''So zieht sich das schützende Verwandlungsspiel von Actaeon und Diana über Teureus und Procne bis zu Peleus und Tetis. Ein immerwährender Akt männlicher Lust, der sich Frauen zu entziehen versuchen. Hosenschlitze werden im Takt hoch- und runtergezogen und Schauspielrinnen tanzen wie Sexpuppen. Aber Claudia Bauer verschneidet auch männliche Gier, Fraß und Perversion mit dem Kapitalismus. Im Text von John von Düffel zu
Karin Henkels zum Theatertreffen eigeladener Inszenierung Beute Frauen Krieg kommt die Männerfantasie Helena, angeblicher Grund des Trojanischen Kriegs zu Wort. Aber vielleicht waren es ja doch ein eher wirtschaftliches Interessen. „Willkommen im Zeitalter der seltenen Erden.“ heißt da.
Witzig wird es noch einmal mit Fama, der Göttin des Gerüchts. Eine Welle von verschwörungstheoretischem Gemurmel („C:Ovid-19“), die nicht erst seit Corona aus den Tiefen des Internets schwappt. Herausragend noch ein Monolog von Emma Rönnebeck im Medusenkostüm mit Gedanken von
René Polleschs derzeitigen Lieblingsphilosophin Donna Haraway zur Transformation der Menschheit ins „tentakuläre Zeitalter“. Tentakulär denken heißt das Fremde umarmen, anstatt zu bekämpfen. Human kommt hier von Humus. Die Menschheit als Kompost für neue Ideen. Das ist im Zeitalter der Klimakatastrophe, die sich hier am Ende mit der großen Sintflut ankündigt, eine schöne Utopie, aber am Ende tanzt mit Goethes Gesang der Geister über den Wassern doch wieder alles um die überdimensionalen Götterbüsten von Ex- und zukünftigen Volksbühnenintendanten. Verwandlung oder schöne Illusion? Neuanfang oder „Welcome tot he End“? Das kann dieser 2stündige Zwitter zwischen Theater und Netz noch nicht wirklich beantworten.'' schreibt
Stefan Bock am 15. Februar 2021 auf
KULTURA-EXTRA