Bewertung: 4 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern inaktiv

    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Agafia Tichonowna 
    Stück: Die Heirat  
    Autor: Nikolaj Gogol 

    Erscheinungsjahr: 1842 
    Originalsprache: Russisch 
    Übersetzung (Deutsch): Carl Ritter und André Villard


    2. Aufzug, 1. Szene 

    Zimmer im Hause Agafia Tichonownas. Agafia Tichonowna allein.

    Buch kaufen

    AGAFIA TICHONOWNA: Nein, wie schwer wird einem doch eine solche Wahl! Wären es nur einer oder zwei. Aber nun gleich vier. Ja, wer die Wahl hat, hat die Qual! Nikanor Iwanowitsch ist ja nicht übel; obwohl er etwas zu mager ist. Iwan Kusmitsch ist übrigens auch nicht häßlich und, wenn ich die Wahrheit sagen soll, so ist zwar Iwan Pawlowitsch ein wenig dick, aber doch ein ganz stattlicher Mann. Schöne Geschichte! Was soll ich nur anfangen? Andererseits hat auch Baltasar Baltasarowitsch seine Vorzüge. Nein, wie schwer wird einem doch solch ein Entschluß! Es läßt sich gar nicht sagen, wie schwer. Wenn man die Lippen Nikanor Iwanowitschs nehmen und die Nase Iwan Kusmitschs darüber setzen könnte, und wäre dazu etwas von der Keckheit Baltasar Baltasarowitschs und dann noch ein wenig von der Fülle Iwan Pawlowitschs dabei — dann würde ich mich auf der Stelle entschließen. So aber, ach, ich mag gar nicht daran denken! Der Kopf schmerzt mir schon. Vielleicht wäre es das Beste, darum zu losen. Möge Gott entscheiden! Wen ich ziehe, der soll mein Mann werden. So, ich werde alle Namen auf Zettelchen schreiben, sie rollen, durcheinanderschütteln, und mag dann kommen, was kommen will. (Sie geht an das Tischchen, holt Papier und eine Schere herauf, schneidet einige Zettel, rollt sie und fährt fort.) Wie schrecklich ist doch die Lage eines jungen Mädchens, besonders wenn sie verliebt ist ... Kein Mann kann sich da hineinversetzen, ach, keiner wird sie auch nur verstehen wollen. So, jetzt sind sie alle fertig. Jetzt brauche ich sie nur ins Täschchen zu stecken, die Augen zuzumachen und dann mag kommen, was da will. (Sie legt die Zettel in den Pompadour und mischt sie mit der Hand.) Wie ängstlich ich bin! Ach, wenn Gott gäbe, daß ich Nikanor Iwanowitsch zöge ... Doch nein, warum grade ihn? ... Lieber schon Iwan Kusmitsch. Aber warum grade Iwan Kusmitsch? Die andern sind doch auch nicht schlechter. Nein, ich will an nichts denken. Wen ich herausziehe, der mag es schon sein. Endgültig! (Sie sucht mit der Hand im Pompadour herum und zieht statt eines Zettels — alle auf einmal.) Ach Herr Gott, jetzt habe ich alle auf einmal herausgezogen ... Ach, wie mein Herz klopft ... Nein, nein, nur einen! (Sie legt die Zettel wieder in den Pompadour und mischt sie von neuem. In diesem Augenblick kommt Kotschkarjow leise herein und tritt hinter sie.) Ach, wenn ich doch Baltasar Baltasarowitsch, nein, ich wollte sagen Nikanor Iwanowitsch ... Nein, nein, ich will nicht. Das Schicksal mag entscheiden.


    Bewertung: 4 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern inaktiv

    Klassische Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Truffaldino 
    Stück: Der Diener zweier Herren 
    Autor: Carlo Goldoni

    Erscheinungsjahr: 1746 
    Originalsprache: Italienisch 
    Übersetzung (Deutsch): Friedrich Ludwig Schröder 


    1. Aufzug, 9. Auftritt 

    Straße, rechterhand ein Gasthof. Truffaldino allein.

    Buch kaufen

    TRUFFALDINO: Nun bin ich auch des Wartens müde! – Bei meinem Herrn bekommt man wenig zu essen, und nach dem wenigen muß man auch noch lange seufzen. Es ist Mittag in der Stadt; aber in meinem Magen ist es schon vor zwei Stunden Mittag gewesen. Andere Reisende, sobald sie in eine Stadt kommen, gehen nach dem Gasthofe, aber mein Herr läßt Koffer und alles auf dem Posthause; macht Visiten und kümmert sich gar nicht um den armen Bedienten. Man sagt zwar, man soll den Herren gern und willig dienen – man sollte aber auch den Herren sagen, daß sie ein wenig mehr Menschenliebe für ihre Bedienten hätten. Hier ist ein Gasthof! – Potz! – was für ein herrlicher Geruch fährt mir in die Nase! Ich möchte wohl hineingehen und sehen, ob es für meine Zähne nichts zu tun gibt. – Aber – o, du armer Truffaldino! mein Beutel ist so leer als mein Magen! – Eh' ich auch länger ein Bedienter sein will, so – aber was soll ich tun? ich armer Teufel habe nichts gelernt.


    Bewertung: 4 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern inaktiv

    Klassische Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Truffaldino 
    Stück: Der Diener zweier Herren 
    Autor: Carlo Goldoni

    Erscheinungsjahr: 1746 
    Originalsprache: Italienisch 
    Übersetzung (Deutsch): Friedrich Ludwig Schröder 


    1. Aufzug, 14. Auftritt 

    Truffaldino allein, nachher der Träger

    Buch kaufen

    TRUFFALDINO: Bring' mir den Pasqual! – Ha, ha, ha! Da hab' ich mir recht gut geholfen. Freund Truffaldino! du bist ein ganzer Kopf! Wenn ich nur lesen und schreiben könnte, so würd' ich ein Autor, und machte Historienbücher. – Aber Potz Blitz! ich darf den Brief nicht offen übergeben; der Herr ohne Bart ist verzweifelt hitzig. – Mir fällt etwas ein. Ich habe gesehen, daß die Leute die Briefe mit gekautem Brote siegeln. So will ich es auch machen.

