Bewertung: 5 / 5

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    Klassische Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Wallenstein 
    Stück: Wallensteins Tod 
    Autor: Friedrich Schiller 

    Erscheinungsjahr: 1799 
    Originalsprache: Deutsch


    1. Akt, 4. Szene 

    Wallenstein allein, mit sich selbst redend.

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    WALLENSTEIN: 
    Wär's möglich? Könnt' ich nicht mehr, wie ich wollte?
    Nicht mehr zurück, wie mir's beliebt? Ich müßte
    Die That vollbringen, weil ich sie gedacht,
    Nicht die Versuchung von mir wies – das Herz
    Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse
    Erfüllung hin die Mittel mir gespart,
    Die Wege bloß mir offen hab' gehalten? –
    Beim großen Gott des Himmels! Es war nicht
    Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie.
    In dem Gedanken bloß gefiel e mir;
    Die Freiheit reizte mich und das Vermögen.
    War's Unrecht, an dem Gaukelbilde mich
    Der königlichen Hoffnung zu ergötzen?
    Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei,
    Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite,
    Der mir die Rückkehr offen stets bewahrte?
    Wohin denn seh' ich plötzlich mich geführt?
    Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer
    Aus meinen eignen Werken baut sich auf,
    Die mir die Umkehr thürmend hemmt!
    (Er bleibt tiefsinnig stehen.)
    Strafbar erschein' ich, und ich kann die Schuld,
    Wie ich's versuchen mag, nicht von mir wälzen;
    Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens,
    Und – selbst der frommen Quelle reine That
    Wird der Verdacht, schlimmdeutend, mir vergiften.
    War ich, wofür ich gelte, der Verräther,
    Ich hätte mir den guten Schein gespart,
    Die Hülle hätt' ich dicht um mich gezogen,
    Dem Unmuth Stimme nie geliehn. Der Unschuld,
    Des unverführten Willens mir bewußt,
    Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft –
    Kühn war das Wort, weil es die That nicht war.
    Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn,
    Weitsehend, planvoll mir zusammenknüpfen,
    Und was der Zorn und was der frohe Muth
    Mich sprechen ließ im Ueberfluß des Herzens,
    Zu künstlichem Gewebe mir vereinen
    Und eine Klage furchtbar draus bereiten,
    Dagegen ich verstummen muß. So hab' ich
    Mit eignem Netz verderblich mich umstrickt,
    Und nur Gewaltthat kann es reißend lösen.
    (Wiederum still stehend.)
    Wie anders! da des Muthes freier Trieb
    Zur kühnen That mich zog, die rauh gebietend
    Die Noth jetzt, die Erhaltung von mir heischt.
    Ernst ist der Anblick der Nothwendigkeit.
    Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand
    In des Geschicks geheimnißvolle Urne.
    In meiner Brust war meine That noch mein;
    Einmal entlassen aus dem sichern Winkel
    Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden,
    Hinausgegeben in des Lebens Fremde,
    Gehört sie jenen tück'schen Mächten an,
    Die keines Menschen Kunst vertraulich macht.
    (Er macht heftige Schritte durchs Zimmer, dann bleibt er wieder sinnend stehen.)
    Und was ist dein Beginnen? Hast du dir's
    Auch redlich selbst bekannt? Du willst die Macht,
    Die ruhig, sicher thronende, erschüttern,
    Die in verjährt geheiligtem Besitz,
    In der Gewohnheit festgegründet ruht,
    Die an der Völker frommem Kinderglauben
    Mit tausend zähen Wurzeln sich befestigt.
    Das wird kein Kampf der Kraft sein mit der Kraft,
    Den fürcht' ich nicht. Mit jedem Gegner war' ich's,
    Den ich kann sehen und ins Auge fassen,
    Der, selbst voll Muth, auch mir den Muth entflammt.
    Ein unsichtbarer Feind ist's, den ich fürchte,
    Der in der Menschen Brust mir widersteht,
    Durch feige Furcht allein mir fürchterlich –
    Nicht, was lebendig, kraftvoll sich verkündigt,
    Ist das gefährlich Furchtbare. Das ganz
    Gemeine ist's, das ewig Gestrige,
    Was immer war und immer wiederkehrt
    Und morgen gilt, weil's heute hat gegolten!
    Denn aus Gemeinem ist der Mensch gemacht,
    Und die Gewohnheit nennt er seine Amme.
    Weh Dem, der an den würdig alten Hausrath
    Ihm rührt, das theure Erbstück seiner Ahnen!
    Das Jahr übt eine heiligende Kraft;
    Was grau für Alter ist, das ist ihm göttlich.
    Sei im Besitze, und du wohnst im Recht,
    Und heilig wird's die Menge dir bewahren.
    (Zu dem Pagen, der hereintritt.)
    Der schwed'sche Oberst? Ist er's? Nun, er komme.
    (Page geht. Wallenstein hat den Blick nachdenkend auf die Thüre geheftet.)
    Noch ist sie rein – noch! Das Verbrechen kam
    Nicht über diese Schwelle noch – So schmal ist
    Die Grenze, die zwei Lebenspfade scheidet!


