschauersaal.
Am Schluss wird es dann noch einmal sehr bildgewaltig. Überdimensional große weiße Federn werden von den Darstellern beeindruckend in Szene gesetzt. Dies ist dann auch der Augenblick, der klar macht, dass dies ein Musical ist und nicht der Film. Und das Publikum belohnt die zwölf Darsteller mit Standing Ovations.