    (Er zieht ein Stück Brot aus der Tasche.)

    Es verdrießt mich, das Brot dazu zu gebrauchen – aber was soll man machen? 

    (Er kaut ein Stück, schluckt es aber hinunter, wie er es aus dem Munde nehmen will.)

    Ho, ho, ich hab's hinuntergeschluckt; ich muß ein ander Stück kauen. 

    (Wie vorhin.)

    Es ist wider meine Natur. Ich will es noch einmal versuchen. 

    (Endlich gelingt es ihm mit Mühe, und er siegelt.)

    Endlich hab' ich es getroffen. – Mir deucht, daß es recht gut gemacht ist. – Man kann nicht sehen, daß er offen war. – Nun will – Wetter! da hab' ich den Koffer vergessen. – He! Kamerad! Hierher mit dem Koffer!



    1. Atto, 14. Scena

    Truffaldino solo, poi il Facchino

    Buch kaufen

    TRUFFALDINO: Ho gusto da galantomo, che no se vada via. Ho volontà de veder come me riesce sti do servizi. Voi provar la me abilità. Sta lettera, che va a st'alter me padron, me despias de averghela da portar averta. M'in zegnerò de piegarla.

    (fa varie piegature cattive)

    Adess mo bisogneria bollarla. Se savess come far! Ho vist la me siora nonna, che delle volte la bollava le lettere col pan mastegà. Voio provar. 

    (tira fuori di tasca un pezzetto di pane)

    Me despiase consumar sto tantin de pan; ma ghe vol pazenzia.

    (mastica un po' di pane per sigillare la lettera, ma non volendo l'inghiotte)

    Oh diavolo! L'è andà zo. Bisogna mastegarghene un altro boccon.

    (fa lo stesso e l'inghiotte)

    No gh'è remedio, la natura repugna. Me proverò un'altra volta.

    (mastica, come sopra. Vorrebbe inghiottir il pane, ma si trattiene, e con gran fatica se lo leva di bocca)

    Oh, l'è vegnú. Bollerò la lettera.

    (la sigilla col pane)

    Me par che la staga ben. Gran mi per far le cosse pulito! Oh, no m'arrecordava piú del facchin. Camerada, vegni avanti, tolí su el baul.



    Bewertung: 5 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv

    Klassische Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Frauen / Schauspielerinnen 

    Rolle: Mirandolina 
    Stück: Mirandolina 
    Autor: Carlo Goldoni

    Erscheinungsjahr: 1753 
    Originalsprache: Italienisch 


    1. Aufzug, 9. Auftritt 

    Mirandolina allein  

    Buch kaufen

    MIRANDOLINA: Äh, was hat er gesagt? Würde der sehr gute Herr Marquis Arsura mich heiraten? Doch wenn er mich heiraten wollte, gäbe es eine kleine Schwierigkeit. Ich würde ihn gar nicht wollen. Ich mag Bratenfleisch, und ich weiß nicht, was ich mit Rauchen anfangen soll. Wenn ich alle geheiratet hätte, die sagten, sie wollten mich, oh, dann hätte ich auch viele Ehemänner! Viele kommen in diesem Gasthof an, verlieben sich in mich und wollen mich sogar sofort heiraten. Und dieser Kavalier, rustikal wie ein Bär, behandelt mich so abrupt? Dies ist der erste Fremde, der in mein Gasthaus kommt, der nicht das Vergnügen hatte, mit mir zu sprechen. Ich sage nicht, dass sich jeder in einem Sprung verlieben muss: aber mich so zu verachten? Es ist etwas, das meine Galle schrecklich bewegt. Ist er ein Feind der Frauen? Kann er sie nicht leiden? Armer Verrückter! Er hat immer noch nicht die richtige gefunden. Aber er wird sie finden. Er wird sie finden. Und wer weiß, ob er sie nicht gefunden hat? Mit diesen hier werde ich es nur hart treffen. Diejenigen, die hinter mir herlaufen, langweilen mich bald. Adel ist nichts für mich. Ich schätze Reichtum und ich schätze ihn nicht. Mein ganzes Vergnügen besteht darin, mich selbst bedient, wandern, verehrt zu sehen. Das ist meine Schwäche, und das ist die Schwäche fast aller Frauen. Ich denke nicht einmal daran zu heiraten; ich brauche niemanden; ich lebe ehrlich, und ich genieße meine Freiheit. Ich habe mit jedem zu tun, aber ich verliebe mich nie in jemanden. Ich möchte mich über so viele Karikaturen verlorener Liebender lustig machen; und ich möchte die ganze Kunst nutzen, um jene barbarischen und harten Herzen zu gewinnen, niederzuschlagen und zu erobern, die Feinde von uns sind, dass wir das Beste sind, was die schöne Mutter Natur in der Welt hervorgebracht hat. 