        


    Bewertung: 5 / 5

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    Klassische Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Wallenstein 
    Stück: Wallensteins Tod 
    Autor: Friedrich Schiller 

    Erscheinungsjahr: 1799 
    Originalsprache: Deutsch


    2. Akt, 2. Szene 

    Wallenstein und Max.

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    WALLENSTEIN: (mit finsterm Stirnfalten, doch gemäßigt)
    Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort,
    Das schwer sich handhabt, wie des Messers Schneide;
    Aus ihrem heißen Kopfe nimmt sie keck
    Der Dinge Maß, die nur sich selber richten.
    Gleich heißt ihr alles schändlich oder würdig,
    Bös oder gut – und was die Einbildung
    Phantastisch schleppt in diesen dunkeln Namen,
    Das bürdet sie den Sachen auf und Wesen.
    Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit.
    Leicht beieinander wohnen die Gedanken,
    Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen;
    Wo eines Platz nimmt, muß das andre rücken,
    Wer nicht vertrieben sein will, muß vertreiben;
    Da herrscht der Streit, und nur die Stärke siegt.
    – Ja, wer durchs Leben gehet ohne Wunsch,
    Sich jeden Zweck versagen kann, der wohnt
    Im leichten Feuer mit dem Salamander
    Und hält sich rein im reinen Element.
    Mich schuf aus gröberm Stoffe die Natur,
    Und zu der Erde zieht mich die Begierde.
    Dem bösen Geist gehört die Erde, nicht
    Dem guten. Was die Göttlichen uns senden
    Von oben, sind nur allgemeine Güter;
    Ihr Licht erfreut, doch macht es keinen reich,
    In ihrem Staat erringt sich kein Besitz.
    Den Edelstein, das allgeschätzte Gold
    Muß man den falschen Mächten abgewinnen,
    Die unterm Tage schlimmgeartet hausen.
    Nicht ohne Opfer macht man sie geneigt,
    Und keiner lebet, der aus ihrem Dienst
    Die Seele hätte rein zurückgezogen.


        


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    Klassische Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Wallenstein 
    Stück: Wallensteins Tod 
    Autor: Friedrich Schiller 

    Erscheinungsjahr: 1799 
    Originalsprache: Deutsch


    2. Akt, 3. Szene 

    Wallenstein, Illo und Terzky.