    1. Atto, 9. Scena

    Mirandolina sola

    Buch kaufen

    MIRANDOLINA: Uh, che mai ha detto! L'eccellentissimo signor Marchese Arsura mi sposerebbe? Eppure, se mi volesse sposare, vi sarebbe una piccola difficoltà. Io non lo vorrei. Mi piace l'arrosto, e del fumo non so che farne. Se avessi sposati tutti quelli che hanno detto volermi, oh, avrei pure tanti mariti! Quanti arrivano a questa locanda, tutti di me s'innamorano, tutti mi fanno i cascamorti; e tanti e tanti mi esibiscono di sposarmi a dirittura. E questo signor Cavaliere, rustico come un orso, mi tratta sì bruscamente? Questi è il primo forestiere capitato alla mia locanda, il quale non abbia avuto piacere di trattare con me. Non dico che tutti in un salto s'abbiano a innamorare: ma disprezzarmi così? è una cosa che mi muove la bile terribilmente. É nemico delle donne? Non le può vedere? Povero pazzo! Non avrà ancora trovato quella che sappia fare. Ma la troverà. La troverà. E chi sa che non l'abbia trovata? Con questi per l'appunto mi ci metto di picca. Quei che mi corrono dietro, presto presto mi annoiano. La nobiltà non fa per me. La ricchezza la stimo e non la stimo. Tutto il mio piacere consiste in vedermi servita, vagheggiata, adorata. Questa è la mia debolezza, e questa è la debolezza di quasi tutte le donne. A maritarmi non ci penso nemmeno; non ho bisogno di nessuno; vivo onestamente, e godo la mia libertà. Tratto con tutti, ma non m'innamoro mai di nessuno. Voglio burlarmi di tante caricature di amanti spasimati; e voglio usar tutta l'arte per vincere, abbattere e conquassare quei cuori barbari e duri che son nemici di noi, che siamo la miglior cosa che abbia prodotto al mondo la bella madre natura.  


       


    Bewertung: 4 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern inaktiv

    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Frauen / Schauspielerinnen 

    Rolle: Helena 
    Stück: Die Kleinbürger
    Autor: Maxim Gorki 

    Erscheinungsjahr: 1901 
    Originalsprache: Russisch 
    Übersetzung (Deutsch): August Scholz 


    3. Aufzug

    Helena und Teterew. 

    Buch kaufen

    HELENA: (in Sinnen versunken)  Als ich noch im Gefängnis lebte, war's viel interessanter … Mein Mann war ein Kartenspieler, trank viel, fuhr oft auf die Jagd. Es war in einer Kreisstadt … da gab's allerhand kleine Beamte – mit denen er verkehrte. Ich war frei, ging nirgendshin, sah niemanden bei mir und lebte mit den Arrestanten. Sie liebten mich, kann ich sagen … Sie sind solche Sonderlinge, wenn man sie sich näher anschaut. Ganz prächtige, einfache Leute – ich versichere Sie! Wenn ich sie so ansah, hielt ich's für unmöglich, daß dieser da ein Mörder war, jener dort einen Raub verübt und ein Dritter sonst etwas Schreckliches begangen hatte. Fragte ich einmal: »Hast du wirklich einen Menschen ermordet?« – dann bekam ich zur Antwort: »Allerdings, Mütterchen Jelena Nikolajewna, ich hab gemordet … was läßt sich da schon tun?« Und ich hatte den Eindruck, als hätte er, dieser Mörder, eine fremde Schuld auf sich genommen … als hätte er nur mit dem Stein zugeschlagen, den eine fremde Gewalt hingeworfen hatte … ja! Ich kaufte ihnen verschiedene Bücher, gab in jede Zelle ein Damespiel, Karten … steckte ihnen Tabak zu … und auch Branntwein, aber nur wenig … Bei ihren Spaziergängen spielten sie Ball oder Klippe – ganz wie die Kinder, Ehrenwort! Zuweilen las ich ihnen aus humoristischen Büchern vor, und sie hörten zu und lachten v… wie Kinder. Ich kaufte Vögel und Vogelbauer – jede Zelle hatte ihren Vogel, und sie liebten die kleinen Sänger wie mich selbst. Und wissen Sie, was ihnen ganz besonders gefiel? Wenn ich irgend etwas Helles trug, eine rote oder gelbe Bluse zum Beispiel … ich versichere Sie, sie liebten die hellen, lachenden Farben! Und ich kleidete mich absichtlich so bunt wie möglich, um ihnen eine Freude zu machen … (Seufzt.)  Ganz vortrefflich lebte ich mit ihnen … ich merkte es gar nicht, wie die drei Jahre vergingen … und als dann ein Pferd meinen Mann erschlug, weinte ich, glaub ich, nicht so sehr um ihn wie um das Gefängnis … Es tat mir leid, daß ich es verlassen mußte … und auch die Arrestanten waren sehr betrübt … (Sieht sich im Zimmer um.)  Hier, in dieser Stadt, lebe ich nicht so angenehm … in diesem Hause ist etwas … etwas nicht in Ordnung. Nicht, als ob die Menschen nicht gut wären – nein, es ist etwas anderes. … Von alldem ist mir so traurig, so schwer ums Herz geworden … Da sitzen wir nun und plaudern … und dort stirbt vielleicht ein Mensch …

     


    Bewertung: 4 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern inaktiv

    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Frauen / Schauspielerinnen 

    Rolle: Tatjana 
    Stück: Die Kleinbürger
    Autor: Maxim Gorki 

    Erscheinungsjahr: 1901 
    Originalsprache: Russisch 
    Übersetzung (Deutsch): August Scholz 


    1. Aufzug

    Tatjana und Polja 

    Buch kaufen

    TATJANA: Wie naiv … Du bist wirklich spaßig, Polja! … Mich kann diese ganze Geschichte nur wütend machen. Es gab nie ein solches Mädchen! Und auch eine solche Meierei, einen solchen Fluß, einen solchen Mond und so weiter – hat es nie gegeben! Alles das ist erfunden. Niemals schildern sie das Leben in den Büchern so, wie es wirklich ist … Wir zum Beispiel … ich und du … [...] (ohne auf Polja zu hören, gereizt) Ich habe oft den Eindruck, als ob die Bücher von Leuten geschrieben würden … die mich nicht lieben … und sich immer mit mir herumstreiten möchten. Als wollten sie zu mir sagen: das da ist besser, als du denkst, und jenes dort – schlechter … [...] (wie im Selbstgespräch) Das Böse und Abstoßende im Leben schildern sie nicht so, wie ich es sehe ... sondern auf ganz besondere Art … in größerem Maßstab … in tragischem Ton. Und das Gute erfinden sie einfach. Niemand macht eine Liebeserklärung so, wie es in den Büchern beschrieben wird! Und das Leben ist durchaus nicht tragisch … es fließt so ruhig, so einförmig hin … wie ein großer, trüber Strom. Und wenn du zusiehst, wie ein Strom dahinfließt, dann werden deine Augen müde, du fühlst Langeweile … und es wird dir so dumm im Kopf, daß du gar nicht darüber nachdenken magst, warum eigentlich dieser Strom dort fließt.

     


     


    Bewertung: 5 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv

    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Luka 
    Stück: Nachtasyl 
    Autor: Maxim Gorki

    Erscheinungsjahr: 1902 
    Originalsprache: Russisch 
    Übersetzung (Deutsch): August Scholz 
    Übersetzung (Englisch): Oliver M. Sayler 


    3. Aufzug

    Luka, Natascha, Bubnow und der Baron

    Buch kaufen

    LUKA: Gut bin ich, sagst du? Na … 's ist doch recht so, denk ich … ja! (Hinter der roten Wand hört man leisen Gesang und Harmonikaspiel.) Siehst du, Mädel – es muß doch auch einer da sein, der gut ist … Wir sollen Erbarmen haben mit den Menschen! Christus, siehst du – der hatte Erbarmen mit allen und hat's auch uns so befohlen … Zur rechten Zeit Erbarmen haben – glaub mir's, es ist immer gut! Da war ich zum Beispiel mal als Wächter in einem Landhaus angestellt, bei einem Ingenieur, nicht weit von der Stadt Tomsk in Sibirien … Na, schön! Mitten im Walde stand das Landhaus, eine ganz einsame Gegend … und Winter war's, und ich war ganz allein in dem Landhaus … Schön war's dort – ganz prächtig! Und einmal … hör ich, wie sie näher schleichen! (...) Sie schleichen näher, und ich nehme meine Büchse und trete ins Freie … Ich sehe: es sind zwei Mann … eben steigen sie in ein Fenster ein und sind so eifrig bei der Sache, daß sie mich gar nicht sehen. Ich schrei auf sie los: Heda! … Macht, daß ihr fortkommt … Und sie stürzen, denkt euch, auf mich mit 'nem Beil los … Ich warne sie – Halt! Ruf ich, sonst geb ich Feuer! … Und dabei leg ich bald auf den einen, bald auf den andern an. Sie fallen auf die Knie, das sollte heißen: Verschone uns! Na, ich war mächtig tückisch … wegen des Beils, weißt du! Ihr Waldteufel, sag ich, ich hab euch fortjagen wollen – und ihr seid nicht gegangen! … Und jetzt, sag ich, mag mal einer von euch im Busch drüben Ruten holen! Sie tun's. Und nun befehl ich: Einer von euch lege sich hin und der andre – mag ihn prügeln! Und so haben sie, auf mein Geheiß, sich gegenseitig durchgeprügelt. Und wie sie jeder ihre Tracht Prügel weg haben, da sagen sie zu mir: Großväterchen, sagen sie, gib uns ein Stück Brot, um Christi Willen! Nicht 'nen Bissen haben wir im Leibe. Das waren nun die Diebe, meine Tochter … (lacht)  … die mit 'nem Beil auf mich losgegangen waren! Ja … ein paar prächtige Jungen waren's … Ich sage zu ihnen: Ihr Waldteufel, hättet doch gleich um Brot bitten sollen! Da meinten sie: 's war uns schon über … man bittet, bittet und kein Mensch gibt was … Da geht einem die Geduld aus! Na, und so blieben sie also bei mir, den ganzen Winter. Der eine – Stepan hieß er – nimmt gern mal die Büchse und geht in de Wald. Und der andre, Jakow mit Namen, war immer krank, hustete immer … Zu dreien, heißt das, bewachten wir so das Landhaus. Und wie der Frühling kam – da sagten sie: Leb wohl, Großväterchen! Und machten sich auf … nach Rußland (...) … sie waren Flüchtlinge … hatten ihren Ansiedelungsort verlassen … ein paar prächtige Jungen … Hätt ich kein Erbarmen mit ihnen gehabt – wer weiß, wie's gekommen wäre! Vielleicht hätten sie mich erschlagen … Dann wären sie vor Gericht gekommen und ins Gefängnis und nach Sibirien zurück … wozu das? Das Gefängnis lehrt dich nichts Gutes, und auch Sibirien lehrt dich's nicht … Aber ein Mensch – der kann dich das Gut lehren … sehr einfach!

     


    3. Act

    Luka, Natascha, Bubnow and the Baron

    Buch kaufen

    LUKA: Some one has to be kind, girl -- some one has to pity people! Christ pitied everybody -- and he said to us: "Go and do likewise!" I tell you -- if you pity a man when he most needs it, good comes of it. Why -- I used to be a watchman on the estate of an engineer near Tomsk -- all right -- the house was right in the middle of a forest -- lonely place -- winter came -- and I remained all by myself. Well -- one night I heard a noise -- thieves creeping in! I took my gun -- I went out. I looked and saw two of them opening a window -- and so busy that they didn't even see me. I yell: "Hey there -- get out of here!" And they turn on me with their axes -- I warn them to stand back, or I'd shoot -- and as I speak, I keep on covering them with my gun, first on the one, then the other -- they go down on their knees, as if to implore me for mercy. And by that time I was furious -- because of those axes, you see -- and so I say to them: "I was chasing you, you scoundrels -- and you didn't go. Now you go and break off some stout branches!" -- and they did so -- and I say: "Now -- one of you lie down and let the other one flog him!" So they obey me and flog each other -- and then they began to implore me again. "Grandfather," they say, "for God's sake give us some bread! We're hungry!" There's thieves for you, my dear! [Laughs.] And with an ax, too! Yes -- honest peasants, both of them! And I say to them, "You should have asked for bread straight away!" And they say: "We got tired of asking -- you beg and beg -- and nobody gives you a crumb -- it hurts!" So they stayed with me all that winter -- one of them, Stepan, would take my gun and go shooting in the forest -- and the other, Yakoff, was ill most of the time -- he coughed a lot . . . and so the three of us together looked after the house . . . then spring came . . . "Good-bye, grandfather," they said -- and they went away -- back home to Russia . . . escaped convicts -- from a Siberian prison camp . . . honest peasants! If I hadn't felt sorry for them -- they might have killed me -- or maybe worse -- and then there would have been a trial and prison and afterwards Siberia -- what's the sense of it? Prison teaches no good -- and Siberia doesn't either -- but another human being can . . . yes, a human being can teach another one kindness -- very simply!