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    WALLENSTEIN: 
    Es gibt im Menschenleben Augenblicke,
    Wo er dem Weltgeist näher ist als sonst
    Und eine Frage frei hat an das Schicksal.
    Solch ein Moment war's, als ich in der Nacht,
    Die vor der Lützner Aktion vorherging,
    Gedankenvoll an einen Baum gelehnt,
    Hinaussah in die Ebene. Die Feuer
    Des Lagers brannten düster durch den Nebel,
    Der Waffen dumpfes Rauschen unterbrach,
    Der Runden Ruf einförmig nur die Stille.
    Mein ganzes Leben ging, vergangenes
    Und künftiges, in diesem Augenblick
    An meinem inneren Gesicht vorüber,
    Und an des nächsten Morgens Schicksal knüpfte
    Der ahnungsvolle Geist die fernste Zukunft.
    Da sagt' ich also zu mir selbst: "So vielen
    Gebietest du! Sie folgen deinen Sternen
    Und setzen, wie auf eine große Nummer,
    Ihr Alles auf dein einzig Haupt und sind
    In deines Glückes Schiff mit dir gestiegen.
    Doch kommen wird der Tag, wo diese alle
    Das Schicksal wieder auseinanderstreut,
    Nur wen'ge werden treu bei dir verharren.
    Den möcht' ich wissen, der der Treuste mir
    Von allen ist, die dieses Lager einschließt.
    Gib mir ein Zeichen, Schicksal! Der soll's sein,
    Der an dem nächsten Morgen mir zuerst
    Entgegenkommt mit einem Liebeszeichen."
    Und dieses bei mir denkend, schlief ich ein.
    Und mitten in die Schlacht ward ich geführt
    Im Geist. Groß war der Drang. Mir tötete
    Ein Schuß das Pferd, ich sank, und über mir
    Hinweg, gleichgültig, setzten Roß und Reiter,
    Und keuchend lag ich, wie ein Sterbender,
    Zertreten unter ihrer Hufe Schlag.
    Da faßte plötzlich hilfreich mich ein Arm,
    Es war Octavios – und schnell erwach ich,
    Tag war es, und – Octavio stand vor mir.
    "Mein Bruder", sprach er, "reite heute nicht
    Den Schecken, wie du pflegst. Besteige lieber
    Das sichre Tier, das ich dir ausgesucht.
    Tu's mir zu Lieb'. Es warnte mich ein Traum."
    Und dieses Tieres Schnelligkeit entriß
    Mich Banniers verfolgenden Dragonern.
    Mein Vetter ritt den Schecken an dem Tag,
    Und Roß und Reiter sah ich niemals wieder.


        


    Bewertung: 5 / 5

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    Klassische Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Stauffacher 
    Stück: Wilhelm Tell 
    Autor: Friedrich Schiller 

    Erscheinungsjahr: 1804 
    Originalsprache: Deutsch


    2. Akt, 2. Szene 

    Stauffacher und die Landleute.

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    STAUFFACHER: 
    Wir haben diesen Boden uns erschaffen
    Durch unsrer Hände Fleiss, den alten Wald,
    Der sonst der Bären wilde Wohnung war,
    Zu einem Sitz für Menschen umgewandelt,
    Die Brut des Drachen haben wir getötet,
    Der aus den Sümpfen giftgeschwollen stieg,
    Die Nebeldecke haben wir zerrissen,
    Die ewig grau um diese Wildnis hing,
    Den harten Fels gesprengt, über den Abgrund
    Dem Wandersmann den sichern Steg geleitet,
    Unser ist durch tausendjährigen Besitz
    Der Boden – und der fremde Herrenknecht
    Soll kommen dürfen und uns Ketten schmieden,
    Und Schmach antun auf unsrer eignen Erde?
    Ist keine Hülfe gegen solchen Drang?
    (Eine grosse Bewegung unter den Landleuten.)
    Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht,
    Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,
    Wenn unerträglich wird die Last – greift er
    Hinauf getrosten Mutes in den Himmel,
    Und holt herunter seine ew'gen Rechte,
    Die droben hangen unveräusserlich
    Und unzerbrechlich wie die Sterne selbst –
    Der alte Urstand der Natur kehrt wieder,
    Wo Mensch dem Menschen gegenübersteht –
    Zum letzten Mittel, wenn kein andres mehr
    Verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben –
    Der Güter höchstes dürfen wir verteid'gen
    Gegen Gewalt – Wir stehn vor unser Land,
    Wir stehn vor unsre Weiber, unsre Kinder!


        


    Bewertung: 5 / 5

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    Klassische Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Wilhelm Tell 
    Stück: Wilhelm Tell 
    Autor: Friedrich Schiller 

    Erscheinungsjahr: 1804 
    Originalsprache: Deutsch


    4. Akt, 3. Szene 

    Wilhelm Tell allein.

    Die hohle Gasse bei Küssnacht. Man steigt von hinten zwischen Felsen herunter und die Wanderer werden, ehe sie auf der Szene erscheinen, schon von der Höhe gesehen. Felsen umschließen die ganze Szene, auf einem der vordersten ist ein Vorsprung mit Gesträuch bewachsen.

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    WILHELM TELL: (tritt auf mit der Armbrust)
    Durch diese hohle Gasse muss er kommen,
    Es führt kein andrer Weg nach Küssnacht – Hier
    Vollend ich's – Die Gelegenheit ist günstig.
    Dort der Holunderstrauch verbirgt mich ihm,
    Von dort herab kann ihn mein Pfeil erlangen,
    Des Weges Enge wehret den Verfolgern.
    Mach deine Rechnung mit dem Himmel Vogt,
    Fort musst du, deine Uhr ist abgelaufen.
    Ich lebte still und harmlos – Das Geschoss
    War auf des Waldes Tiere nur gerichtet,
    Meine Gedanken waren rein von Mord –
    Du hast aus meinem Frieden mich heraus
    Geschreckt, in gärend Drachengift hast du
    Die Milch der frommen Denkart mir verwandelt,
    Zum Ungeheuren hast du mich gewöhnt –
    Wer sich des Kindes Haupt zum Ziele setzte,
    Der kann auch treffen in das Herz des Feinds.
    Die armen Kindlein, die unschuldigen,
    Das treue Weib muss ich vor deiner Wut
    Beschützen, Landvogt – Da, als ich den Bogenstrang
    Anzog – als mir die Hand erzitterte –
    Als du mit grausam teufelischer Lust
    Mich zwangst, aufs Haupt des Kindes anzulegen –
    Als ich ohnmächtig flehend rang vor dir,
    Damals gelobt ich mir in meinem Innern
    Mit furchtbarm Eidschwur, den nur Gott gehört,
    Dass meines nächsten Schusses erstes Ziel
    Dein Herz sein sollte – Was ich mir gelobt
    In jenes Augenblickes Höllenqualen,
    Ist eine heil'ge Schuld, ich will sie zahlen.
    Du bist mein Herr und meines Kaisers Vogt,
    Doch nicht der Kaiser hätte sich erlaubt
    Was du – Er sandte dich in diese Lande,
    Um Recht zu sprechen – strenges, denn er zürnet –
    Doch nicht um mit der mörderischen Lust
    Dich jedes Greuels straflos zu erfrechen,
    Es lebt ein Gott zu strafen und zu rächen.
    Komm du hervor, du Bringer bittrer Schmerzen,
    Mein teures Kleinod jetzt, mein höchster Schatz –
    Ein Ziel will ich dir geben, das bis jetzt
    Der frommen Bitte undurchdringlich war –
    Doch dir soll es nicht widerstehn – Und du
    Vertraute Bogensehne, die so oft
    Mir treu gedient hat in der Freude Spielen,
    Verlass mich nicht im fürchterlichen Ernst.
    Nur jetzt noch halte fest du treuer Strang,
    Der mir so oft den herben Pfeil beflügelt –
    Entränn er jetzo kraftlos meinen Händen,
    Ich habe keinen zweiten zu versenden.
    (Wanderer gehen über die Szene.)
    Auf dieser Bank von Stein will ich mich setzen,
    Dem Wanderer zur kurzen Ruh bereitet –
    Denn hier ist keine Heimat – Jeder treibt
    Sich an dem andern rasch und fremd vorüber,
    Und fraget nicht nach seinem Schmerz – Hier geht
    Der sorgenvolle Kaufmann und der leicht
    Geschürzte Pilger – der andächt'ge Mönch,
    Der düstre Räuber und der heitre Spielmann,
    Der Säumer mit dem schwer beladnen Ross,
    Der ferne herkommt von der Menschen Ländern,
    Denn jede Strasse führt ans End der Welt.
    Sie alle ziehen ihres Weges fort
    An ihr Geschäft – und meines ist der Mord!
    (Setzt sich.)
    Sonst wenn der Vater auszog, liebe Kinder,
    Da war ein Freuen, wenn er wiederkam,
    Denn niemals kehrt' er heim, er bracht euch etwas,
    War's eine schöne Alpenblume, war's
    Ein seltner Vogel oder Ammonshorn,
    Wie es der Wandrer findet auf den Bergen –
    Jetzt geht er einem andern Weidwerk nach,
    Am wilden Weg sitzt er mit Mordgedanken.
    Des Feindes Leben ist's, worauf er lauert.
    – Und doch an euch nur denkt er, lieben Kinder,
    Auch jetzt – Euch zu verteid'gen, eure holde Unschuld
    Zu schützen vor der Rache des Tyrannen
    Will er zum Morde jetzt den Bogen spannen!
    (Steht auf.)
    Ich laure auf ein edles Wild – Lässt sich's
    Der Jäger nicht verdrießen, tagelang
    Umherzustreifen in des Winters Strenge,
    Von Fels zu Fels den Wagesprung zu tun,
    Hinanzuklimmen an den glatten Wänden,
    Wo er sich anleimt mit dem eignen Blut,
    – Um ein armselig Grattier zu erjagen.
    Hier gilt es einen köstlicheren Preis,
    Das Herz des Todfeinds, der mich will verderben.
    (Man hört von ferne eine heitre Musik, welche sich nähert.)
    Mein ganzes Leben lang hab' ich den Bogen
    Gehandhabt, mich geübt nach Schützenregel,
    Ich habe oft geschossen in das Schwarze,
    Und manchen schönen Preis mir heimgebracht
    Vom Freudenschießen – Aber heute will ich
    Den Meisterschuss tun und das Beste mir
    Im ganzen Umkreis des Gebirgs gewinnen.
    (Eine Hochzeit zieht über die Szene und durch den Hohlweg hinauf.)