       


    Bewertung: 5 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv

    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Luka 
    Stück: Nachtasyl 
    Autor: Maxim Gorki

    Erscheinungsjahr: 1902 
    Originalsprache: Russisch 
    Übersetzung (Deutsch): August Scholz 
    Übersetzung (Englisch): Oliver M. Sayler 


    3. Aufzug

    Luka, Natascha, Bubnow und der Baron

    Buch kaufen

    LUKA: (nachdenklich zu Bubnow) Du sagst – die Wahrheit … Die Wahrheit ist aber nicht immer gut für den Menschen … nicht immer heilst du die Seele mit der Wahrheit … Zum Beispiel folgender Fall: ich kannte einen Menschen, der glaubte an das Land der Gerechten. (...) Es muß, sagte er, auf der Welt ein Land der Gerechten geben … in dem Lande wohnen sozusagen Menschen von besonderer Art … gute Menschen, die einander achten, die sich gegenseitig helfen, wo sie können … alles ist bei ihnen gut und schön! Dieses Land der Gerechten also wollte jener Mensch immer suchen gehen … Er war arm, und es ging ihm schlecht …und wie's ihm schon gar zu schwer fiel, daß ihm nichts weiter übrigblieb, als sich hinzulegen und zu sterben – da verlor er noch immer nicht den Mut, sondern lächelte öfters vor sich hin und meinte: Hat nichts zu sagen – ich trag's! Noch ein Weilchen wart ich – dann werf ich dieses Leben ganz von mir und geh in das Land der Gerechten … Seine einzige Freude war es – dieses Land der Gerechten … (...) Nun wurde nach eben jenem Ort – die Sache ist nämlich in Sibirien passiert – ein Verbannter gebracht, ein Gelehrter Mensch … mit Büchern und mit Plänen und mit allerhand Künsten … Und jener Mensch spricht zu dem Gelehrten: Sag mir doch gefälligst, wo liegt das Land der Gerechten, und wie kann man dahin gelangen? Da schlägt nun der Gelehrte gleich seine Bücher auf und breitet seine Pläne aus … und guckt und guckt – aber das Land der Gerechten findet er nirgends! Alles ist sonst richtig, alle Länder sind aufgezeichnet – nur das Land der Gerechten nicht! (...) Der Mensch – will ihm nicht glauben … Es muß drauf sein, sagt er … such nur genauer! Sonst sind ja, sagt er, alle deine Bücher und Pläne nicht 'nen Pfifferling wert, wenn das Land der Gerechten nicht drin verzeichnet ist … Mein Gelehrter ist beleidigt. Meine Pläne, sagt er, sind ganz richtig, und ein Land der Gerechten gibt's überhaupt nirgends. – Na, da wurde nun der andere ganz wütend. Was? Sagt er, da habe ich nun gelebt und gelebt, geduldet und geduldet und immer geglaubt, es gebe solch ein Land! Und nach deinen Plänen gibt es keins! Das ist Raub … und zu dem Gelehrten sagt er: Du nichtsnutziger Kerl! Ein Schuft bist du und kein Gelehrter! Und gab ihm eins übern Schädel, und noch eins … (Schweigt ein Weilchen) Und dann ging er nach Hause … und hängte sich auf … (Alle schweigen.)

     


    3. Act

    Luka, Natascha, Bubnow and the Baron

    Buch kaufen

    LUKA: There -- you say -- truth! Truth doesn't always heal a wounded soul. For instance, I knew of a man who believed in a land of righteousness. He said: "Somewhere on this earth there must be a righteous land -- and wonderful people live there -- good people! They respect each other, help each other, and everything is peaceful and good!" And so that man -- who was always searching for this land of righteousness -- he was poor and lived miserably -- and when things got to be so bad with him that it seemed there was nothing else for him to do except lie down and die -- even then he never lost heart -- but he'd just smile and say: "Never mind! I can stand it! A little while longer -- and I'll have done with this life -- and I'll go in search of the righteous land!" -- it was his one happiness -- the thought of that land. And then to this place -- in Siberia, by the way -- there came a convict -- a learned man with books and maps -- yes, a learned man who knew all sorts of things -- and the other man said to him: "Do me a favor -- show me where is the land of righteousness and how I can get there." At once the learned man opened his books, spread out his maps, and looked and looked and he said -- no -- he couldn't find this land anywhere . . . everything was correct -- all the lands on earth were marked -- but not this land of righteousness. The man wouldn't believe it. . . . "It must exist," he said, "look carefully. Otherwise," he says, "your books and maps are of no use if there's no land of righteousness." The learned man was offended. "My plans," he said, "are correct. But there exists no land of righteousness anywhere." Well, then the other man got angry. He'd lived and lived and suffered and suffered, and had believed all the time in the existence of this land -- and now, according to the plans, it didn't exist at all. He felt robbed! And he said to the learned man: "Ah -- you scum of the earth! You're not a learned man at all -- but just a damned cheat!" -- and he gave him a good wallop in the eye -- then another one . . . [After a moment's silence.] And then he went home and hanged himself.