        


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    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Anatol 
    Stück: Anatol 
    Autor: Arthur Schnitzler 

    Erscheinungsjahr: 1892 
    Originalsprache: Deutsch 
    Übersetzung (Englisch): Marya Mannes


    Anatol und Max 

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    ANATOL: Immer mit deinem erwartungsvollen »Nun« ... Es ist eigentlich nichts weiter ... Ich kenne sie also seit zwei Stunden, ich weiß auch, daß ich sie nach dem heutigen Abend wahrscheinlich niemals wiedersehen werde – das hat sie mir gesagt – und dabei fühle ich, daß ich in diesem Augenblick wahnsinnig geliebt werde. Das hüllt mich so ganz ein – die ganze Luft war trunken und duftete von dieser Liebe ... Verstehst du mich? (Max nickt.) – Und ich hatte wieder diesen törichten göttlichen Gedanken: Du armes – armes Kind! Das Episodenhafte der Geschichte kam mir so deutlich zum Bewußtsein. Während ich den warmen Hauch ihres Mundes auf meiner Hand fühlte, erlebte ich das Ganze schon in der Erinnerung. Es war eigentlich schon vorüber. Sie war wieder eine von denen gewesen, über die ich hinweg mußte. Das Wort selbst fiel mir ein, das dürre Wort: Episode. Und dabei war ich selber irgend etwas Ewiges... Ich wußte auch, daß das »arme Kind« nimmer diese Stunde aus ihrem Sinn schaffen könnte – gerade bei der wußt' ich's. Oft fühlt man es ja: Morgen früh bin ich vergessen. Aber da war es etwas anderes. Für diese, die da zu meinen Füßen lag, bedeutete ich eine Welt; ich fühlte es, mit welch einer heiligen unvergänglichen Liebe sie mich in diesem Momente umgab. Das empfindet man nämlich; ich lasse es mir nicht nehmen. Gewiß konnte sie in diesem Augenblick nichts anderes denken als mich – nur mich. Sie aber war für mich jetzt schon das Gewesene, Flüchtige, die Episode.