       


    Bewertung: 4 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern inaktiv

    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Frauen / Schauspielerinnen 

    Rolle: Nastja 
    Stück: Nachtasyl 
    Autor: Maxim Gorki

    Erscheinungsjahr: 1902 
    Originalsprache: Russisch 
    Übersetzung (Deutsch): August Scholz 
    Übersetzung (Englisch): Oliver M. Sayler 


    3. Aufzug

    Nastja, Natascha, Bubnow, der Baron und Luka 

    Buch kaufen

    NASTJA: (mit geschlossenen Augen, bewegt den Kopf im Takt zu ihrer Erzählung, die sie in singendem Ton vorträgt) In der Nacht also kommt er in den Garten, in die Laube, wie wir es verabredet hatten … und ich warte schon längst und zittre vor Angst und Kummer. Auch er zittert am ganzen Leibe und ist kreideweiß , in der Hand aber hat er einen Revolver … (...) Und mit schrecklicher Stimme spricht er zu mir: Meine teure Geliebte … Meine Herzallerliebste, sagt er, mein Goldschatz! Die Eltern verweigern mir meine Einwilligung dazu, sagt er, daß ich dich heirate … und drohen mir mit ihrem Fluche, wenn ich nicht von dir lasse. Und so muß ich mir denn, sagt er, das Leben nehmen … Und sein Revolver war ganz fürchterlich groß und mit zehn Kugeln geladen … Lebe wohl, sagt er, traute Freundin meines Herzens! Mein Entschluß ist unwiderruflich … ich kann ohne dich nicht leben. Ich aber antwortete ihm: Mein unvergeßlicher Freund … mein Raoul … (...) (springt auf) Schweigt … ihr Unglücklichen! Ihr … elenden Strolche! Könnt ihr überhaupt begreifen, was Liebe ist … wirkliche, echte Liebe? Und ich … ich habe sie gekostet, diese wirkliche Liebe! (Zum Baron) Du Jammerkerl … Du willst ein gebildeter Mensch sein … sagst, du hättest im Bett Kaffee getrunken … (...) (setzt sich wieder) Ich will nicht … Ich erzähl nicht weiter … Wenn sie's nicht glauben wollen … und darüber lachen … (Bricht plötzlich ab, schweigt ein paar Sekunden, schließt wieder die Augen und fährt dann laut und hastig fort zu erzählen, wobei sie im Takt zu ihrer Rede die Hand bewegt und gleichsam auf eine in der Ferne erklingende Musik lauscht.) Und ich antworte ihm darauf: Du Freude meines Daseins! Du glänzender Stern! Auch ich vermag ohne dich nicht zu leben … weil ich dich wahnsinnig liebe und allezeit lieben werde, solange das Herz in meiner Brust schlägt! Aber, sag ich, beraube dich nicht deines jungen Lebens … denn sieh, deine teuren Eltern, deren einzige Freude du bist – sie bedürfen dein … Laß ab von mir! Mag ich lieber zugrunde gehen … aus Sehnsucht nach dir, mein Leben … ich bin allein … ich bin – so eine! Ja, laß mich sterben … was liegt daran … denn ich tauge nichts … und habe nichts … rein gar nichts … (Bedeckt ihr Gesicht mit den Händen und weint still in sich hinein.)

     


    3. Aufzug

    Nastja, Natascha, Bubnow, der Baron und Luka 

    Buch kaufen

    NASTJA: (mit geschlossenen Augen, bewegt den Kopf im Takt zu ihrer Erzählung, die sie in singendem Ton vorträgt) In der Nacht also kommt er in den Garten, in die Laube, wie wir es verabredet hatten … und ich warte schon längst und zittre vor Angst und Kummer. Auch er zittert am ganzen Leibe und ist kreideweiß , in der Hand aber hat er einen Revolver … Und mit schrecklicher Stimme spricht er zu mir: Meine teure Geliebte … Meine Herzallerliebste, sagt er, mein Goldschatz! Die Eltern verweigern mir meine Einwilligung dazu, sagt er, daß ich dich heirate … und drohen mir mit ihrem Fluche, wenn ich nicht von dir lasse. Und so muß ich mir denn, sagt er, das Leben nehmen … Und sein Revolver war ganz fürchterlich groß und mit zehn Kugeln geladen … Lebe wohl, sagt er, traute Freundin meines Herzens! Mein Entschluß ist unwiderruflich … ich kann ohne dich nicht leben. Ich aber antwortete ihm: Mein unvergeßlicher Freund … mein Raoul … (springt auf) Schweigt … ihr Unglücklichen! Ihr … elenden Strolche! Könnt ihr überhaupt begreifen, was Liebe ist … wirkliche, echte Liebe? Und ich … ich habe sie gekostet, diese wirkliche Liebe!

     


    3. Act

    Nastja, Natascha, Bubnow, the Baron and Luka 

    Buch kaufen

    NASTJA: At night he came into the garden. I had been waiting for him quite awhile. I trembled with fear and grief--he trembled, too . . . he was a white as chalk--and he had the pistol in his hand . . . and he says to me in a dreadful voice: "My precious darling ... My one and only love," he says, "my parents," he says, "refuse to give their consent to our wedding--and threaten to disown me because of my love for you. Therefore," he says, "I must take my life." And his pistol was huge--and loaded with ten bullets . . . "Farewell," he says, "beloved comrade! I have made up my mind for good and all . . . I can't live without you . . ." and I replied: "My unforgettable friend--my Raoul--joy of my life! My bright moon! I, too, I can't live without you--because I love you madly, so madly--and I shall keep on loving you as long as my heart beats in my bosom. But--" I say--"don't take your young life! Think how necessary it is to your dear parents whose only happiness you are. Leave me! Better that I should perish from longing for you, my life! I alone! I--ah--as such, such! Better that I should die--it doesn't matter . . . I am of no use to the world--I have nothing, nothing at all--" [Covers her face with her hand and weeps--then jumping up.] Shut up, you bastards! Ah--you lousy mongrels! So help me God--it happened! It happened! He was a student, a Frenchman--Gastotcha was his name--he had a little black beard--and patent leathers--may God strike me dead if I'm lying! And he loved me so--my God, how he loved me!