     


    Anatol and Max

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    ANATOL: There really isn't any more to it. I had known her only two hours and I knew that I would probably never see her again once the evening was over--she told me so herself--and yet I had the feeling that I was loved madly in that moment. It wrapped me round--the air was heavy and fragrant with this love--do you understand? And again I had the foolish and divine thought--"you poor, poor child." The episodic character of it all came so clearly to my consciousness. While I still felt her warm breath on my hand, I seemed to be living it over in my memory--as if it were already a thing of the past. She was just another one of those over whom my path led me. The word came to me then--that arid word "Episode"--and yet I seemed to feel myself as something Eternal. I knew that this poor child would never lose the memory of this hour--I had never felt so sure of it as in just this case. Oh, I often realize that by next morning I will be quite forgotten. But this was different--I was all the world to this girl who lay at my feet--I felt the sacred, enduring love with which she surrounded me--one can feel that--I know that in that moment she had thought for nothing but me--and yet for me she was already something that was past--something that was fleeting--an Episode.

     


    Bewertung: 5 / 5

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    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Männer / Schauspieler 

    Rolle: Max 
    Stück: Anatol 
    Autor: Arthur Schnitzler 

    Erscheinungsjahr: 1892 
    Originalsprache: Deutsch 
    Übersetzung (Englisch): Marya Mannes


    Szene: Die Frage an das Schicksal.

    Anatols Zimmer. Max und Anatol 

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    MAX: Nun, mein Freund, du hast die Lösung eines jener Rätsel, über das sich die geistreichsten Männer den Kopf zerbrochen, vor dir; du brauchst nur zu sprechen, und du weißt alles, was du wissen willst. Eine Frage – und duerfährst, ob du einer von den wenigen bist, die allein geliebt werden, kannst erfahren, wo dein Nebenbuhler ist, erfahren, wodurch ihm der Sieg über dich gelungen und du sprichst dieses Wort nicht aus! – Du hast eine Frage frei an das Schicksal! Du stellst sie nicht! Tage- und nächtelang quälst du dich, dein halbes Leben gäbst du hin für die Wahrheit, nun liegt sie vor dir, du bückst dich nicht, um sie aufzuheben! Und warum? Weil es sich vielleicht fügen kann, daß eine Frau, die du liebst, wirklich so ist, wie sie alle deiner Idee nach sein sollen – und weil dir deine Illusion doch tausendmal lieber ist als die Wahrheit. Genug also des Spiels, wecke dieses Mädchen auf und lasse dir an dem stolzen Bewußtsein genügen, daß du ein Wunder – hättest vollbringen können.

     


    Max and Anatol 

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    MAX: Well, friend, you have the solution of one of those enigmas which have puzzled the most brilliant men for ages, in your own hands: you need only speak, and you will know all that you wish to know. One question -- and you will know whether you are one of the few who are really loved exclusively -- or you can learn who your rival is and how he won his victory over you -- and yet you will not speak this word. You have been permitted to question Fate -- and you will not. You torture yourself day and night, you'd give half your life for the truth, and yet when it lies before you, you will not stoop to pick it up. And why not? Because it might happen that a woman whom you love is really just as you would have her, in all your imaginings, and because your illusion is a thousand times dearer to you than the truth. Enough of this trifling now. Wake the girl up, and be satisfied with the proud consciousness that you -- might have accomplished a miracle.

     


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    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Frauen / Schauspielerinnen 

    Rolle: Irene 
    Stück: Der einsame Weg
    Autor: Arthur Schnitzler 

    Erscheinungsjahr: 1904 
    Originalsprache: Deutsch 


    2. Akt, 3. Szene

    Irene und Julian. 


    IRENE: Da irrst du dich aber gewaltig. Warum sollt' ich denn [zurückkehren]? Bedenke doch, daß ich jetzt am Ziel meiner Wünsche angelangt bin: Frische Luft, einen Wald in der Nähe; über Wiesen oder Äcker spazieren reiten, in der Früh' im Schlafrock in einem großen Park sitzen, wo keiner hinein darf. Überhaupt: Keine Leut', keinen Direktor, kein Publikum, keine Kollegen, keine Verfasser – obwohl sie nicht alle so arrogant sind wie dein angebeteter Sala. – Na also, und das alles hab' ich erreicht. Ich leb' auf dem Land, ich hab' ein Gut, ein kleines Schlösserl kann man schon sagen, einen Park hab' ich und ein Pferd, und Schlafröck', so viel ich will. Es gehört zwar alles nicht mir – außer den Schlafröcken natürlich –, aber das bleibt sich ja gleich. Dabei leb' ich bei den besten Menschen, die es überhaupt auf der Welt gibt; denn mein Schwager ist womöglich ein noch prächtigerer Kerl als die Lori selbst. [...] Er wollte mich um jeden Preis heiraten. Selbstverständlich! – Vorher sind sie ja alle in mich verliebt . . . gewesen – gewesen, mein' ich. Aber die Gescheitern sind meistens zur Lori übergegangen. Das hat mich immer ein bißchen mißtrauisch gegen dich gemacht, daß du nie in die Lori verliebt warst. Um was die besser ist als ich – na, das weißt du doch, darüber ist nichts zu reden. Was ich der schuldig bin! . . . Wenn die Lori nicht gewesen wäre –! – Also bei denen leb' ich jetzt seit einem halben Jahr. [...] Was soll mich veranlassen, aus einem solchen Paradies in den Sumpf zurückkehren, wo ich leider fünfundzwanzig Jahre meines Lebens verbracht habe? Was hab' ich denn überhaupt noch beim Theater zu suchen? Die bejahrten Fächer liegen mir nicht. Ich habe weder Neigung zur Heldenmutter noch zur spitzigen Dame, noch zur komischen Alten. Ich gedenke als Schloßfräulein zu sterben, als alte Jungfer sozusagen, und wenn alles gut geht, erscheine ich den Urenkeln meiner Schwester in hundert Jahren als weiße Dame. Mit einem Wort: Ich hab' das schönste Leben vor mir.

       


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    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Frauen / Schauspielerinnen 

    Rolle: Irene 
    Stück: Der einsame Weg
    Autor: Arthur Schnitzler 

    Erscheinungsjahr: 1904 
    Originalsprache: Deutsch 


    2. Akt, 3. Szene

    Irene und Julian. 


    IRENE: Wie kannst du das sagen? Ich habe die Natur immer unendlich geliebt. Denkst du nicht mehr an unsere Ausflüge von dazumal? Erinnerst du dich nicht, wie wir einmal an einem heißen Sommernachmittag im Wald eingeschlafen sind? Und denkst du nimmer an das Muttergottesbild oben auf dem Hügel, wo uns das Gewitter überrascht hat? . . . Ach Gott! Kein leerer Wahn, die Natur. Und gar später, wie die böse Zeit für mich gekommen ist, wie ich mich deinetwegen hab' umbringen wollen, ich Kamel . . . da war die Natur ganz einfach meine Rettung. Wirklich, Julian. Ich könnt' dir die Stelle noch zeigen, wo ich mich ins Gras geworfen und geweint hab'. Zehn Minuten vom Bahnhof, durch eine Akazienallee muß man gehen und dann weiter am Bach. Ja, ins Gras hab' ich mich geworfen und geweint und geheult. Es war nämlich ein Tag, wo du mich wieder einmal von deiner Türe davongejagt hast. Na, und wie ich eine halbe Stunde auf dem Gras gelegen war und mich recht ausgeweint hab', bin ich halt wieder aufgestanden – und bin auf der Wiese herumgelaufen. Wie ein kleiner Fratz, ganz allein für mich. Ich hab' mir die Augen ausgewischt, und es war mir eigentlich wieder ganz gut. Pause. Freilich, am nächsten Morgen bin ich wieder vor deiner Tür gewesen und hab' dich angejammert, und die Geschichte hat von vorn angefangen. (Es wird dunkler.) Na, und wer ist schließlich der Dumme von uns zweien gewesen? Wer? Frag' dich nur aufs Gewissen. Wer? . . . Bist du mit einer glücklicher gewesen als mit mir? Hat eine so an dir gehangen wie ich? Hat dich je eine andere so gern gehabt? . . . Gewiß nicht. Die dumme Geschichte, die mir dann im Engagement draußen passiert ist, meiner Seel', du hättest sie mir wirklich verzeihen können. Es ist wahrhaftig nicht so viel dran, wie ihr Männer immer draus macht – nämlich wenn's uns passiert. (Sie trinken Tee.)