       


    Bewertung: 5 / 5

    Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv

    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Frauen / Schauspielerinnen 

    Rolle: Pepel
    Stück: Nachtasyl 
    Autor: Maxim Gorki

    Erscheinungsjahr: 1902 
    Originalsprache: Russisch 
    Übersetzung (Deutsch): August Scholz 
    Übersetzung (Englisch): Oliver M. Sayler 


    3. Aufzug

    Pepel, Natascha, Luka und Wassilissa

    Buch kaufen

    PEPEL: (in entschlossenem Ton) Hör mal, Natascha … ich möchte mit dir reden … In seinem Beisein … er weiß alles … Komm … mit mir!

    NATASCHA: Wohin? Ins Gefängnis?

    PEPEL: Ich hab dir schon gesagt, daß ich aufhören will mit dem Stehlen! Bei Gott – ich laß es! Wenn ich's gesagt habe, halt ich Wort! Ich hab Lesen und Schreiben gelernt … kann mich redlich ernähren … (Mit einer Kopfbewegung nach Luka) Er hat mir geraten – ich sollt's in Sibirien versuchen … freiwillig sollt ich hingehen … Was meinst du – wollen wir hin? Glaub mir, ich habe mein Leben längst satt! Ach, Natascha! Ich seh doch, wie die Dinge liegen … Ich such mich damit zu trösten, daß andere noch mehr stehlen als ich – und dabei in Ehren leben … Aber was hilft mir das? Gar nichts? Reue verspür ich nicht … glaub auch an kein Gewissen … Eins aber fühl ich: ich muß anders leben! Besser muß ich leben! So muß ich leben … daß ich mich selber achten kann …

    LUKA: Ganz recht, mein Lieber! Der Herr sei mit dir … Christus mag dir helfen! Ganz richtig sagst du: Der Mensch muß sich selber achten …

    PEPEL: Ich war schon von klein auf nur – der Dieb … Immer hieß es: Wasjka der Dieb, Wasjka, der Spitzbubenjunge! Gut, mir kann's recht sein; weil ihr's so wolltet, bin ich ein Dieb geworden … Nur ihnen zum Possen bin ich's vielleicht geworden … weil nie jemand darauf kam, mich anders zu nennen als … Dieb! … Nenn du mich anders, Natascha … nun?

    NATASCHA: (schwermütig) Ich trau nicht recht … Worte sind Worte … Und dann … ich weiß nicht … ich bin heut so unruhig … so bange ist mir ums Herz … als ob ich etwas erwartete! Hättest heut nicht davon anfangen sollen, Wassilij …

    PEPEL: Wann denn sonst? Ich sage dir's nicht zum erstenmal …

    NATASCHA: Wie soll ich denn mit dir gehen? Ich liebe dich ja … nicht so … Manchmal gefällst du mir wohl … aber 's kommt auch vor, daß es mir zuwider ist, dich nur anzusehen. Jedenfalls – lieb ich dich nicht … Wenn man liebt, sieht man keine Fehler am Geliebten … und ich seh doch welche an dir …

    PEPEL: Wirst mich schon liebgewinnen, hab keine Angst! Wirst dich an mich gewöhnen … sag nur erst »ja!« Länger als ein Jahr hab ich dir zugeschaut, und ich sehe, du bist ein braves Mädchen, … ein guter, treuer Mensch … von Herzen hab ich dich liebgewonnen! 

    Wassilissa, noch im ausgehkleide, erscheint am oberen Fenster; sie drückt sich gegen den Pfosten und lauscht.

    NATASCHA: So … mich hast du liebgewonnen, und meine Schwester …

    PEPEL: (verlegen)  Was ich mich aus der mache! Die Sorte ist nicht weit her …

    LUKA: Hat nichts zu sagen, meine Tochter! Man ißt auch mal Gartenmelde … wenn man nämlich kein Brot hat …

    PEPEL:  (düster) Hab Erbarmen mit mir! 's ist kein leichtes Leben, das ich führe – so freudlos, gehetzt wie ein Wolf … Wenn ich im Moor versänke … wonach ich fasse, alles verfault … nichts gibt mir Halt … Deine Schwester, dacht ich, würde anders sein … wäre sie nicht so geldgierig – ich hätte um sie … alles gewagt! Wenn sie nur zu mir gehalten hätte – ganz und gar zu mir … Na, ihr Herz steht eben nach anderem … ihr ist's ums Geld zu tun … und um die Freiheit … und nach Freiheit begehrt sie nur, um liederlich sein zu können. Die kann mir nicht helfen … Du aber – bist wie eine junge Tanne: du stichst wohl, aber du gibt's Halt …

    LUKA: Und ich sage dir: Nimm ihn, meine Tochter, nimm ihn! Er ist 'n herzensguter Junge ! Mußt ihn nur öfter daran erinnern, daß er gut ist … damit er's nicht vergißt, heißt das! Er wird dir's schon glauben! … Sag ihm nur immer: »Wassja«, sag, »du bist ein guter Mensch … vergiß das nicht!« Überleg doch mal, meine Liebe – was sollst du sonst anfangen? Deine Schwester – die ist ein böses Tier; von ihrem Manne läßt sich auch nicht Gutes sagen: keine Worte gibt's, seine Schlechtigkeit zu benennen … und dieses ganze Leben hier … wo findest du 'nen Weg … hier heraus? Der Wasja aber … ist ein kräftiger Bursche …

    NATASCHA: Einen Weg find ich nicht … das weiß ich … hab's schon selbst überlegt … Aber ich … trau halt keinem … Ich seh keinen Weg hier heraus …

    PEPEL: Einen Weg gibt's wohl … aber den laß ich dich nicht gehen … Eher schlag ich dich tot …

    NATASCHA:  (lächelnd) Sieh doch … ich bin noch nicht mal deine Frau, und schon willst du mich totschlagen!

    PEPEL:  (legt seinen Arm um sie) Sag »ja«, Natascha, 's wird schon werden …

     


    3. Aufzug

    Pepel, Natascha, Luka und Wassilissa

    Buch kaufen

    PEPEL: (in entschlossenem Ton) Hör mal, Natascha … ich möchte mit dir reden … In seinem Beisein … er weiß alles … Komm … mit mir! Ich hab dir schon gesagt, daß ich aufhören will mit dem Stehlen! Bei Gott – ich laß es! Wenn ich's gesagt habe, halt ich Wort! Ich hab Lesen und Schreiben gelernt … kann mich redlich ernähren … (Mit einer Kopfbewegung nach Luka) Er hat mir geraten – ich sollt's in Sibirien versuchen … freiwillig sollt ich hingehen … Was meinst du – wollen wir hin? Glaub mir, ich habe mein Leben längst satt! Ach, Natascha! Ich seh doch, wie die Dinge liegen … Ich such mich damit zu trösten, daß andere noch mehr stehlen als ich – und dabei in Ehren leben … Aber was hilft mir das? Gar nichts? Reue verspür ich nicht … glaub auch an kein Gewissen … Eins aber fühl ich: ich muß anders leben! Besser muß ich leben! So muß ich leben … daß ich mich selber achten kann … Ich war schon von klein auf nur – der Dieb … Immer hieß es: Wasjka der Dieb, Wasjka, der Spitzbubenjunge! Gut, mir kann's recht sein; weil ihr's so wolltet, bin ich ein Dieb geworden … Nur ihnen zum Possen bin ich's vielleicht geworden … weil nie jemand darauf kam, mich anders zu nennen als … Dieb! … Nenn du mich anders, Natascha … nun? Wann denn sonst? Ich sage dir's nicht zum erstenmal … Wirst mich schon liebgewinnen, hab keine Angst! Wirst dich an mich gewöhnen … sag nur erst »ja!« Länger als ein Jahr hab ich dir zugeschaut, und ich sehe, du bist ein braves Mädchen, … ein guter, treuer Mensch … von Herzen hab ich dich liebgewonnen! (verlegen) Was ich mich aus der mache! Die Sorte ist nicht weit her … (düster) Hab Erbarmen mit mir! 's ist kein leichtes Leben, das ich führe – so freudlos, gehetzt wie ein Wolf … Wenn ich im Moor versänke … wonach ich fasse, alles verfault … nichts gibt mir Halt … Deine Schwester, dacht ich, würde anders sein … wäre sie nicht so geldgierig – ich hätte um sie … alles gewagt! Wenn sie nur zu mir gehalten hätte – ganz und gar zu mir … Na, ihr Herz steht eben nach anderem … ihr ist's ums Geld zu tun … und um die Freiheit … und nach Freiheit begehrt sie nur, um liederlich sein zu können. Die kann mir nicht helfen … Du aber – bist wie eine junge Tanne: du stichst wohl, aber du gibt's Halt … Einen Weg gibt's wohl … aber den laß ich dich nicht gehen … Eher schlag ich dich tot … (legt seinen Arm um sie) Sag »ja«, Natascha, 's wird schon werden …

     


    3. Act

    Pepel, Natascha, Luka and Wassilissa

    Buch kaufen

    PEPEL: (in entschlossenem Ton) Hör I told you -- I'm through with being a thief, so help me God! I'll quit! If I say so, I'll do it! I can read and write -- I'll work -- He's been telling me to go to Siberia on my own hook -- let's go there together, what do you say? Do you think I'm not disgusted with my whole life? Oh -- Natasha -- I know . . . I see . . . I console myself with the thought that there are lots of people who are honored and respected -- and who are bigger thieves than I! But what good is that to me? It isn't that I repent . . . I've no conscience . . . but I do feel one thing: One must live differently. One must live a better life . . . one must be able to respect one's own self . . . I've been a thief from childhood on. Everybody always called me "Vaska -- the thief -- the son of a thief!" Oh -- very well then -- I am a thief -- . . . just imagine -- now, perhaps I am a thief out of spite -- perhaps I'm a thief because no one ever called me anything different. Come with me. You'll love me after a while! I'll make you care for me . . . if you'll just say yes! For over a year I've watched you . . . you're a decent girl . . . you're kind -- you're reliable -- I'm very much in love with you. Please -- feel a little sorry for me! My life isn't all roses -- it's a hell of a life . . . little happiness in it . . . I feel as if a swamp were sucking me under . . . and whatever I try to catch and hold on to, is rotten . . . it breaks . . . Your sister -- oh -- I thought she was different . . . if she weren't so greedy after money . . . I'd have done anything for her sake, if she were only all mine . . . but she must have someone else . . . and she has to have money -- and freedom . . . because she doesn't like the straight and narrow . . . she can't help me. But you're like a young fir-tree . . . you bend, but you don't break. . . . Come, Natasha! Say yes!

       


    PDF-Datei: 29,95 € 23,95 €


    Weitere Formate auf Amazon & Play:
    Taschenbuch / Kindle: 39,95 €
    Google eBook: 29,95 €


    UNSERE BÜCHER ALS PDF-DATEI


    AUSWAHL

    AUF DER BÜHNE © 2024
    BUCH ALS PDF-DATEI

    Toggle Bar