       


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    Moderne Monologe zum Vorsprechen: 
    Monologe für Frauen / Schauspielerinnen 

    Rolle: Irene 
    Stück: Der einsame Weg
    Autor: Arthur Schnitzler 

    Erscheinungsjahr: 1904 
    Originalsprache: Deutsch 


    2. Akt, 3. Szene

    Irene und Julian. 


    IRENE: (ernst) Du bist ja so gescheit, Julian. Was glaubst du: Wär' das damals geschehen – meinst du, ich hätt' so was anstellen können, wenn wir – ein Kind . . . wenn wir – das Kind gehabt hätten? Frag' dich doch aufs Gewissen, Julian – glaubst du's? Ich nicht, und du auch nicht. Alles wär' anders gekommen. Alles. Wir wären zusammen geblieben, wir hätten noch ein paar Kinder gekriegt, wir hätten uns geheiratet, wir möchten zusammen leben. Ich wär' nicht ein altes Schloßfräulein und du wärst nicht – [...] Wir hätten ein Kind. Ich hätt' ein Kind. (Pause. Julian ist im Zimmer auf- und abgegangen.) [...] draußen auf dem Land hat man viel Zeit. Alles mögliche geht einem durch den Kopf. Und gar, wenn man andere Kinder sieht – die Lori hat nämlich zwei Buben –, fällt einem so manches ein. Neulich war's beinahe wie eine Vision.[...] Ich bin übers Feld gegangen gegen Abend. Das tu' ich manchmal, ganz allein. Weit und breit war niemand. Unten das Dorf ist auch ganz still dagelegen. Und ich spazier' so weiter, immer weiter gegen den Wald zu. Und plötzlich war ich nicht mehr allein. Du warst da. Und zwischen uns beiden das Kind. Das haben wir so an der Hand geführt – unser kleines Kind. Ärgerlich, um nicht zu weinen. Es ist ja zu dumm. Ich weiß doch, das Kind wär' jetzt ein Bengel von dreiundzwanzig Jahren, wär' vielleicht ein Lump oder ein schlechtes Mädel. Oder wär' vielleicht schon tot. Oder es wär' irgendwo draußen in der Welt und wir hätten gar nichts mehr von ihm . . . ja, ja. – Aber einmal hätten wir es doch gehabt, einmal war's doch ein kleines Kind gewesen und hätt' uns gern gehabt. Und . . . (Sie kann nicht weiter. Stille.) Was hab' ich davon? Was will das alles bedeuten? Eine Frau, die kein Kind hat, ist gar nie eine Frau gewesen. Aber eine, die einmal eins hätte haben können – haben müssen, und die – Blick. – – nicht Mutter geworden ist, das ist eine . . . ah! Aber das kann ja kein Mann verstehen! Das kann ja keiner verstehen! Der beste von euch ist in diesen Dingen noch immer eine Art von Schuft. Weiß denn einer von euch, wie viele von ihm in der Welt herumlaufen? Ich weiß wenigstens, daß ich keins gehabt hab'. Weißt du's überhaupt?

       


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